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HellenthalIn der Eifel fühlen sich auch mongolische Kamele wohl

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Eine Art Familienfoto: Sabine (l.) und Jenny Bullmann kümmern sich liebevoll um ihre vier mongolischen Trampeltiere.

Eine Art Familienfoto: Sabine (l.) und Jenny Bullmann kümmern sich liebevoll um ihre vier mongolischen Trampeltiere.

Hellenthal-Udenbreth – Nein, eine Fata Morgana ist es nicht, wenn Kamele über eine Eifeler Wiese laufen. Momo, Fufu, Pepe und Leila heißen die vier mongolischen Trampeltiere, die seit Mai 2017 in Udenbreth grasen. Mit ihren Besitzern Jenny und Sabine Bullmann sind sie aus Köln in die Eifel gezogen.„Als wir sie bekamen, waren sie alle knapp ein Jahr alt“, erklärt Jenny Bullmann: „Jetzt sind sie sieben und fast ausgewachsen.“ Pepe ist mit seinen 2,20 Metern – gemessen wird bis zum Höcker – der Größte des Quartetts.

Laut Sabine Bullmann gibt es einige Züchter dieser Tiere in Deutschland – allerdings hapere es oftmals an der Schaffung artgerechter Bedingungen. Laut Bullmann ist Pepe mit seiner gleichaltrigen Halbschwester Leila aus schlechter Haltung gekommen: „Pepe musste man das Halfter aus der Haut rausschneiden. Er wollte zunächst keinen Menschen an sich ranlassen.“

Auch Fufu und Momo wuchsen zusammen auf. „Momo ist zu früh von seiner Mutter getrennt worden. Wir haben ihn damals in der Weihnachtszeit mit Weihnachtsliedern beruhigt, er hatte so sehr nach seiner Mama gerufen“, sagt Bullmann. Fufu sei anfangs krank geworden – was auch daran gelegen habe, dass er, wie allgemein viele weiße Tiere, empfindlicher sei. „Wir haben ihn eigentlich Fuchur getauft“, erzählt Jenny Bullmann: „Er hat uns an den Glücksdrachen aus Michael Endes unendlicher Geschichte erinnert.“

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Heute gehe es den drei kastrierten Hengsten und der Stute sehr gut. „Sie sind gesellig, sie liegen viel zusammen“, sagt Jenny Bullmann. „Die Kamele leben in keiner Hierarchie“, so Sabine Bullmann, die selbst mit Pferden aufgewachsen ist: „Es gibt zum Beispiel keine Rangfolge, wer zuerst ans Futter darf.“

In die Hütte nur bei Schmuddelwetter

Die Hütte, die den Tieren zur Verfügung steht, nutzen diese nur bei echtem Schmuddelwetter. Laut Jenny Bullmann gehen sie erst bei richtig viel Regen rein. Die Ehefrau der 52-Jährigen erläutert: „Ihre Wolle fühlt sich sonst an wie ein nasser Wollpullover und braucht lange zum Trocknen.“ Kälte und Schnee machen den Kamelen dagegen nichts aus, sie sind bestens isoliert. Binnen weniger Wochen verändert sich ihr Fell bereits – und nach dem Winter löst sich die wärmende Wolle. „Sie verlieren die Wolle alleine – aber man merkt, dass sie es mögen, wenn man ihnen hilft“, erklärt Jenny Bullmann. Mit Bürsten wird die juckende Wolle entfernt. Pro Jahr fallen 10 bis 15 Kilo Wolle an. Die verwertbare Wolle haben die beiden auch schon mal eingeschickt und zum Beispiel Teppiche, Läufer und Oberbetten daraus machen lassen.

„Von den zweihöckrigen Kamelen gibt es zwei Arten: das Hauskamel und das kleinere Wildkamel, das in der asiatischen Wüste Gobi lebt und vom Aussterben bedroht ist“, erzählt Sabine Bullmann. Das Verbreitungsgebiet gehöre sowohl zur Mongolei als auch zu China.

