Keine Zukunft für KirchenHarperscheids Kirche soll verkauft werden – weitere folgen

Lesezeit 4 Minuten
Erik Schumacher (l.) und Jan Wattjes wollen mit Kultur den Erhalt des altehrwürdigen Gemünder Kirchenbaus sicherstellen.

Erik Schumacher (l.) und Jan Wattjes wollen mit Kultur den Erhalt des altehrwürdigen Gemünder Kirchenbaus sicherstellen.

Schleiden – Egal, ob für die katholische oder evangelische Kirche: Der Unterhalt der Gotteshäuser ist teuer. Nachdem sich die Katholiken im Bistum Aachen bereits auf zahlreiche Veränderungen einstellen mussten – unter anderem ist die Kirche in Wahlen bereits Geschichte –, stehen nun auch für die evangelischen Christen tiefgreifende Veränderungen an.

Zur Zukunft der Kirchen im Schleidener Tal hat das Presbyterium der Trinitatis-Kirchengemeinde einen Beschluss gefasst, den Pfarrer Erik Schumacher und Jan Wattjes im Gespräch mit dieser Zeitung erläuterten. Zunächst ist die evangelische Kirche in Harperscheid betroffen: Sie wird zum Jahresende 2019 geschlossen, entwidmet und verkauft. Der Verkauf soll über einen Makler abgewickelt werden.

Gemünder Kirche schließt in fünf Jahren

Eine Frist bis 2023 gibt es für die Gemünder Kirche. In fünf Jahren soll auch sie geschlossen und entwidmet werden – es sei denn, es gelingt, ihren Erhalt über Gewinne aus der dort eingerichteten Institution Kulturkirche finanziell zu sichern. Nach wie vor werden in Gemünd zwei bis drei Gottesdienste im Monat stattfinden.

Die evangelische Kirche in Heimbach soll – wenn alles nach Plan läuft – im kommenden Jahr vom Evangelischen Alten- und Pflegeheim (EvA) Gemünd übernommen werden. Die Folgenutzung liege in der Hand von EvA, so Schumacher. Dort werde man aber in enger Zusammenarbeit eine Lösung erarbeiten. Gottesdienste soll es weiter geben.

Kulturprogramm soll helfen

„Kall bleibt neben Schleiden und Hellenthal als Säule der Gemeindearbeit erhalten.“ Die drei Orte würden sich von der räumlichen Aufteilung als Standorte anbieten. Im Gegensatz zu Gemünd habe Schleiden den Vorteil, dass sich dort Schulen konzentrieren und Schulgottesdienste stattfinden. Da es gleich neben der Schleidener Kirche einen Friedhof gibt, bietet sich diese Immobilie für einen Verkauf sowieso kaum an.

Entwicklungen wie im Schleidener Tal werde es auf absehbare Zeit im Nordkreis nicht geben, so Superintendent Mathias Mölleken vom evangelischen Kirchenkreis Bonn, Bad Godesberg, Voreifel. Eine Kirchengemeinde wie Euskirchen muss aber auch nur eine Kirche unterhalten.

In Gemünd soll das Kulturprogramm helfen, die Kirche für den Gottesdienst als sakralen Raum zu erhalten, stellt Schumacher klar. Wattjes, bisheriger Gemeindepädagoge und seit dem 1. Oktober Rentner, wird als eine Art ehrenamtlicher Geschäftsführer mit Hilfe weiterer Ehrenamtler die Organisation des Programms übernehmen.

Andere Finanzierungsmodelle

Auf Dauer soll eine feste Bühne installiert werden, die nur bei größeren Gottesdiensten abgebaut wird. „Wir wollen mit der Kulturkirche Gemünd zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen“, so Schumacher: „Über die Schiene Kultur sollen die Menschen mit der Kirche in Berührung kommen. Da wir nicht mehr alle Kirchengebäude über die Kirchensteuer halten können, versuchen wir, die Finanzierung mit anderen Möglichkeiten einzuspielen.“

Er schildert die schwierige Situation der Trinitatis-Kirchengemeinde. Die Gemeinde hat 4400 Gläubige auf 400 Quadratkilometern und ist damit die flächenmäßig größte im Kirchenkreis Aachen – sie hat nur ein Zehntel der Gemeindeglieder der Mutterkirchengemeinde Aachen. Die Zahl der Kirchensteuerzahler sinkt kontinuierlich um ein bis zwei Prozent pro Jahr. Zwar weniger durch Austritte, sondern durch Überalterung. Auch wegen der zunehmenden Zahl an Rentnern geht das Kirchensteuer-Aufkommen zurück. Das schwächt die Finanzkraft für die Unterhaltung der sechs Kirchen. Zum Vergleich: Die benachbarten Kirchengemeinden Roggendorf und Monschauer Land müssen „nur“ je drei Kirchen unterhalten.

Trotz der schwierigen Situation sagt Schumacher. „Wir wollen nicht jammern, sondern mit Fantasie an der neuen Entwicklung arbeiten.“

Die Immobilien-Situation des „wandelnden Gottesvolks“

Im Vordergrund ständen nicht die Gebäude, sagt der Superintendent des Kirchenkreises Aachen, Hans-Peter Bruckhoff. Entscheidend sei die Gemeinde, also die Menschen. „Wir verstehen uns als wandelndes Gottesvolk“, so der Superintendent des Evangelischen Kirchenkreises Aachen. Wie die Gemeinden mit ihren Immobilien umgehen, sollten sie selbst entscheiden. Es gebe diesbezüglich keine Vorgaben des Kirchenkreises.

So werde die Immobilien-Situation in den Kirchengemeinden unterschiedlich gehandhabt. Im Norden der Stadt Aachen habe es in den vergangenen Jahren drei Kirchenverkäufe gegeben, die bislang einzigen im Kirchenkreis.

Gemeinden werden zusammengelegt

Auf der anderen Seite habe man viele kleinere Gemeinden zusammengefasst. So sei die Evangelische Trinitatis-Kirchengemeinde Schleidener Tal seit dem 1. Juni 2007 die Nachfolgerin der drei eigenständigen Gemeinden Gemünd, Hellenthal und Schleiden. Roetgen und Monschau wurden zur Gemeinde Monschauer Land.

Im Kirchenkreis Aachen mit 78.000 evangelischen Gläubigen gebe es nur noch neun Kirchengemeinden. Diese würden vor Ort selbst entscheiden, was sie an Gebäuden benötigten und unterhalten könnten. In Aachen-Stadt sei sogar eine neue Kirche eingeweiht worden, zwei Gemeindezentren wurden im Gegenzug verkauft.

„Wir brauchen da eine Kirche, wo die Gemeinde ist, ohne dass dies ein Ausverkauf ist“, so Hans-Peter Bruckhoff weiter: „Wir dürfen zuversichtlich in diese Veränderung hineingehen. Wir evangelischen Christen im Schleidener Tal sind eine zuverlässige Gemeinschaft. Das bleibt auch bei Schließung von Kirchen so.“

Rundschau abonnieren