Steinfelder Basilika2300 Quadratmeter Dachfläche neu verschiefert

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Aus der Luft   sind die neuen Dächer der Basilika Steinfeld gut zu erkennen. 

Kall-Steinfeld – Für rund 1,7 Millionen Euro hat die Basilika neue Schieferdächer erhalten. Es ist die größte Einzelinvestition der vergangenen Jahrzehnte in die 900 Jahre alte Kirche. Auch die Fassade ist fast durchgängig neu geweißt, kleinere Restarbeiten stehen noch aus. Am Sonntag werden die rund 2300 Quadratmeter neuen Moselschiefers eingeweiht.

Seit 32 Jahren ist Ergin Birihci immer oben. Birihci ist Dachdeckergeselle bei der Bedachungsfirma von Ralf Krings aus Baesweiler. Gerade beendet er einen Auftrag, der ihn und acht Kollegen in den vergangenen fast fünf Jahren beschäftigt hat: Die Steinfelder Basilika hat neue Schieferdächer erhalten. Ohne Birihcis Wissen wäre das wohl kaum gegangen.

In Steinfeld wurde Schiefer der besten Qualität verwendet

Sein bisheriges Berufsleben habe, so Birihci, zu fast 99 Prozent aus Arbeiten an Kirchendächern bestanden. Er habe saniert, ausgetauscht oder neu gedeckt. Dafür muss es Schiefer sein, der in der besten Moselschiefer-Qualität. Dieser ist besonders dicht, hart und hat die ausreichende Dicke der Platten.

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In Altdeutscher Deckung ein Dach schiefern  kann nicht jeder Dachdecker.  Ergin Birihci  weiß, wie es geht.  

Pater Wieslaw Kaczor, Pfarrer in Steinfeld, hört die Worte von der Qualität des Materials wohl – und am Glauben dürfte es ihm ja ohnehin nicht mangeln. Ihm ist klar, dass er eine solche Baumaßnahme am Steinfelder Gotteshaus nicht noch einmal erleben wird. Was den Entschluss, damit zu beginnen, vor fünf Jahren nicht unbedingt einfacher gemacht hatte.

Atlantik-Winde bereiten den alten Mauern Probleme

Es sei schon ein Berg gewesen, der da auf die kleine GdG zugekommen sei, sagt Kaczor. Kirchenvorstand Helmut J. Kirfel aus Steinfeld wurde eigens zum „Beauftragten des Bauherren“ ernannt. Er stand in engem Kontakt mit den vom Bistum Aachen für die Überwachung solcher Baumaßnahmen beauftragten Architekten, zu den Denkmalschutzbehörden, zu Architekt und Bauleiter Thomas Staerk aus Roetgen, zu den Teams der Dachbaufirma von Ralf Krings und des Maler- und Glasfachbetriebs von Willi Klumpen aus Zülpich. Eine Sicherheitstechnikfirma aus Olpe hat zudem alle Blitzableiter erneuert.

Das Material

Der Schiefer

Moselschiefer ist kein exakter Produktname, sondern bezieht sich seit mehr als 400 Jahren auf den Transportweg. Er wurde von den Abbaustätten an die Mosel gebracht und verschifft, bevor der Weitertransport per Güterzug oder Fuhrwerk erfolgte. 

Die Verarbeitung

„Der hier ist sogar noch dicker als der aus Mayen“, so Dachdecker Birihci, während er auf dem 180 Quadratmeter großen, westlichen Schleppdach der Basilika eine neue Platte mit dem Schieferhammer bearbeitet. Dafür ritzt er zunächst mit dem spitzen Ende des Hammers die Umrisse am Rohling ein und schlägt dann mit kurzen, genauen Schlägen die Platte. Aufgebracht werden immer zwei Platten in doppelter Lappung. 

Die Königsdisziplin

Als Königsdisziplin gilt diese Art der Schieferdeckung, sie wird Altdeutsche Deckung genannt. Noch freier in den einzelnen Platten ist die Wilde Deckung, die allerdings so kostspielig ist, dass sie allenfalls auf Designerhäusern zu finden ist. Dächer aus Moselschiefer halten meist 80 bis 100 Jahre. Vermoosungen können rückstandsfrei beseitigt werden. Nur große Hagelkörner könnten ernste Schäden verursachen. (sli)

Dass die Dachsanierung nötig war, stand außer Zweifel. Regelmäßige Erneuerungsarbeiten ergeben sich schon aus der exponierten Lage auf der Höhe. Westwinde vom Atlantik tragen nachweislich einen hohen Salzgehalt in das Mauerwerk ein. 2016 waren deshalb ein wetterfester Anstrich der Westfassade vorgenommen und neue Regenrinnen angebracht worden, um das Problem einzugrenzen.

