MechernichAls Soldat an Weihnachten im Einsatz

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Stollen, Punsch und Geschenke verpackten Marco Groß (links) und Oberstleutnant Dirk Hagenbach im Materiallager in Mechernich. 4821 Päckchen wurden hier insgesamt gepackt, eins für jeden Soldaten im Auslandseinsatz.

Stollen, Punsch und Geschenke verpackten Marco Groß (links) und Oberstleutnant Dirk Hagenbach im Materiallager in Mechernich. 4821 Päckchen wurden hier insgesamt gepackt, eins für jeden Soldaten im Auslandseinsatz.

Mechernich – An den Weihnachtstagen habe er im Einsatz irgendwie das Gefühl gehabt, dass ihm nichts passieren könne, berichtet Hauptfeldwebel Sascha Vach. „Man hat das Gefühl, dass an diesen Tagen alles stillsteht.“ Natürlich sei das logisch betrachtet Unsinn. Vielleicht habe dieses Gefühl auch mehr mit ihm selbst zu tun und mit seinem Glauben. Der 34-Jährige sitzt in einem Besprechungszimmer in der Kaserne in Euskirchen. Heute ist er im Stabsdienst tätig, ein Verwaltungsjob. Vor acht Jahren war er bei der Luftwaffensicherungstruppe und in Masar-e Scharif stationiert. An Weihnachten saß er nicht bei seiner Frau in Sinzenich unter dem Weihnachtsbaum, sondern im größten Feldlager der Bundeswehr in Afghanistan.

„Das ist schon irgendwie komisch“, sagt er, als er sich an die Weihnachtszeit damals erinnert. Doch er glaube, für seine Familie zu Hause sei es schlimmer gewesen. Er selbst habe in unregelmäßigen Schichten gearbeitet, zwischen seinen Diensten habe er meistens nur acht Stunden frei gehabt. Und in der Zeit habe er geschlafen und sich um seine Ausrüstung gekümmert.

„Deswegen kommt man nicht in die Verlegenheit, sich da groß Gedanken zu machen.“ Aber es werde schon etwas weihnachtliche Stimmung verbreitet, berichtet er. Das Lager werde geschmückt, es laufe Weihnachtsmusik, in der Kapelle gebe es Weihnachtsgottesdienste und die Küche koche ein besonderes Essen. Außerdem bekomme jede Einheit die Gelegenheit, eine drei- bis vierstündige Weihnachtsfeier zu veranstalten. Dort gebe es dann heißen Kakao und auch Geschenke, denn viele Angehörige schickten Päckchen. „Aber es gibt auch welche, die bekommen nichts“, sagt Vach.

Für jeden Soldaten ein Weihnachtspaket

Dass trotzdem kein Soldat und keine Soldatin leer ausgeht, darum kümmert sich seit fünf Jahren das Team um Marco Groß im Materiallager der Bundeswehr in Mechernich. 4821 Weihnachtspakete packten sie in diesem Jahr. Eins für jeden Soldaten im Einsatz, plus ein paar Reserve-Päckchen.

Kommandowechsel

Erst seit wenigen Monaten hat Oberstleutnant Dirk Hagenbach im Bundeswehrdepot West an der Bleibergstraße das Sagen. Ende September übernahm er das Amt des Standortältesten und Depotleiters von Oberstleutnant Lars Rauhut.

Rauhut verließ Mechernich nach drei Jahren und wechselte zum Logistikkommando der Bundeswehr nach Erfurt. Seine Abschiedsrede beendete er so: „Ich melde mich ab!“

Hagenbach war bereits als Zugführer im Luftwaffenversorgungsregiment 8 und als S3-Offizier im Materialdepot 81 stationiert. Zudem hat er mehrere Auslandseinsätze in Afghanistan und in der Türkei absolviert. Der Oberstleutnant ist verheiratet, hat zwei Kinder und wohnt in Billig. (jre)

In dem Lager stapeln sich dann Kartons mit Stollen, Punsch und kleinen Überraschungen. „Umschlagplatz des Weihnachtsmannes“ könne man das Lager in den Tagen auch nennen, sagt Groß. Neben den kleinen Paketen für die Soldaten werden von hier auch echte, frische Tannen verschickt: für jedes Einsatzkontingent einen Weihnachtsbaum. Die Soldaten und Soldatinnen seien Monate getrennt von ihren Familien, mit den Weihnachtspäckchen wolle man ihnen ein Stück Heimat schicken, berichtet Oberstleutnant Dirk Hagenbach, Standortältester in Mechernich: „Der Aspekt Mensch steht da voll hinter der Aktion.“

Was genau in seinem Päckchen vor acht Jahren war, weiß Vach nicht mehr. Aber er habe sich gefreut, das sei auch eine Anerkennung für seine Arbeit gewesen. Es sei allerdings auch gut gewesen, dass es nach vier Stunden Weihnachtsfeier dann weiter im Dienst ging. Sonst hätte er nur zu viel Zeit gehabt, um an seine Familie und das Weihnachtsfest zu Hause bei seinen Lieben zu denken.

Weiße Weihnacht in Afghanistan

Zeit – das ist für Groß und sein Team in Mechernich ebenfalls ein wichtiger Faktor. Damit alle Päckchen rechtzeitig ihr Ziel erreichen, werden sie bereits Anfang November gepackt und verschickt. Danach gehen sie per Flugzeug, Lkw oder Schiff in die Einsatzgebiete. In manchen Ländern sei die Lieferung gar nicht so leicht, besondere Einfuhrgesetze und schwer erreichbare Standorte nennt er als Beispiele. Manchmal werden die Päckchen einfach an eine bestimmte Adresse geliefert, etwa ein Hotel, und dort dann von jemanden abgeholt und ins Lager gebracht. Was Groß besonders freut: Immer mal wieder gebe es Feedback von den Soldaten und Soldatinnen im Einsatz. Ein Dank per Mail oder Anruf.

Ein Telefonat nach Hause war Weihnachten 2012 auch für Vach drin. Allerdings mit organisatorischem Aufwand. „Man hat immer das Problem, dass man die blöde Zeitverschiebung hat“, erklärt er. Masar-e Scharif liegt zeitlich dreieinhalb Stunden vor Deutschland. Und auch klimatisch herrschen dort andere Bedingungen. Das sei im Winter toll zu beobachten, sagt Vach. „Die Landschaft ändert sich komplett. Im Sommer ist alles karg und staubig, und dann kommt der Winter. Dann ist plötzlich alles grün, und dann fängt es auch an zu schneien“, berichtet er. Auf weiße Weihnachten habe er damals nicht verzichten müssen. In Masar-e Scharif habe mehr Schnee gelegen als zu Hause in Sinzenich.

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Der Hauptfeldwebel weiß auch noch, wie er sich an Weihnachten nach seinem Einsatz 2012 gefühlt hat: „Dankbarer, dass man nicht weg ist, dass man da sein darf.“ Vach hat seitdem jedes Weihnachten zu Hause verbracht und hofft, dass das auch noch lange so bleibt. Denn inzwischen ist er Vater von zwei Kindern und möchte kein gemeinsames Weihnachtsfest versäumen.

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