Mechernicher SchlagzeugerEin Gläubiger, dessen Religion die Musik ist

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Der Strempter Sam Samans denkt auch nach einem halben Jahrhundert noch lange nicht an den Ruhestand. Stattdessen arbeitet der Schlagzeuger mit Kollegen und Freunden an einem neuen Projekt, bei dem zahlreiche Musiker aus dem Kreis mitwirken werden.

Mechernich-Strempt – Second Skin, Cruiser, Human Clock, Kharma, Koppkino oder Midnight Special – die Liste ließe sich fortführen. Manche der Formationen sind weniger geläufig, andere genießen einen regelrechten Kultstatus in der Eifel. Und alle sind untrennbar mit einer Person verbunden: Sam Samans. Gebürtiger Strempter, Schlagzeuger und Musiker mit Leib und Seele. 50 Jahre ist es her, dass er mit 15 das erste Mal auf einer Bühne stand.

An den musikalischen Ruhestand denkt Samans allerdings noch lange nicht. „Sam ist ein Gläubiger, und seine Religion ist die Musik“, fasst der noch 64-Jährige zusammen. Musik bedeute ihm alles, fügt hinzu: „Musik ist für mich omnipräsent. Sie ist in mir und um mich herum.“ Manchmal träume er sogar davon. Dann müsse er mitten in der Nacht aufstehen und die erträumten Schlagfolgen auf der Kante des heimischen Küchentischs festhalten, damit sie sich nicht verflüchtigen, erzählt er und trommelt wie zum Beweis mit den Zeigefingern ein paar Takte: „Ich kann gar nicht anders.“

Kein Talent für Orgel und Gitarre

Die Liebe zur Musik habe er von seinem Vater mitbekommen. Der spielte ebenfalls in einer Band und versuchte, den Sohnemann zu unterrichten, erinnert sich Samans: „Mein Vater wollte mir Orgel- und Gitarrenunterricht geben. Aber für beides hatte ich kein Talent.“

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Mehr als 500 Euro kosten die vielen Paare an Drumsticks, die der Musiker im Jahr verschleißt.

Stattdessen habe er sich von seinem Taschengeld und dem, was er durch allerlei Arbeiten – wie das Aufstellen von Kegeln auf einer Mechernicher Bahn – zusammengespart hatte, das erste gebrauchte Schlagzeug gekauft. Von den vom Vater vermittelten Grundbegriffen der Tanzmusik in Cha-Cha-Cha, Paso Doble oder lateinamerikanischen Rhythmen hatte er damals jedoch schnell genug. „Ich stehe nicht so auf gerade Rhythmen. 4/4-Takt ist mir zu langweilig“, sagt der Schlagzeuger mit verschmitztem Grinsen.

Improvisieren wichtig für weitere Laufbahn

Samans’ Musiker-Laufbahn startete beinahe schon klassisch, wie er noch weiß: „Mit einem Gitarristen und einem Bassisten haben wir in einer Garage in Euskirchen geprobt.“ Ein zweiter Gitarrist kam zu der Truppe, ebenso ein Saxofonist, ein Keyboarder und ein Querflöten-Spieler. „Das war eine reine Impro-Band“, so Samans. Dabei habe er das Improvisieren so richtig gelernt: „Das war nicht unwichtig für meine weitere Laufbahn.“

Es folgten weitere Bands und Gruppen, etwa Cruiser und Second Skin. In den 1980er-Jahren ging es auf eine Musik-Tour durch Frankreich und Spanien. „Dann habe ich erst mal zwei Jahre gar nichts gemacht“, sagt der Schlagzeuger und wird für einen Moment ernst.

„Ich dachte, das war's“

Denn auf besagter Tour hatte der Strempter eine Frau vor dem Ertrinken retten wollen und sich dabei am Handgelenk verletzt. In den gebrochenen Knochen hätten sie ihm im spanischen Krankenhaus eine Schraube gesetzt. Samans: „Als ich mich zu Hause in meinem Euskirchener Musikgeschäft wieder ans Schlagzeug gesetzt habe, sind mir die Sticks einfach aus der Hand gefallen. Ich dachte: Das war’s.“

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Noten lesen kann Samans bis heute nicht.  Er hat sein eigenes System, Songs zu notieren.

Erst als sich die Schraube beim Griff zum 50-Mark-Schein in der Hosentasche „aus Versehen“ verabschiedete, konnte der Musiker wieder loslegen. Fusion Jazz, Rock, Progressive, World Music, Mundart oder rein instrumental – in diversen Combos und einem wechselnden Stamm an Kollegen machte sich Tausendsassa Samans einen Namen in der Region. Er ist den Eifelern vor allem mit der Gruppe Kharma und mit der Coverband Midnight Special im Gedächtnis geblieben.

