„Heiligenschein ausknipsen“NRW-Tafel-Chef mit Tod bedroht – Staatsschutz ermittelt

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Wolfgang Weilerswist

Wolfgang Weilerswist

Mechernich – Einschüchtern lasse wolle er sich nicht, sagt Wolfgang Weilerswist. Völlig kalt lasse ihn die Mail aber auch nicht, die ihn kurz nach Weihnachten erreicht habe. Darin sieht sich der Vorsitzende der 173 Tafeln in Nordrhein-Westfalen eindeutig und offen mit dem Tode bedroht. „Ich werde alles versuchen, Sie zu vernichten. Das ist keine Drohung, sondern ein Versprechen“, stand in der Mail.

Wie ernst die Drohung zu nehmen sei, wisse er nicht. Er habe aber Anzeige erstattet: „Das musste ich schon alleine deshalb tun, um meine Familie, die Mitarbeiter der Mechernicher Tafel und der NRW-Tafeln zu schützen“, erklärte Weilerswist am Montag dieser Zeitung: „Man weiß ja nie, zu was ein solcher Mensch im Stande ist.“

Die Sache auf sich beruhen zu lassen, sei für ihn keine Option gewesen, erklärte Weilerswist. „Was sollen denn die Tafel-Mitarbeiter denken, wenn schon der Chef kneift“, sagt SPD-Mann Weilerswist.

Der Ton sei rauer geworden, stellt der 68-Jährige fest – an den Ausgabestellen der Tafeln, aber auch sonst in der Gesellschaft. „Seit dem Aufkommen der AfD treten diese Menschen immer offener auf“, sagt der Sozialdemokrat. Früher seien solche Bedrohungen anonym eingegangen, inzwischen träten die Schreiber mit ihrem vollen Namen auf – wie auch in diesem Fall, den Weilerswist nun zur Anzeige bei der Polizei gebracht hat. Er kenne den Mann, dessen Absender die Mail trägt. In der Vergangenheit sei er bereits mehrmals mit dem Mann, den er dem politisch rechten Spektrum zuordnet, aneinandergeraten. 

Drohung könnte politisch motiviert sein

Der Staatsschutz habe die Ermittlungen aufgenommen, bestätigte Polizeisprecher Robert Scholten. Denn die Drohmail könne politisch motiviert sein. Federführung habe die Staatsanwaltschaft Bonn. Deren Sprecher, Dr. Sebastian Buß, wollte aber am Montag noch keine Stellungnahme abgeben. Die Behörde habe bislang lediglich eine telefonische Mitteilung über den Vorfall erhalten, sie warte nun auf weitere Informationen der Polizei beziehungsweise des Staatsschutzes. „Meine Frau ist natürlich fertig“, sagt Weilerswist. Er selbst gehe, wenn er abends von Veranstaltungen der SPD oder den zahlreichen Vereinen, denen Weilerswist in Mechernich angehört, nach Hause geht „nur noch auf Wegen, die beleuchtet sind“.

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In der Mail beklagt sich der Schreiber, dass er Hausverbot bei der Tafel erhalten habe. „Damit ist klar, dass Sie ein ,arrogantes A.....’ sind und ich werde diese Wahrheit nicht widerrufen“, heißt es in der Mail weiter: „Hiermit erkläre ich Ihnen offiziell den gedanklichen Krieg.“ Er werde alles versuchen, „Ihren Heiligenschein auszuknipsen“.

Die Redaktion sprach am Montag mit dem Schreiber der E-Mail. Der sagte ausdrücklich: „Nein, ich bedrohe Herrn Weilerswist natürlich nicht mit dem Tod.“ Jeder habe das Recht, frei seine Meinung zu äußern. Die Wortwahl in der Mail entspreche der „philosophischen Ausdrucksweise meines Naturells“. Er pflege nun mal einen „robusten Ton“.

Seit längerem verbinde ihn ein „persönliches Scharmützel mit Herrn Weilerswist“. Die Mail habe er geschrieben, nachdem ihm Tafel-Mitarbeiter erklärt hätten, er habe bei der Einrichtung Hausverbot. Es sei nicht zulässig, wenn Weilerswist persönliche Auseinandersetzungen über sein Amt als Tafel-Landes-Chef regeln wolle, sagte der Mann. Auf keinen Fall, so erklärte er, wolle er sich den Reichsbürgern zuordnen lassen, wie bereits in Veröffentlichungen kolportiert worden war. Er sympathisiere auch nicht mit diesen, habe allerdings eine persönliche Sicht zum Status der Bundesrepublik Deutschland.

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