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Vor 40 JahrenErst auf massiven öffentlichen Druck kam es zum Bau der neuen B 266

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Inzwischen ist die B 266 auch zwischen Kommern und der Zikkurat in Firmenich vierspurig ausgebaut. Im Bereich von Schaven wurde eine Lärmschutzwand errichtet.

Inzwischen ist die B 266 auch zwischen Kommern und der Zikkurat in Firmenich vierspurig ausgebaut. Im Bereich von Schaven wurde eine Lärmschutzwand errichtet.

Mechernich-Firmenich/Obergartzem – Vor 40 Jahren waren es die Bewohner von Firmenich und Obergartzem endgültig leid: Sie forderten vehement eine Umgehungsstraße für den Doppelort. Denn die viel befahrene Bundesstraße 266 führte bis zum 1. Dezember 1980 durch die engen Straßen der beiden Mechernicher Stadtteile.

Auf der etwa vier Kilometer langen Strecke zwischen Schaven und dem heutigen Pendler-Parkplatz in Obergartzem hatten sich zwischen 1968 und 1977 viele schwere Verkehrsunfälle ereignet. Dabei waren 24 Tote, 148 Schwer-, 165 Leichtverletzte und ein Sachschaden von 2,1 Millionen Mark zu beklagen.

Auslöser war ein tödlicher Unfall

„Auslöser für meine Recherchen war ein tödlicher Unfall am 10. März 1977 zwischen Schaven und Firmenich“, erinnert sich der Firmenicher Journalist Rudolph Greuel. Er war an der Unfallstelle von dem Polizisten Günther Friedrich aus Kommern gebeten worden, zu Friedrichs Wohnhaus zu fahren, damit seine Frau den Rettungsdienst informieren könne. Friedrich habe ihm auch gesagt, dass trotz der vielen schweren Unfälle auf der Strecke zwischen Schaven und dem Pendlerparkplatz nichts geschehe, um Abhilfe zu schaffen.

Das rief den Journalisten auf den Plan. Mit einem Beamten der Polizeiwache in Euskirchen erstellte er über mehrere Tage hinweg eine Unfallstatistik. „Da war ja noch nichts digitalisiert. Wir mussten jede Menge Ordner wälzen“, so Greuel. In etlichen Zeitungsartikeln forderte der Journalist die Entschärfung der Straße, Geschwindigkeitsbeschränkungen und natürlich den raschen Bau der Umgehungsstraße, für den sich auch bereits viele Politiker aus dem Kreis Euskirchen eingesetzt hatten.

Doch auch die Bemühungen der damaligen Bundestagsabgeordneten Peter Milz und Otto Graf Lambsdorff, des Landtagsabgeordneten Werner Schumacher, des Landrats Josef Linden und des Mechernicher Stadtdirektors Helmut Rosen schienen das zuständige Ministerium nicht zum raschen Bau der neuen B 266 bewegen zu können. Sie begrüßten daher den nun entstehenden enormen Druck durch die Öffentlichkeit.

Behörden reagierten nur langsam

Tatsächlich kam Bewegung in die Angelegenheit, allerdings nur in geringem Umfang: Zunächst wurden nur kleinere Maßnahmen wie die Entschärfungen der gefährlichsten Kurven vorgenommen. Doch bei der echten Lösung des Problems mahlten die Mühlen der Behörden weiter extrem langsam. Schwere Unfälle ereigneten sich weiterhin, insbesondere in Firmenich und Obergartzem. Verschärft wurde die Situation 1977 durch die Fertigstellung der Autobahn 1 bis zur Anschlussstelle Wißkirchen.

Bis zu 12.000 Fahrzeuge, darunter viele Lastwagen, schlängelten sich täglich durch den Doppelort, um die Autobahnanschlussstelle Wißkirchen oder in umgekehrter Richtung die südlichen Gebiete des Kreises Euskirchen anzusteuern.

„Muss es hier wirklich erst zu einem tödlichen Verkehrsunfall kommen?“, lautete eine Schlagzeile am 31. Januar 1978. Der Bericht wies auf die Gefahren für Bürger und vor allem für Schulkinder durch die Zunahme des Verkehrs in den Ortslagen hin. Nur wenige Tage später geschah es: Ein 14-Jähriger wurde auf dem Bürgersteig in Obergartzem von einem Lastwagen erfasst und getötet.

Dadurch offenbar wachgerüttelt, ging es bei den Behörden nun plötzlich schnell. Geld für die Umgehungsstraße wurde bereitgestellt und das Planfeststellungsverfahren abgeschlossen. Im Frühjahr 1979 wurde mit den ersten Baumaßnahmen für die neue Bundesstraße begonnen. Die Arbeiten gingen rasch voran. Bereits Anfang Dezember 1980 sollte die Straße für den Verkehr freigegeben werden. Wegen des gefüllten Terminkalenders eines Ministers sollte die Freigabe erst am 18. Dezember erfolgen. Darüber ärgerten sich die Bürger und die örtlichen Politiker. Sie setzten sich durch und so wurde die B 266 neu am 1. Dezember – ohne Minister – freigegeben.

Für große Entlastung gesorgt

Der Ausbau der B 266, die zwischenzeitlich von der Zikkurat bis nach Kommern vierspurig ist, hat für große Entlastung in den Orten Firmenich und Obergartzem gesorgt. Laut Thomas Eisbrüggen von Straßen NRW liegt das tägliche Verkehrsaufkommen auf dieser „Lebensader des Schleidener Tals“ zwischen Kommern und der Anschlussstelle Wißkirchen bei 17.000 bis 18.000 Fahrzeugen. War es früher die enge Ortsdurchfahrt, die zur Unfallhäufung führte, so ist es heute der gute Ausbau der Straße, der trotz der Geschwindigkeitsbegrenzungen immer wieder zu schweren Unfällen führt, weil Verkehrsteilnehmer zu schnell fahren.

Laut Pressestelle der Polizei Euskirchen hat es zwischen dem 1. Januar 2007 und dem 1. Dezember 2017 auf der B 266 zwischen Pendlerparkplatz und Schaven drei Unfälle gegeben, bei denen drei Menschen getötet wurden. „Ob es zwischen 1980 und 2007 tödliche Unfälle auf der Strecke gegeben hat, können wir nicht sagen, da unsere digitale Archivierung nur bis 2007 zurückgeht“, sagte der Polizeisprecher.

Auszeichnung

Dem Journalisten Rudolph Greuel wurde für sein journalistisches Engagement im Zuge der Diskussion um die Ortsumgehung Firmenich/Obergartzem 1981 der Christophorus-Autoren-Anerkennungs-Preis verliehen.

Dieser Journalistenpreis wurde von 1957 bis 2010 von der Christophorus-Stiftung im Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft für hervorragende publizistische Leistungen auf dem Gebiet „Sicherheit im Straßenverkehr“ vergeben.

Die Begründung der Jury: „Durch beständig unerschöpfliche Einsatzbereitschaft ist es dem Redakteur gelungen, einen lokalen, alarmierend wachsenden Unfallschwerpunkt zu beseitigen. Er schöpfte die Möglichkeiten publizistischer Einflussnahme willensstark aus.“ (mez)

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