Anwohner beschweren sichBautätigkeit in Mechernich geht Bürgern allmählich zu weit

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Zwischen Mechernich und Kommern-Süd wird rege gebaut. Und die Stadt will auch in Zukunft weitere Bauflächen zur Verfügung stellen. Diese Politik kommt nicht bei allen Bürgern gut an – Widerspruch gab es bei der Bürgerfragestunde im Rat.

Zwischen Mechernich und Kommern-Süd wird rege gebaut. Und die Stadt will auch in Zukunft weitere Bauflächen zur Verfügung stellen. Diese Politik kommt nicht bei allen Bürgern gut an – Widerspruch gab es bei der Bürgerfragestunde im Rat.

Mechernich – Geduldig harrten die Bürger im Mechernicher Rat zweieinhalb Stunden aus, bis sie endlich in der Bürgersprechstunde ihr Anliegen vorbringen konnten. Dr. Hans Nositschka aus Wachendorf stellte dann eine knappe Frage, die offenbar Zündstoff beinhaltete: Ob die Stadtverwaltung in den Regionalforen der Bezirksregierung Köln am 19. November und am 31. Januar Flächen in die Regionalplanung eingespeist habe, wollte er wissen. Wenn ja, wie viele, in welchen Größen und in welchen Ortschaften und welchen Gemarkungen?

Hintergrund der Frage Nositschkas ist die starke Bautätigkeit in Mechernich, die einigen Bürgern allmählich zu weit geht. Stadtplaner Thomas Schiefer holte zu einer ausführlichen Antwort aus. Ja, es stimme, im Zusammenhang mit der Neuaufstellung des Gebietsentwicklungsplans diskutiere man mit der Bezirksregierung, wo in den nächsten Jahren nutzbare Flächen im Stadtgebiet von Mechernich liegen könnten. Hinzu komme, dass man Flächen im Rahmen der Diskussion um die „Region plus“ benennen wolle.

Später erläuterte er, was sich hinter dieser Formulierung verbirgt: In Köln und Bonn könnten de facto derzeit nicht genug Wohnungen gebaut werden. Um den Bedarf zu decken, müssten in Bonn jährlich 2800 Wohnungen fertiggestellt werden, in der Stadt Köln seien es 6000 bis 8000 Wohnungen. Das sei aber nicht zu leisten, dafür gebe es auch nicht genug Flächen.

„Eine sehr spannende Frage der Landesplanung ist, wie wir mit der Nachfrage in den Ballungszonen umgehen“, sagte Schiefer. Man spreche da vom ersten, zweiten und dritten Speckgürtel um Köln. Diese Gürtel könnten Funktionen für die Ballungszone übernehmen, allerdings nur, falls die Anlieger-Kommunen das auch wollten. Gefragt würden auch die Kommunen, von denen aus man in 45 Minuten Köln erreichen könne. Schiefer: „Wir haben mit Bahn- und Autobahnanschluss außerdem die passende Infrastruktur.“ Deshalb habe die Bezirksregierung der Stadt das Angebot gemacht, für diesen Zweck weitere Flächen auszuweisen.

Schiefer: „Wir haben erst einmal in den Raum Flächen geschmissen, die wir uns aus fachlicher Sicht vorstellen könnten.“ Es sei nämlich wichtig, dass die Stadt sich langfristig die kommunale Handlungsfähigkeit offenhalte. Schiefer: „Wir diskutieren diese Flächen nicht in der Öffentlichkeit, weil es sich um einen ersten Diskussionsansatz handelt. Wir wollen nur einen Fuß in der Tür haben.“

Es mache keinen Sinn, in diesem frühen informellen Stadium der Planung Details zu diskutieren, weil sich bereits gezeigt habe, dass sich die Faktenlage ständig ändern könne. „Man sollte die Chancen wahren; ob man sie dann nutzt, ist eine andere Frage. Wenn wir jetzt nichts tun, haben wir keine Perspektive, in der Zukunft irgendwas zu entscheiden“, beharrte Schiefer auf der Korrektheit seines Handels. Später, wenn genauere Informationen vorlägen, werde man damit in die Politik gehen. Und danach könnten auch die Bürger darüber diskutieren – im Rahmen von Bürgerversammlungen und durch die Offenlage.

Undemokratisch?

Dr. Hans Nositschka aus Wachendorf las aus der Gemeindeordnung NRW vor: Danach unterrichtet der Rat die Bürger „über die allgemein bedeutsamen Angelegenheiten der Gemeinde, die unmittelbar raum- und entwicklungsbedeutsam sind“. Dies habe möglichst frühzeitig zu geschehen. „Ich bin der Auffassung, dass der Rat dieser Pflicht nicht nachkommt“, sagte Nositschka.

Stadtplaner Thomas Schiefer protestierte gegen Unterstellungen, der Rat handele undemokratisch. „Der Rat ist von Ihnen gewählt, es handelt sich um ein demokratisches Vorgehen.“ Die 28 000 Einwohner der Stadt hätten die Möglichkeit, ihre Ratsvertreter zu wählen. „Der Aufsichtsrat, der hier vorne sitzt, entscheidet, was ich zu tun und zu lassen habe“, gab der Stadtplaner zu bedenken. Außerdem sei er jederzeit bereit, die Bürger zu beteiligen, wenn die Fakten wirklich feststünden. (pe)

Andreas Müller-Christ aus Firmenich überzeugte das nicht: „Bei Zugezogenen und Alteingesessenen regt sich massiver Unmut gegen die zunehmende intensive Bebauung. Naturnahe Flächen und der ländliche Charakter unserer Ortsteile werden zerstört.“ Ob denn nicht Bürgermeister, Rat und Verwaltung in erster Linie den Bürgern von Mechernich verpflichtet seien? „Warum bieten Sie in vorauseilendem Gehorsam in Köln unsere naturnahen Flächen als Bauflächen an, um die Kölner Wohnraumprobleme zu lösen?“, ärgerte Müller-Christ sich. Außerdem existierten in Köln genug Bauflächen.

Darauf wurde Bürgermeister Dr. Hans-Peter Schick grundsätzlich: „Meine persönliche Meinung ist: Unsere Generation, die sich den Traum vom Einfamilienhaus erfüllt hat und zum Teil auch aus Köln und Umgebung hierhin gekommen ist, hat nicht das Recht, heutigen jungen Menschen, die im Grünen bauen möchten und ihren Kindern ein intaktes Umfeld bieten möchten, diesen Wunsch zu verwehren.“ Um welche Flächen es sich handelt, die mit der Bezirksregierung diskutiert werden, wollte Bürgermeister Schick auch nach der Sitzung nicht preisgeben.

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Nositschka, darauf angesprochen, sagte, Stadtplaner Schiefer habe sich in einer früheren Sitzung einmal „verplappert“. Denn er habe damals davon gesprochen, dass das Dreieck Antweiler, Lessenich und Wachendorf Siedlungsschwerpunkt werde. Dieser werde durch eine Schnellstraße in Richtung Bad Münstereifel angebunden.

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