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DJ aus MechernichSo erlebte Patrick Strunk seinen Auftritt vor 50.000 leeren Plätzen

Lesezeit 4 Minuten
Ein Konzert ganz ohne Publikum: Patrick Strunk aus Mechernich, alias DJ Paytric, hat im menschenleeren Rhein-Energie-Stadion aufgelegt.

Ein Konzert ganz ohne Publikum: Patrick Strunk aus Mechernich, alias DJ Paytric, hat im menschenleeren Rhein-Energie-Stadion aufgelegt.

  • In der Corona-Krise bekam Patrick Strunk aus Mechernich eine einmalige Gelegenheit.
  • Weil alle Großveranstaltungen abgesagt werden mussten, durfte er im leeren Rhein-Energie-Stadion auftreten.
  • Im Gespräch erzählt DJ Paytric, wieso das Konzert vor 50.000 leeren Plätzen besser vorbereitet werden musste und stressiger war, als der Auftritt vor Publikum.

Mechernich/Köln – Patrick Strunk nimmt einen Schluck Limonade: „Das ist natürlich super skurril.“ Sein Auftritt im leeren Rhein-Energie-Stadion in Köln liegt bereits zwei Wochen zurück. Dennoch wirkt der DJ so, als könne er selbst kaum glauben, dass das wirklich stattgefunden hat. „Die Größe – das ist schon verrückt“, sagt er. Noch im vergangen Jahr habe er dort Konzerte von Superstars wie Phil Collins, Beyoncé und Muse besucht. „Jetzt steht man selber dort, aber leider ist keiner da“, berichtet der 46-Jährige und lacht.

Wegen der Corona-Pandemie sind Großveranstaltungen wie Konzerte und Club-Partys in Deutschland derzeit nicht erlaubt. Viele Musiker geben deshalb Wohnzimmerkonzerte und übertragen sie per Livestream im Internet. DJ Paul van Dyk kam schließlich auf die Idee, in einem leeren Stadion aufzulegen. Anfang Mai stellte er sich mit seinem Equipment und Borussia- Dortmund-Trikot in den leeren Signal-Iduna-Park und machte Musik.

So kam es zum Auftritt im Rhein-Energie-Stadion

Das habe in der Szene große Wellen geschlagen, erinnert sich Strunk. Wenig später machte DJ Moguai in der Arena auf Schalke dasselbe. Yener Kisla, der Leiter der Eventagentur Warehouse Club, sei auf die Idee gekommen, das auch in Köln zu machen. Strunk ist seit mehr als 20 Jahren fester DJ beim Warehouse Club. Obwohl er eigentlich kein Freund davon sei, DJ-Sets von sich selbst als Video online zu stellen, habe er nicht lange überlegen müssen. Immerhin ging es um einen Auftritt im Stadion. Kisla habe die Kölner Sportstätten kontaktiert, berichtet Strunk. „Die haben gesagt: „,Hier ist nichts geplant, aber wenn ihr Bock drauf habt, sind wir dabei’“, erzählt er weiter.

Das Ganze sei dann sehr schnell gegangen. „So schnell kann man sich mit keinem Freund auf einen Kaffee verabreden“, sagt er und schüttelt ungläubig den Kopf. Mit seinem Kollegen DJ Nylo ließ er dann in der Heimstätte des 1. FC Köln Techno-Klänge ertönen. „Ohne Publikum, ohne Gage, ohne alles – es war einfach ein Riesenspaß.“ Die Aufzeichnung von seinem Auftritt soll ab Samstag, 18. Juli, kostenfrei online abrufbar sein. Ob sich jemand das anderthalbstündige Video komplett anschauen werde, kann sich Strunk nicht so richtig vorstellen. Er selbst würde das vermutlich eher als Hintergrundmusik laufen lassen, sagt er.

DJ Paytric kann nicht auf die Feiernden eingehen

Miete zahlen für das Stadion mussten sie nicht. Es sei sogar extra ein Security-Mitarbeiter für sie abgestellt worden. Man habe ihnen gesagt: „,Ihr dürft hingehen, wo ihr wollt. Ihr dürft machen, was ihr wollt. Nur nicht den Rasen betreten’“, berichtet Strunk.

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Das DJ-Pult habe er auf einem Podest an der Ost-Tribüne aufgestellt. Doch wie war das Gefühl beim Auflegen? „Es war sehr, sehr komisch“, sagt Strunk. Immer wieder sei es vorgekommen, dass er erst beim Aufschauen gemerkt habe, wo er sich gerade befand und das tatsächlich niemand da war.

Überhaupt sei das Spielen ohne Publikum merkwürdig gewesen. Normalerweise mache er sich keinen genauen Plan, wann er was auflege. Das hänge immer stark vom Publikum ab. Doch diesmal musste er sich detaillierte vorbereiten. Denn es gab keine Feierenden, auf die er hätte eingehen können, keine Stimmung, nach der er sich richten konnte. Es gab nur ihn und das leere Stadion.

Infobox: Zur Person

In DJ-Kreisen gehe man nicht davon aus, dass es vor März 2021 wieder möglich sei, auf Partys und Events zu spielen, berichtet Patrick Strunk. „Wir sind ja die Branche, die als allerletztes wieder ran kann“, sagt er. Er selbst habe zum Glück noch eine Festanstellung als Grafikdesigner, doch vielen seiner Kollegen bleibe nichts anderes übrig, als Hartz IV zu beantragen. Es mache ihn traurig, wenn er sehe, dass langjährige DJs nun ihre geliebte Plattensammlung auf Ebay verkauften. Die Corona-Zwangspause werde einiges kaputt machen.

Ihm selbst fehle das DJ-Dasein extrem. Auch wenn er die ersten Wochen noch als entspannend empfunden habe. Strunk ist seit 20 Jahren im Geschäft und eigentlich jedes Wochenende unterwegs. Er hat schon in Clubs in ganz Europa aufgelegt. (jre)

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