Gülle-Werte angeblich verdreizehnfachtLandwirtschaftskammer kontert SPD-Warnung

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Gülle

Gülle-Importe sorgen bei vielen Bürgern für Unbehagen – wegen des Gestanks und der Umweltbelastung.

Kreis Euskirchen – Für Aufsehen sorgte die Kreis-SPD, als sie in der vergangenen Woche mit der Nachricht aufwartete, wonach sich die Gülle-Importe aus den Niederlanden 2018 im Vergleich zum Jahr davor fast verdreizehnfacht haben. „Der Kreis Euskirchen darf nicht zur Güllegrube für andere werden“, erklärte der stellvertretende SPD-Kreisvorsitzende Thilo Waasem. Doch geben diese Zahlen ein richtiges Bild wieder?

Die Sozialdemokraten berufen sich in ihrer Pressemitteilung auf eine Antwort der nordrhein-westfälischen Landesregierung auf eine Kleine Anfrage der Grünen. Dort ist in der Tat zu lesen, dass die Güllemenge aus dem Nachbarland in den Kreis Euskirchen von 4856 in 2017 auf 67 194 Tonnen in 2018 gestiegen sei.

Auch Kreislandwirt Hans Schorn hatte dieser Zeitung erklärt: „Es ist schon problematisch, wenn zu viel Dünger auf den Feldern landet.“

Kammer erklärt Anstieg der Zahlen

In einer Pressemitteilung stellt nun aber die Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen klar: „Eine detaillierte Auswertung der Zahlen zeigt ein deutlich anderes Bild.“ Demnach sei die Ausbringung von Gülle aus den Niederlanden auf den Feldern im Kreis 2018 im Vergleich zu 2017 nicht gestiegen, sondern erheblich gesunken – und zwar um rund die Hälfte. Die Zahlen der Landesregierung, die der SPD-Mitteilung zugrunde lägen, so die Kammer, stammten aus dem sogenannten digitalen Dossier der Niederlande, auf das die NRW-Behörden Zugriff hätten. „Darin“, so die Landwirtschaftskammer, „müssen niederländische Landwirte eintragen, wie viel Gülle und an wen sie ins Ausland exportiert haben. Angegeben wird immer die erste Adresse, an die geliefert wird.“ Dass die Zahlen für den Kreis so dramatisch gestiegen seien, heiße nicht, dass die angegebenen Mengen auch tatsächlich auf den hiesigen Feldern landeten, erklärt die Kammer: „Nachdem einem Güllemakler am Niederrhein von der Landwirtschaftskammer NRW ein Bußgeldbescheid über 1,35 Millionen Euro wegen illegaler Güllegeschäfte zugestellt wurde, hat diese Firma den Import aus den Niederlanden größtenteils eingestellt.“

Das sagt die SPD zu der Mitteilung der Landwirtschaftskammer

„Wir können uns nur auf Zahlen beziehen, die wir von offizieller Seite bekommen“, reagierte der stellvertretende SPD-Kreischef Thilo Waasem auf die Mitteilung der Landwirtschaftskammer. Es sei ihm unverständlich, dass die Landesregierung die Zahlen über die Gülle-Importe in den Kreis „so undifferenziert“ darstelle.

Trotzdem, so Waasem, sei es richtig, das Thema Gülle-Import in den Fokus zu rücken. Viele Bürger nähmen „zumindest subjektiv“ wahr, dass die Ausbringung und die Geruchsbelästigung immens seien, ganz abgesehen von der Nitratbelastung für Grund- und Trinkwasser. Zudem gehe es der SPD darum, die redlich arbeitenden Landwirte zu schützen.

Waasem: „Durch das Fehlverhalten einiger Weniger gerät ja ungerechterweise die ganze Branche in Verruf.“

Übernommen habe das Geschäft nun eine Firma im Kreis Euskirchen. Dieses Unternehmen habe 2018 eine Menge von insgesamt 66 538 Tonnen in den Kreis Euskirchen importiert. Der größte Teil davon sei aber anschließend wieder aus dem Kreis heraus in andere Kreise in Nordrhein-Westfalen sowie nach Rheinland-Pfalz exportiert worden. Alle Angaben dazu seien von der Firma im amtlichen Meldeprogramm dokumentiert worden.

Bei diesen Exporten handele es sich um 57 735 Tonnen Mastschweinegülle sowie 3652 Tonnen Gärreste aus Biogasanlagen. Zwar gäben die niederländischen Landwirte in dem digitalen Dossier die Adresse des Güllemaklers im Kreis Euskirchen an, der Großteil der Gülle lande aber woanders.

NRW-Ministerium bestätigt Erklärung der Kammer

Rechne man das mit ein, so die Landwirtschaftskammer, sehe das Ergebnis für 2018 ganz anders aus als auf den ersten Blick. Bei Gärresten bleiben laut Kammer dann noch 433 Tonnen und bei Mastschweinegülle 754 Tonnen. Im Jahr 2018 verblieben insgesamt 29 044 Tonnen Wirtschaftsdünger aus den Niederlanden im Kreis: „Das sind 27 555 Tonnen oder rund 50 Prozent weniger als noch ein Jahr zuvor.“

Das nordrhein-westfälische Landwirtschaftsministerium bestätigte am Mittwoch die Darstellung der Kammer: „Die Zunahme beruht in erster Linie darauf, dass ein im Kreis ansässiger Zwischenhändler Gülle-Mengen übernommen hat, die vorher von einer anderen Firma importiert wurden. Diese Mengen wurden größtenteils aus dem Kreis Euskirchen in andere Regionen heraustransportiert.“ (sch)

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