Samans kann keine Noten lesen

Ungeachet der 50-jährigen Bühnenerfahrung könne er bis heute keine Noten lesen, dafür aber sehr gut zählen, sodass er auch anspruchsvolle Rhythmen ohne Weiteres umsetzen könne, überlegt Samans. Wie er dennoch nicht nur die Texte für die unzähligen Eigenkompositionen seiner diversen Bandprojekte, sondern auch die Notation für die Stücke festgehalten hat, zeigt er im Keller seines Hauses, das im Heimatort Strempt steht.

Zwar fehlen die klischeehaften Eierkartons oder Schaumstoffmatten, stattdessen dämpft ein Sammelsurium an Wolldecken an den Wänden ein wenig den Klang des Schlagzeugs, das einen großen Teil des Raums einnimmt.

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Im Keller nimmt das eigens  zusammengestellte Instrument gut die Hälfte des Raums ein.

„Bum pe ba tadeta bum“ – was anmutet, wie die verschriftlichten Äußerungen eines kämpfenden Comic-Helden, sind Silben, die Samans auf einem Stück Karo-Papier mit dem Kugelschreiber notiert hat. Dazu ein paar knappe Angaben, wie oft die jeweilige Abschnitt wiederholt werden soll.

„Das ist die Art, wie ich Lieder aufschreibe“, sagt der 64-Jährige grinsend und setzt mit den Drumsticks in den Händen sogleich an, die Notizen in eine ausgefeilte Folge an Trommelschlägen umzusetzen. „Das steht da“, erklärt der Musiker: „So lernen auch meine Schüler von mir.“ Für die Umsetzung von erdachten Melodien in Akkorde auf dem Papier sei Freund und Kollege Christoph Buß zuständig, ergänzt er. Vom Vater abgesehen, habe er nie einen Lehrer gehabt, erklärt er.

Technik von Bill Bruford abgeguckt

Von einem seiner Idole, William Scott „Bill“ Bruford, habe er sich die Technik an Drum und Snare abgeguckt, so der bekennende Autodidakt. Daneben hätten ihn Bands wie Genesis, Yes, King Crimson oder Pink Floyd beeinflusst. Bill Bruford habe er unzählige Male live gesehen und alle Werke des Briten auf CD und LP. „Ohne dass er es weiß, war er mein Lehrer“, so der Musiker. Von Bruford stamme auch das Zitat, das ihm ganz besonders wichtig sei, erklärt Samans: „Ich als Drummer und Musiker habe der Musik zu dienen und mich nicht an ihr zu bedienen.“

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In diesem Sinne sei er auch noch weit vom Aufhören entfernt und plane momentan das nächste großdimensionierte Band-Projekt, verrät er. „Dafür habe ich in zwei Tagen gerade elf neue Songs geschrieben“, sagt er und fügt mit dem typischen Grinsen hinzu: „Wer mich kennt, der weiß, dass ich nicht ohne Musik sein kann.“

Konzert zum 50. Bühnengeburtstag verschoben

Ein großes Konzert habe eigentlich im Zuge des Bühnenjubiläums im September stattfinden sollen, erzählt Samans. Aufgrund von Unstimmigkeiten im Zusammenhang mit der Location für den Auftritt habe man die Idee jedoch vorerst verworfen. „Ich hoffe, dass wir das Konzert im nächsten Jahr woanders realisieren können“, erläutert der Musiker.

Beim Bühnenjubiläum soll dann auch das neue Projekt „Mind Circus“ seinen Auftritt haben. Richtig loslegen will der Musiker mit der Gruppe ab 2020/21. Mit einer Mischung aus Prog-Music, Rock, Pop und „durchaus eingängigen Melodien“ werden bei der Formation auch wieder einige langjährige Freunde und Wegbegleiter des Strempters dabei sein.

So sollen etwa Christoph Buß, Ralf Brand, Karl Schlesinger, Roland Kuckertz, Gege Zwingmann, Jürgen Schröder, Joga Waasem, Patrick Rothkopf sowie das EU-semble mitwirken, kündigt Samans an. Mit allen hat er bereits zusammengearbeitet. „Ich habe immer das Bestreben, so viele hochklassige Musiker wie möglich aus dem Kreis Euskirchen zu bündeln“, erklärt er. (hab)

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