„Wie komme ich da schnell runter?“Artisten reden über Zwischenfall auf dem Hochseil

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Unerschütterlich auf dem Hochseil: Alexander Weisheit mit Balancierstange auf einem Stuhl.

Unerschütterlich auf dem Hochseil: Alexander Weisheit mit Balancierstange auf einem Stuhl.

Mechernich-Kommern – Einen Tag nach dem spektakulären Abbruch der Hochseilnummer der Geschwister Weisheit im LVR-Freilichtmuseum, nachdem fünf Artistinnen und Artisten wegen starker Windböen vom Seil geweht und von einem Fangnetz aufgefangen wurden, ist die weltberühmte Hochseiltruppe am Freitagnachmittag wieder aufgetreten.

Einen Tag nach dem Sturz: Alexander (v.l.), Peter Mario, Heike, Elisabeth, Steve und André Weisheit.

Einen Tag nach dem Sturz: Alexander (v.l.), Peter Mario, Heike, Elisabeth, Steve und André Weisheit.

Wie geht eine Artistentruppe nach einem solchen Vorfall mit der Situation um? Peter Mario, André, Steve, Alexander, Elisabeth und Heike Weisheit waren die sechs Artisten, die am Donnerstagnachmittag die Nummer abbrechen mussten. Sie schilderten dieser Zeitung, was sie empfanden, als sich der Unfall ereignete, und wie sie den Zwischenfall einschätzen.

Artisten üben auch, wie sie vom Seil fallen. Hat das nicht optimal geklappt?

Peter Mario: Wir üben nicht fallen, sondern wir üben, oben auf dem Seil zu bleiben. Alles ist tausendmal geübt. Aber uns ist natürlich bewusst, dass immer etwas passieren kann. Diesmal gab es Verletzungen, weil außer fünf Artisten auch drei Balancierstangen und ein Stuhl heruntergefallen sind.

Was müssen Sie noch einkalkulieren?

Peter Mario: Wir Hochseilartisten treten im Freien auf, sind der Natur ausgeliefert, müssen Wind, Kälte und Regen berücksichtigen.

Und wie war das mit dem Wind am Donnerstagnachmittag?

Peter Mario: Es gab den ganzen Tag Wind, aber als wir auftraten, war es windstill. Wegen der Kälte hatten wir die Nummer schon umgestellt und die Kinder vom Seil gelassen. Die sollen schließlich Spaß an der Arbeit haben.

Wie sieht das nach dem Zwischenfall aus?

Peter Mario: Unser zwölfjähriger Charlie war heute mit oben, war aber etwas schreckhaft. Der muss die Sache noch verarbeiten. Der vierjährige Lenni hat das alles mit angesehen und sich gemerkt, dass Alexander als Einziger mit dem Stuhl auf dem Seil blieb. Für den ist sein Onkel jetzt der Held.

Was denkt man, wenn man plötzlich in so eine Situation gerät?

Peter Mario: Ich habe so etwas auf dem Seil noch nicht erlebt. Die erste Windböe hat uns erschüttert, als André und ich die Frauen auf den Schultern hatten. Dann flaute der Wind ab. Da habe ich das Kommando gegeben, die Frauen sollten von unseren Schultern steigen. Dann kam der Wind mit Wucht zurück. Heike ist abgerutscht.

Heike: Wie kommst du hier am besten noch runter, habe ich gedacht. Dann ging es auch schon nach unten ins Netz.

Steve: Und ich habe eigentlich gehofft, ich käme aus der Sache noch raus. Dann bin ich gefallen.

André: Eine von den Balancierstangen ist auf mich gefallen, und ich habe mein Knie verbogen. Das muss jetzt genau untersucht werden.

Elisabeth: Es ging alles so schnell. Ich stand mit dem Gesicht zum Wind und wurde nach hinten gedrückt. Plötzlich war ich unten.

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Ihr Hochseilunfall ist in aller Munde. Wie geht es jetzt weiter?

Peter Mario: Wir machen ganz normal weiter. Natürlich haben wir die Hochseilnummer erst einmal umgestellt, weil wir André ersetzen müssen. Eigentlich ist ja nichts Ungewöhnliches passiert.

Aber es sind doch fünf Artisten vom Hochseil geweht worden?

Peter Mario: Ja sicher, aber so etwas kann immer mal passieren. Es ist niemand ernsthaft verletzt worden, weil wir sehr auf Sicherheit achten.

Sie meinen das blaue Netz, das unter der Anlage gespannt ist?

Peter Mario: Das ist ein Spezialnetz, das nicht wie ein Trampolin reagiert, also fallende Artisten nicht in die Luft und in die Mitte des Netzes schleudert, sondern jeden Einzelnen in einer Beule abfedert. Das heißt, alle werden individuell gebremst und aufgefangen.

Also spielen Sie nicht mit dem Nervenkitzel und dem Gefühl des Publikums, jeder Artist könnte jederzeit abstürzen?

Peter Mario: Nein, wir haben unsere Nummern tausendmal geübt und vermeiden jede Art von Risiko.

Wie minimieren Sie Ihr Risiko, wenn Sie auftreten?

Peter Mario: Wir prüfen vor jedem Auftritt die Seilanlagen, messen die Spannung, die auf den Stahlseilen liegt, mit einem empfindlichen und sehr genauen Dynamometer, einem Zugkraftmesser, und regulieren die Spannung jedes Mal nach, wenn sie nicht den Werten entspricht, die die Anlage gemäß Aufbauanleitung vorgibt. Alle Werte sind berechnet und nach der DIN 13814 für fliegende Bauten abgenommen.

Pendelbusse

Am Sonntag, 8. April, fahren ab 12 Uhr zwischen dem P+R am Bahnhof Mechernich und dem LVR-Freilichtmuseum in Kommern Pendelbusse. Zusätzlich zu den Plätzen auf dem Museumsparkplatz in Kommern werden die Parkflächen rund um den P+R Mechernich für Besucherinnen und Besucher des Museums zur Verfügung gestellt.

Auch eine Anreise mit öffentlichen Verkehrsmitteln zum Bahnhof Mechernich ist problemlos möglich. Ab der Zugangsstraße zum Freilichtmuseum, Kreuzung B 477/ Eickser Straße, ist der Ausweichparkplatz ausgeschildert.

Haltepunkte sowie Pendelbusse sind entsprechend gekennzeichnet. Die Busse fahren regelmäßig von 12 bis 19 Uhr und sind für Besucher des Museums kostenlos. (bz)

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