Lieferengpässe und FachkräftemangelDunkle Wolken am Euskirchener Konjunkturhimmel

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Volle Auftragsbücher haben die Handwerker in der Region: Grund dafür ist auch die Flut im Juli.

Volle Auftragsbücher haben die Handwerker in der Region: Grund dafür ist auch die Flut im Juli.

Kreis Euskirchen – Es geht aufwärts. Zumindest, was die Konjunktur im Kreis angeht. Das ergab die aktuelle Konjunkturumfrage der Handwerkskammer Aachen. „Die Ergebnisse sind sehr erfreulich“, sagt Peter Deckers, Hauptgeschäftsführer der Kammer.

Demnach schätzen 95 Prozent aller Betriebe im Kreis Euskirchen ihre Situation in den vergangenen sechs Monaten als gut beziehungsweise befriedigend ein. Damit liegt Euskirchen über dem Kammerdurchschnitt, der bei 92 Prozent liegt. „Das ist ein extrem hohes Zufriedenheitsniveau“, so Deckers. Und das, obwohl viele Betriebe im Kreis „heftigst und unmittelbar“ von der Flutkatastrophe im Juli betroffen sind, fügt Deckers hinzu. Das spüre die Kammer an der großen Nachfrage der Unternehmen nach Beratungsterminen.

Es liegen keine genauen Zahlen vor

Denn genaue Zahlen, wie viele Betriebe Flutschäden zu verzeichnen haben, liegen der Kammer nicht vor. „Wir gehen von 900 bis 1000 Betrieben im gesamten Kammergebiet aus, die von der geografischen Lage betroffen sein müssten“, sagt Deckers. Dabei dürften im Kreis Euskirchen die meisten betroffenen Betriebe sein, fügt Nicole Tomys, stellvertretende Hauptgeschäftsführerin der Handwerkskammer, hinzu.

Das Problem, weswegen die Kammer die Zahl lediglich schätzen und hochrechnen kann: „Viele Unternehmen melden sich nicht, weil sie ihre Schäden für zu gering halten“, sagt Uwe Günther, Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Rureifel. Dabei helfe es den Kammern, die Betriebe zu kennen, um etwa Informationen bezüglich der Wiederaufbauhilfen weiterzuleiten. Die Zufriedenheit der Unternehmen könnte auch daher kommen, dass viele Gewerke von eben dieser Flut profitieren, spekuliert Decker. Die Auftragsbücher vieler Betriebe seien schon vor der Katastrophe gut gefüllt gewesen. Der Corona-Einbruch, den beispielsweise Friseur- oder Kosmetikbetriebe deutlich zu spüren bekamen, blieb unter anderem den Bau-Handwerkern erspart, da sie während des Lockdowns weiterarbeiten konnten.

Lage auf Rohstoffmarkt, Lieferengpässe und hohen Transportkosten

Doch die Verantwortlichen sagen auch, dass die gute Einschätzung heute möglicherweise schon anders aussehe. Die Umfrage werde zwischen Mitte und Ende September durchgeführt, so Tomys. Die Diskussion um die Verlängerung der Epidemischen Lage sowie die angespannte Lage auf dem Rohstoffmarkt, Lieferengpässe und hohen Transportkosten würden die Unternehmen heute zu einer anderen Einschätzung bewegen. „Erste Unternehmen fragen wieder wegen Kurzarbeit an“, weiß Günther zu berichten. Und das liege nicht an Corona. „Bei solch hohen Werten kann es nur einen Weg geben – den nach unten“, so Günther weiter. „Es ist noch vollkommen unklar, welche Unternehmen die Insolvenz aufgrund der derzeitigen Probleme treffen wird“, sagt Tomys.

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Für einen zusätzlichen Dämpfer sorge auch der nach wie vor bestehende Fachkräftemangel. Die Gründe sind vielfältig, aber auch die Demografie spiele eine nicht unerhebliche Rolle. „Von 2000 bis 2020 gab es im gesamten Handwerksbezirk einen Rückgang der Schulabgänger um 25 Prozent“, sagt Deckers. Der Kuchen werde kleiner, so Günther. Das Handwerk wäre schon zufrieden, wenn sein Teil am Arbeitskräfte-Kuchen zumindest unverändert bliebe. Trotzdem gebe es auch bei den Auszubildenden eine erfreuliche Nachricht: Die Zahl der Lehrverträge habe bis Ende September wieder das Vor-Pandemie-Niveau erreicht, so Decker.

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