Kita-Beiträge, Straßenbau und FlutEuskirchen Landrat hofft auf die neue NRW-Koalition

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Beim Wegfall der Kita-Gebühren ist Landrat Markus Ramers in seiner Amtszeit noch keinen Schritt weitergekommen.

Beim Wegfall der Kita-Gebühren ist Landrat Markus Ramers in seiner Amtszeit noch keinen Schritt weitergekommen.

Kreis Euskirchen – Es war ein großes Versprechen im Landratswahlkampf. Markus Ramers (SPD) will, dass im Kreis Euskirchen der Besuch einer Kindertagesstätte kostenfrei wird. Doch auch eineinhalb Jahre nach dem Wahlsieg kann der Freilinger keinen Haken hinter das Thema machen.

Als er im November 2020 zum Landrat gewählt wurde, sei der Haushaltsentwurf für das kommende Jahr schon fertig gewesen. Bei dem für 2022 hätte er zwar Einfluss nehmen oder ihn anders gestalten können, es habe schlichtweg andere Prioritäten gegeben. „Es ist und bleibt ein Herzensthema, weil ich finde, dass Bildung kostenfrei sein sollte. Aber ich bin da nicht so weit, wie es gerne wäre. Das muss ich fairerweise sagen“, sagt Ramers: „Aber klar ist, dass Pandemie und Flut Prioritäten verschoben haben. Und die Kreisbürger haben mich zwar zum Landrat gewählt, aber die SPD hat keine Mehrheit im Kreistag. Deshalb bin ich darauf angewiesen, dass eine Kreistagsmehrheit einen Vorschlag mitträgt. Und dieser soll ausgereift und vernünftig vorbereitet sein.“

Prioritäten haben sich verschoben

Das Jugendamt, das den Grundstein für einen solchen Vorschlag erarbeiten würde, habe nach der Flut ebenfalls ganz andere Prioritäten gehabt. „Es ging darum, dass Kinder überhaupt wieder betreut werden können, dass Provisorien errichtet werden“, so Ramers. Natürlich könne man sagen, dass das keine Argumente seien – für ihn sei das Thema aber noch lange nicht vom Tisch.

Vor allem dann nicht, wenn die Schwarz-Grüne NRW-Koalition keine landesweise Lösung in ihrem Koalitionsvertrag verankert. „Es fühlt sich falsch an, dass man in Monheim oder Düren keine Kita-Beiträge zahlt, bei uns aber schon“, sagt Chef der Kreisverwaltung, der eine mögliche wegfallende Kita-Gebühr als weichen Standortfaktor ins Spiel bringt: „Wenn wir Fachkräfte gewinnen wollen, kann so ein Punkt durchaus den Ausschlag geben. Wir können anders werben, wenn es um potenzielle Arbeitnehmer geht, die Familie haben. Oder gar um Ansiedlungen im größeren Stil.“

Entlastung für Familien

Zudem sei ein möglicher Wegfall der kompletten Kita-Gebühren eine Entlastung für Familien. „Wir können Familien aus der Mittelschicht massiv – und vor allem dauerhaft – entlasten, die die Inflation durchaus hart trifft“, sagt Ramers. Viele Subventionen, die angestoßen sind, seien Einmal-Entlastungen. Beitragsfreie Kitas wären jährlich eine Entlastung.

Er hofft, dass die neue Koalition eine Lösung präsentiert. Mit Blick auf das Wahlprogramm von CDU und Grünen könnten die Chancen gut stehen. Die CDU hatte angekündigt, das dritte Kitajahr gebührenfrei zu machen, die Grünen wollten den Wegfall der kompletten Gebühren.

Fehlender Kopf im Umweltministerium

Ramers will auch das Thema Flut bei der künftigen Landesregierung positionieren. „Mir ist sehr wichtig, dass die neue Koalition uns nicht vergisst“, sagt der Landrat. Das sei vor allem deshalb wichtig, weil der Wiederaufbau noch lange nicht abgeschlossen sei. In Schleiden fahre der Kreis in den kommenden Tagen das Beratungsangebot für privat Betroffene wieder hoch, weil man einen gestiegenen Bedarf wahrgenommen und signalisiert bekomme habe, so der Verwaltungschef.

Brief der Bürgermeister

Schreiben an Klaus Voussem

An den Verkehrspolitischen Sprecher der CDU im Düsseldorfer Landtag, Klaus Voussem, hat Ramers mit einigen Bürgermeistern einen Brief geschrieben. Darin geht es unter anderem um den Radverkehr, aber auch um den Bau von Straßen. Im Sondierungspapier der Schwarz-Grünen Koalition steht unter anderem, dass die Sanierung von Straßen vor dem Neubau stehe. Aus Sicht des Landrats und der Bürgermeister, unterschrieben haben Jennifer Meuren (Blankenheim), Sacha Reichelt (Euskirchen), Rudolf Westerburg (Hellenthal), Dr. Hans-Peter Schick (Mechernich), Anna-Katharina Horst (Weilerswist)  und Ulf Hürtgen (Zülpich), darf diese Aussage aber keine Sackgasse sein. Die Ortsumgehungen Roggendorf, Weiler in der Ebene oder auch die Süd-Ost-Tangente in Weilerswist seien Projekte, die für den Kreis von enormer Bedeutung sind. (tom)

Wirtschaftliche Perspektive

 „Die wirtschaftlichen Entwicklungsperspektiven des Kreises hängen nicht zuletzt von einer attraktiven Verkehrsinfrastruktur ab“, berichtet Landrat Ramers. Zudem geht es in dem Schreiben an Landtagsmitglied Voussem um Bus-, Bahn- und Carsharing-Angebote, die Elektrifizierung der Bahnstrecken, Elektromobilität und Planungszeitverkürzung. „Die Planungsverfahren auch im Bereich aller Verkehrsinfrastrukturen sind in der Vergangenheit ständig komplexer und langwieriger geworden“ heißt es dem Brief, der der Redaktion vorliegt. (tom)

Anliegerbeiträge

Auch die Straßenbaubeiträge thematisieren die Verwaltungschefs, die „auf den Verbleib von einem sehr hohen Verwaltungsaufwand“ verweisen – obwohl oder gerade weil die alte Landesregierung die Anliegerbeiträge nur faktisch abgeschafft hat, in dem sie die Förderquote von 50 auf 100 Prozent angehoben haben. Nur mit der Abschaffung der Straßenbaubeiträge oder mit einer Erhöhung der Fördermittel werde eine zukunftsweise Entscheidung seitens des Landes getroffen, so der Landrat und die Bürgermeister. (tom)

Das zeige, dass der Weg aus der Flutkatastrophe noch lange nicht abgeschlossen sei. Zudem haben noch nicht alle Kommunen ihren Förderbescheid erhalten. „Und auch beim Hochwasserschutz geht es nicht so schnell voran wie wir wollen“, so Ramers: „Das Umweltministerium ist nun auch schon einige Zeit führungslos. Da tut sich ebenfalls wenig.“

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Im Bereich der neu zu berechnen Überschwemmungsgebiete merke man das massiv. Man wisse inzwischen ungefähr, dass das neue HQ100 – ein Hochwasser, das statistisch einmal in 100 Jahren vorkommt – das alte HQ Extrem mal den Faktor 1,3 sein wird. Das HQ Extrem entspricht der 1,5-fachen Wassermenge eines 100-jährlichen Hochwassers. „Das HQ 100 ist maßgeblich bei der Ausweisung von Baugebieten“, so Ramers: „Aber ich kann im Gemeinderat ein politisches Verfahren nicht weiterführen, wenn ich nicht etwas schriftlich dazu habe.“

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