WespenplageDieser Imker berät Betroffene und siedelt Völker um

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Imker Sascha Theisgen 1

Einige der Wespenvölker, die Sascha Theisgen umgesiedelt hat, leben jetzt in einem Wald im Stadtgebiet von Mechernich.

  • Wespen sind dem Menschen oft ein Dorn im Auge.
  • Sascha Theisgen aus Kall ist offizieller Wespenberater und kann helfen.
  • Er ist einer der wenigen, der auch ganze Völker umsiedelt.

Kall – Sie sind gefürchtet, gehen den Leuten beim Grillen, Eis essen oder Kaffee trinken auf die Nerven, und ihre Nester lösen bei vielen Hausbesitzern regelmäßig Stress aus: Die Rede ist von Wespen. Die kleinen Tierchen sind dem Menschen oft ein Dorn im Auge. Dann hilft Sascha Theisgen aus Kall. Der 36-Jährige ist seit diesem Jahr offizieller Wespenberater und nach eigener Aussage einer der wenigen seiner Zunft, der auch ganze Völker umsiedelt.

Mit Bienen kennt sich Theisgen schon seit Kindertagen aus, denn sein Onkel und einige andere Verwandte waren Imker. „Es war bei mir so etwas wie frühkindliche Bildung. Ich habe schon als kleiner Junge bei allen Arbeiten geholfen“, berichtet der 36-Jährige, der in Mechernich geboren ist und seit sechs Jahren in Kall lebt.

Naturschutzbund bietet Lehrgang zum Wespenberater an

Irgendwann kam das Interesse an Wespen hinzu. „Als Imker wird man ohnehin immer wieder angerufen, wenn Wespennester im Weg sind. Aber Wespen und Bienen sind wie zwei verschiedene Paar Schuhe“, erzählt Theisgen. Deshalb habe er sich für einen Lehrgang zum Wespenberater angemeldet, den der Naturschutzbund angeboten habe. „Es gibt 16 verschiedene Wespenarten in Deutschland. Darunter sind mit der deutschen und der gemeinen Wespe nur zwei Arten, die schwierig sind und die Leute zum Beispiel beim Essen stören. Die versauen den Ruf der ganzen Spezies“, erklärt der Fachmann mit einem Schmunzeln. 

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Mehr als 600 Anrufe wegen der Insekten habe er in diesem Jahr schon gehabt. Darunter seien sogar einige aus dem Raum Köln gewesen. „Da ruft beispielsweise eine Frau an, die mit den Nerven am Ende ist, weil sie Wespennester in mehreren Mietwohnungen hat. Oder ein Gastronom meldet sich, weil ein riesiges Nest über seiner großen Außenterrasse hängt und die Gäste von den Tieren belästigt werden.“ Unter den Anrufern seien auch Menschen, die Probleme mit Hornissen haben. Dabei handele es sich um die größte Wespenart. 

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Rund 95 Prozent der Nester, so Theisgens Erfahrungen, könnten an ihrem Standort bleiben. Dann müssten hektische Bewegungen und Erschütterungen vermieden werden. „Nur in fünf Prozent der Fälle muss ein Nest umgesiedelt oder im schlimmsten Fall sogar vernichtet werden“, sagt der Berater. Dabei werde auch „immer wieder Schindluder getrieben und viel Geld für die Beseitigung verlangt“.

Bei einer Umsiedlung klopft der Wespenberater mit der Hand auf den Balken oder eine andere Stelle, an der das Nest befestigt ist. Mit einem regulierbaren Staubsauger werden dann die Tiere, die aus der Brutstätte kommen, vorsichtig in eine kleine Holzkiste abgesaugt. Das Nest mit den darin verbliebenen Tieren, die sich laut Theisgen weiter um die Brut kümmern, wird dann abgetrennt und mit einem Heißkleber in einer großen Holzkiste befestigt.

Umsiedlungsort zu finden ist gar nicht so leicht

Zum Abschluss wird dann die kleine in die große Kiste gestellt und mit einer Zugvorrichtung von Außen geöffnet. Dann muss schnell ein Umsiedlungsort gefunden werden, was aber nicht immer so einfach ist. „Ich brauche dafür die Erlaubnis des jeweiligen Waldbesitzers“, sagt der Kaller. Zum Glück besitzt seine Familie im Stadtgebiet Mechernich ein Waldstück. „Dort habe ich genug Platz.“ Was vielen Menschen nicht klar sei: „Ohne Wespen hätten wir ein massives Problem mit anderen Insekten. Sie sind nämlich die Hauptvertilger von Fliegen und Mücken.“

Theisgen will ab dem nächsten Jahr sein Hobby zum Beruf machen: „Ich werde die Zahl der Völker, um die ich mich kümmere, von derzeit 22 auf 70 erhöhen. Dann bin ich ein hauptamtlicher Imker.“ Dabei bevorzugt der Kaller die extrem seltene dunkle Honigbiene, die früher von den Pyrenäen im Westen und dem Ural im Osten bis nach Südskandinavien im Norden verbreitet war. Mit ihr habe auch die Imkerei in Deutschland begonnen.

Mehr Honig durch neue Bienenarten

Doch seit der Mitte des 19. Jahrhunderts begann die Suche nach einer Bienenart, die höhere Honigerträge lieferte. „Mit der Zeit wurden die Carnica- und die Buckfast-Rasse bevorzugt, die dunkle Biene wurde in Deutschland ausgerottet.“ Die anderen beiden Arten haben laut Theisgen vor allem zwei Vorteile: Die Tiere sind sanftmütiger und haben einen rund doppelt so hohen Honigertrag. Deshalb seien diese Rassen auch bestens für Anfänger in der Imkerei geeignet.

Der Kaller ist Mitglied im bundesdeutschen Verein „Dunkle Biene“ und sogar Landesgruppensprecher für Nordrhein-Westfalen: „Das ist für mich auch eine Frage des Naturschutzes. Ich setze mich für die Biene ein, die früher in Deutschland gelebt hat.“ Aber auch heute gebe es unter Imkern noch die Befürchtung, dass bei Paarungen mit der dunklen Biene ein aggressives Volk herauskomme. „Mir wurde deshalb schon angedroht, dass meine Kisten angezündet werden.“ Die Nachzuchten der dunklen Biene, die Theisgen kauft, kommen heute aus Russland, Skandinavien und dem Baltikum. 

„Die meisten Imker verdienen ihr Geld ohnehin nicht mit Honig, sondern mit dem Verkauf von gezüchteten Völkern.“ Der Preis einer Königin hänge dabei vom Reinheitsgrad ab und schwanke zwischen 35 und mehr als 1000 Euro. Ein Volk sei für 300 bis 500 Euro zu haben, so der Züchter. Weitere Informationen zur dunklen Biene und ihrer Zucht gibt es im Internet.

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