Das Hauskamel lasse sich leichter nachzüchten, jedoch sei die Sterblichkeitsrate bei Tieren in Gefangenschaft höher. Gerade bei trächtigen Tieren sei das Risiko für Infektionen und Wurmbefall erhöht. In Udenbreth werden die Hauskamele alle drei Monate entwurmt werden. „Sie kommen oft mit dem eigenen Kot in Berührung. Es ist wichtig, immer alles peinlichst sauber zu halten.“ Gezüchtet werden Trampeltiere in der Mongolei. Dort werden sie von den Nomaden als Arbeitstiere eingesetzt und können mit 300 bis 400 Kilo Gewicht beladen werden. Bieten ihre Besitzer Kamelreiten an, wird laut Jenny Bullmann oft eine Obergrenze von 80 Kilo festgelegt.

Für das Paar, das in Udenbreth Haarverlängerungen anbietet, waren die Kamele bis jetzt zunächst nur ein Hobby. „Das Interesse und die Liebe zu den Trampeltieren entstand vor vielen Jahren, als wir in den Osterferien einen Kamelritt durch den Taunus in Hessen mitmachten“, so Jenny Bullmann.

Ihre vier Kamele, die sie schon seit sechs Jahren besitzen, seien inzwischen auch eingeritten. Das Paar könne sich daher auch vorstellen, künftig selbst Kamelreiten für Interessierte anzubieten.

Speiseplan, Höckermythos und interessante Eigenheiten

Das essen die Trampeltiere

Im Sommer fressen die Vierbeiner Gras. Stroh und Heu stehen im Winter auf dem Speiseplan. „Sie fressen alles, was Pferde auch fressen“, sagt Jenny Bullmann. Auch Äpfel und Möhren werden verzehrt – allerdings in Maßen.

„Man muss aufpassen, dass man sie nicht überfüttert und sie genug Bewegung bekommen“, so Sabine Bullmann: „Ursprünglich wohnen Kamele in kargen Umgebungen, wo sie lange nach Futter suchen müssen.“ Die gespaltene, sehr bewegliche Oberlippe erleichtert übrigens die Futtersuche. 

Der Höckermythos

„In den Höckern ist Fett gespeichert – und nicht Wasser, wie viele denken!“ Sabine Bullmann räumt mit einem Mythos auf. Jenny Bullmann ergänzt: „Kamele filtern Wasser besser in den Nieren als Menschen. Dadurch können sie mehr Flüssigkeit rausholen.“ Theoretisch könnten sie längere Zeit ohne Fette auskommen. Der Allgemeinzustand des Kamels sei außerdem an den Höckern zu erkennen. Ganz normal sei es, dass sie zeitweilig gekippt sind und sich nach dem Winter wieder aufrichten. (ali)

Die langen Wimpern

Mit langen, dichten Wimpern sind die Augen der Kamele gegen Sand und Staub geschützt. „Sie können auch Nase und Augen komplett schließen, um sich gegen Sandstürme zu schützen“, so Sabine Bullmann: „Sie haben auf den Augen eine Haut, durch die sie trotzdem sehen können.“ Sand liegt auch auf einem Teil der weiten Grünfläche in Udenbreth. Laut den Bullmanns dösen die Trampeltiere gerne darin. Die breiten Füße mit der lederartigen Sohle darunter schützen vor dem Einsinken im Sand.

Energiesparer

Von Natur aus sind Kamele echte Energiesparer. „Auch deshalb dauert die Ausbildung lange“, so Sabine Bullmann – und ausgebildete Kamele seien nur schwer erhältlich. Auf Kommando kann sich das Udenbrether Quartett etwa hinlegen – am besten funktioniert das mit positiver Verstärkung. Die Bullmanns geben das Kommando „Down“ und ein Leckerchen, wenn sich das Kamel hinlegt. „Down“ klappe übrigens leichter als das Kommando „Up“ – echte Energiesparer eben. (ali)

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