Fünf Jahre Baugeschichte sind in Broschüre nachzulesen

Doch für einen nachhaltigen Schutz des Mauerwerks konnte nur eine neue Dacheindeckung sorgen. In drei Bauabschnitten wurden 2294 Quadratmeter Schiefer, 406 Dachhaken, 276 Meter Rinnen, 586 Meter Blitzschutz und 19 Gauben verbaut. Die bei der Anbringung des Schiefers entstehenden Nagellöcher wurden für den Schutz des Mauerwerks versiegelt.

Die fünf Jahre Baugeschichte am Basilikadach, die in einer kleinen Broschüre dokumentiert sind, konnten natürlich nicht ohne Probleme bleiben. Bei historischen Bauten dieser Dimension wäre alles andere ungewöhnlich gewesen. In diesem Fall entdeckte sie Dachdeckermeister Ralf Krings bei den Arbeiten an der Helmbekrönung des Vierungsturms.

Korrosionsschäden am Vierungsturm entdeckt

Als Krings aus der kleinen Ausstiegsluke aufs Sitzbrett in luftiger Höhe geschlüpft war, stellte er am großen, eisernen Kreuz über ihm mit dem einst vergoldeten Wetterhahn massive Korrosionsschäden an beiden Bauteilen fest. „Bei einem Unwetter wäre damit zu rechnen gewesen, dass die gesamte Bekrönung abknickt, abstürzt und das Dach des Vierungsturms stark beschädigt worden wäre“, so Kirfel.

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Am   Vierungsturm  stießen die Dachdecker auf  Probleme.

Auch im Innern wurden Schwächen in der Verbindung zwischen innerer Turm- und Dachkonstruktion festgestellt. Die ungeplanten Arbeiten kosteten 80000 Euro, die durch Spenden zusammenkamen.

Gemeinde muss 200.000 Euro selbst zahlen

1,5 der 1,7 Millionen Euro Kosten hat das Bistum Aachen übernommen. Die Basilika ist gemäß der diözesanen Bauerhaltungsförderung eine der vier privilegierten Kirchen des Bistums. Kirfel übt aber auch Kritik am Bistum: „Unzuverlässigkeiten in kirchenbehördlichen Aussagen und Zusagen“ seien ein weiteres Problem gewesen. Man habe immer eine Lösung erreicht – aber auch erreichen müssen, „da uns der Weg einer dringend notwendigen kirchlichen Verwaltungsgerichtsbarkeit fehlt“.

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Pater Wieslaw Kaczor, Pfarrer in Steinfeld

Rund 200.000 Euro Eigenanteil muss die Pfarrei Steinfeld aufbringen. „Wir haben natürlich keine Rücklagen in einer solchen Größenordnung“, so Kaczor: „Wir hoffen einfach weiter auf die Spenden der Kirchenbesucher.“ Bisher hat das immer geholfen. Auch deshalb wird am Sonntag das Pfarrfest rund um die Basilika stattfinden. Aachens Weihbischof Karl Borsch wird schon tags zuvor beim Ordenstag im Kloster die Dacherneuerung besichtigen.

Pfarrer Wieslaw Kaczor ist erschöpft und glücklich

Für Pater Wieslaw Kaczor sind nun fast fünf Jahre Baulärm vor seinem Arbeitszimmer im Pfarrhaus vorbei. Freuen kann er sich auch über die Zeitplanung: „Wir hatten Glück. Heute wäre das alles doppelt so teuer. Wir haben vor Corona, vor der Flut und vor dem Ukraine-Krieg begonnen.“ Er fühle sich jetzt „erschöpft und glücklich“.

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Am Sonntag, 26. Juni, wird rund um die Basilika das Pfarrfest gefeiert. Um 10 Uhr steht ein Familiengottesdienst mit Einsegnung des Dachs an. Anschließend spielt der Musikverein Urft. Für Kinder gibt’s viel Programm. Kirchenvorstand Helmut J. Kirfel bietet eine Basilikaführung zu den Glasfenstern an.

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