Schavener HeideGefährliche Spaziergänge – Militär übt auch mit Sprengsätzen

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Schavener Heide – Spaziergänger mit und ohne Hund, Walker sowie Mountainbiker und Naturliebhaber werden täglich vom 25 Kilometer langen Wegenetz der Schavener Heide angelockt. Die etwa 350 Hektar zwischen Schaven, Firmenich, Satzvey und Kommern-Süd sind, seitdem sie 2001 unter Naturschutz gestellt wurden, ein beliebtes Ausflugsziel.

Nicht alle Besucher halten sich allerdings an die Zugangszeiten des militärischen Sperrgebiets. Von Montag bis Freitag ist die Schavener Heide zwischen 7 und 17 Uhr für Zivilisten gesperrt.

Trotzdem kommt es in diesem Zeitraum zu Begegnungen zwischen dem Militär oder anderen Einheiten, die das Areal zu Übungszwecken nutzen, und der Bevölkerung.

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„Die Leute, die die Schavener Heide für ihre Freizeitaktivitäten nutzen, während sie gesperrt ist, begeben sich in große Gefahr“, erklärt der Feldwebel für Standortangelegenheiten, Christian Küpper: „Täglich klären wir die Menschen über die Gefahren auf. Die meisten sind nach den Gesprächen einsichtig. Mit manchen reden wir aber auch mehrmals in der Woche.“

Die Bundeswehr hat das Hoheitsrecht über die Schavener Heide, den Übungsplatz der Bundeswehrstandorte Mechernich und Euskirchen. Nicht selten kommen ortsfremde Einheiten auf das große Gelände, um Soldaten auf den schweren Fahrzeugen auszubilden.

In der Schavener Heide finden die Soldaten laut Küpper ideale Bedingungen vor. Gerade für Auslandseinsätze werde in dem Gelände gerne trainiert. „Der Geländeparcours bringt Mensch und Material an die Grenzen. Es geht aber vor allem darum, den Soldaten beizubringen, wo diese Grenzen liegen“, erklärt Küpper.

Auch Konvoi-Fahrten werden geübt – mitunter mit so genannten Ansprengungen. Dabei werden Übungssprengsätze gezündet, die einen Angriff auf den Konvoi simulieren. „Die Sprengsätze sind ungefährlich, aber laut. Befinden sich Zivilisten im Bereich der Detonation, kann es zu einem Knalltrauma kommen“, sagt der Feldwebel.

Im Prinzip berge jede einzelne Fahrt mit einem Bundeswehrfahrzeug eine Gefahr für die Zivilisten. „Nicht selten haben die Gäste Kopfhörer auf und hören Musik. Die Fahrzeuge sind trotz ihrer Größe sehr leise. Manchmal ist die Bremse das einzige Geräusch, das man wahrnimmt. Und dann kann es schon zu spät sein“, sagt Küpper.

Schavener Heide

Mit dem Bau der Panzerstraße zwischen Wißkirchen und Firmenich fing 1954 alles an. Damals verteidigten Bauern mit Knüppeln und Dreschflegeln ihr Land gegen die belgischen Kettenfahrzeuge – letztlich erfolglos. Vier Jahre später wurde die Schavener Heide bereits von der belgischen Armee als Truppenübungsplatz genutzt.

Bis 1977 rollten belgische Panzer aus Euskirchen in Richtung Schavener Heide. Das Gelände ließen sie nach ihrem Abzug ziemlich verwüstet zurück. Die Bundeswehr forstete den Bestand wieder auf, die Natur erholte sich.

Auch heute nutzt sie das Areal noch als Übungsgelände. Bis 1996 trainierte das in Euskirchen stationierte Jägerbataillon 532 Reservisten in dem Areal zwischen Firmenich, Satzvey, Schaven und Kommern-Süd. Zu diesem Zeitpunkt waren rund 1000 Soldaten in der Gersdorff-Kaserne in Euskirchen stationiert. (tom)

13 offizielle Zugänge gibt es laut Küpper rund um das Gelände, das komplett militärisches Sperrgebiet ist – sogar der Sportplatz in Satzvey liegt in der Sperrzone. Innerhalb des Sperrgebiets gibt es allerdings verschiedene Bereiche. In einem wird das Werfen von Granaten geübt, in anderen das Anlegen von Trinkwasserbrunnen.

Zahlreiche Schilder weisen auf den militärischen Bereich hin. „Es ist schlicht unmöglich zu behaupten, man habe kein Schild gesehen“, berichtet Küpper. Trotzdem wolle man weitere Hinweistafeln und Schilder aufstellen.

Auch seien Flyer mit Informationen zur Schavener Heide in Arbeit, so der Feldwebel: „Wir freuen uns sehr, dass die Bevölkerung die Schavener Heide so annimmt und für sich als Naherholungsgebiet deklariert. Trotzdem gibt es Regeln zu beachten.“ Dazu gehöre auch, auf die rote Fahne zu achten. Ist sie gehisst, besteht laut Küpper Gefahr für Leib und Leben.

Am Donnerstagmorgen halten sich mindestens zwei Hundebesitzer nicht an die Regeln. Gegen 8 Uhr drehen sie ihre Runde mit ihrem Hund – zu einer Zeit, in der das nicht erlaubt ist. „Ich passe schon auf “, versichert einer der beiden. Er gehe schließlich nur auf der asphaltierten Straße und nicht im Bereich der Übungsstrecken.

Dort können die Soldaten in zehn unterschiedlichen Sektoren die Handhabung der Fahrzeuge unter Extremsituationen üben. Neben der Wasserdurchfahrt gibt es ein Sumpfgelände und Steilstrecken. Die Schavener Heide wird aber nicht nur von fahrenden Einheiten der Bundeswehr genutzt. Auch Soldaten des Fliegerhorstes Nörvenich nutzen das Areal zu Übungszwecken. „Nicht selten werfen sie beispielsweise Nebelgranaten. Auch das ist nicht ungefährlich für Zivilisten“, erklärt Küpper.

Ab dem kommenden Montag führt die Bundespolizei eine Großübung mit Hundertschaften in der Schavener Heide durch. Zudem trainieren an den Wochenenden häufig das DRK und der ASB mit ihren Flächensuchhunden in dem Bereich. Küpper: „Die Anzahl der Nutzungen wird im kommenden Jahr noch steigen. Dabei wird das Übungsgelände schon fast täglich genutzt.“

In den vergangenen Tagen „bearbeitete“ eine Einheit aus Daun die Schavener Heide mit ihren Fahrzeugen und fuhr Spurrillen in den Boden und Schneisen in den Wald. „Das mag komisch klingen, aber es tut der Natur gut“, versichert der Feldwebel: „In den Fahrspuren sammelt sich Wasser. Die Mini-Tümpel bieten beispielsweise Kröten einen Lebensraum.“ Sobald sie die Militärfahrzeuge hören, so Küpper, flüchteten sie.

Wie der Feldwebel versichert, steht die Bundeswehr im ständigen Austausch mit der Biologischen Station, dem Nabu und dem BUND. „Es gibt Bereiche, die werden von uns komplett gemieden. Da darf die Natur Natur sein“, so Küpper. Unter anderem habe deshalb der Ziegenmelker die Schavener Heide für sich entdeckt. „Die Vogelart war früher weit verbreitet. Mittlerweile ist sie selten. Umso schöner ist es, dass sich hier ein paar Brutpaare angesiedelt haben“, freut sich der Feldwebel.

Detaillierte Informationen zu den Schließzeiten der Schavener Heide gibt es unter Tel. 0 22 51/ 9 53 22 77.

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