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Eifelhöhen-KlinikEs soll kein viertes Krankenhaus im Kreis Euskirchen entstehen

Lesezeit 4 Minuten
Im schlimmsten Fall einer extremen Infektionswelle könnte das Gebäude der Eifelhöhen-Klinik Entlastung schaffen.

Im schlimmsten Fall einer extremen Infektionswelle könnte das Gebäude der Eifelhöhen-Klinik Entlastung schaffen.

Nettersheim-Marmagen – Für erhebliche Diskussionen in den Sozialen Netzwerken hat die Nachricht gesorgt, der Kreis Euskirchen plane, den Gebäudekomplex der Eifelhöhen-Klinik, die seit Ende April abgewickelt ist, wieder als klinikähnliche Einrichtung zu nutzen – im Katastrophenfall.

Doch dabei gebe es viele Missverständnisse, wie der Allgemeine Vertreter des Landrats, Manfred Poth, und Udo Crespin, ehemaliger Kreisbrandmeister und Abteilungsleiter Gefahrenabwehr und Katastrophenschutz beim Kreis, ausdrücklich betonen.

Es soll kein viertes Krankenhaus im Kreis werden

„Wir erarbeiten ein Konzept für den Bevölkerungs- und Katastrophenschutz. Wir planen keineswegs den Aufbau eines vierten Krankenhauses im Kreis Euskirchen“, stellen Poth und Crespin unisono klar. Der Kreis plane lediglich ein Szenario für den Fall, dass Kliniken und Pflegeeinrichtungen im Kreis derart überlastet seien, dass sie sich weder durch eigene Kraft noch durch überörtliche Hilfe in der Region helfen könnten.

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„Das Krankenhaus-System im Kreis ist gut, und die drei Krankenhäuser in Euskirchen, Mechernich und Schleiden tauschen sich untereinander aus, wenn sie Hilfe brauchen. Ähnliches machen auch die 31 Pflegeheime und die 42 ambulanten Pflegedienste. Aber wenn deren Kapazitäten durch einen sprunghaften Anstieg von Erkrankungen plötzlich nicht mehr ausreichen und auch keine Hilfe aus der Region möglich ist, dann brauchen wir einen Überlauf im Kreis“, so Udo Crespin.

Die professionellen Bevölkerungs- und Katastrophenschützer schauen sich das Objekt an

Es sei die Aufgabe des Katastrophenschutzes, sich auf derartige Worst-Case-Szenarien einzustellen. Da die ehemalige Rehaklinik in Marmagen leer stehe, sei es ganz natürlich, dass sich die professionellen Bevölkerungs- und Katastrophenschützer das Objekt angeschaut hätten, um zu prüfen, ob es für den Katastrophenfall zu annehmbaren Bedingungen nutzbar sei.

Es gehe keineswegs darum, die sehr gut zusammenarbeitenden Krankenhäuser zu umgehen, sondern nur darum, bei einem unerwartet hohen Anstieg von Erkrankungen eine Möglichkeit zu schaffen, Patienten aufzunehmen. In Marmagen, so Manfred Poth, sollten dann weder Corona-Patienten noch andere Patienten versorgt werden, die Operationen oder Beatmungen bräuchten. „Dafür ist das Haus gar nicht eingerichtet“, bestätigte Udo Crespin, der ein Konzept für die Nutzung der ehemaligen Eifelhöhen-Klinik für den Katastrophenfall ausgearbeitet hat.

Politiker warten noch auf wetere Fakten

Das Konzept hatte Crespin am Mittwochnachmittag den Fraktionschefs der Kreistagsfraktionen vorgestellt, die dies laut Kreissprecher Wolfgang Andres zustimmend zur Kenntnis genommen hatten. Erst wenn alle Zahlen und Fakten vorliegen, wollen die Politiker entscheiden.

Noch liegt kein detailliertes Betriebskonzept vor, noch ist der Vertrag mit der Eigentümerin, der Eifelhöhen-Klinik AG in Bonn, nicht ausgehandelt. Doch auch am Donnerstagvormittag habe er mit Dr. Markus-Michael Küthmann, dem Vorstandsvorsitzenden der Aktiengesellschaft, gesprochen, bestätigte Poth. Es gebe bislang weder einen Kostenrahmen noch eine konkrete Vereinbarung.

Es gebe aber das Konzept, in dem Bettenhaus mit Schrägbau zwei Bereiche einzurichten, die dann verfügbar seien, wenn das Krankensystem und die Pflegeeinrichtungen und -dienste unter der Last plötzlich auftretender Massenerkrankungen zusammenbrächen.

Der Katastrophenschutz muss auch auf schwierige Situationen vorbereitet sein

„Momentan sprechen wir von Lockerungen der Corona-Maßnahmen, aber das kann im Herbst schon wieder ganz anders sein“, warnte Crespin. Der Katastrophenschutz müsse auch auf eine solche Situation vorbereitet sein und dafür planen, genauso wie er für einen Atomunfall in Tihange vorbereitet sein müsse.

Begriffe wie „Klinik“ oder „Krankenhaus“ seien nicht richtig. Das wecke falsche Vorstellungen, sagte Manfred Poth. Richtigerweise müsse man von einer Krankenhilfeeinrichtung und einer Pflegehilfeeinrichtung sprechen. Die würden aber erst dann gebraucht, wenn alle bisher gut funktionierenden Systeme überlastet seien.

Es gibt momentan große Kapazitäten in den Kliniken

„Natürlich gibt es jetzt Kurzarbeit in den Krankenhäusern, weil die sich auf Corona eingestellt haben. Deshalb werden verschiebbare Eingriffe erst einmal nicht vorgenommen, und es gibt momentan große Kapazitäten in den Kliniken. Wir müssen aber weiter denken und dafür planen“, argumentiert Manfred Poth.

Der Vorteil der Gebäude der ehemaligen Eifelhöhen-Klinik sei, dass sie vorhanden seien und dass man dort in Ein- und Zweibettzimmern Menschen versorgen könne, ohne Pflegekräfte auf einzelne Notunterkünfte wie Turnhallen oder Zelte aufteilen zu müssen. Zudem existiere noch das gesamte Mobiliar im Klinikgebäude. Es gebe also Betten und Schränke.

Ehemalige oder inaktive Pflegekräften sollen rekrutiert werden

Es gebe jedoch keine Möglichkeit der Beatmung oder der Intensivmedizin. Das bleibe Aufgabe der Krankenhäuser. Personal rekrutiere der Kreis aus ehemaligen oder inaktiven Pflegekräften.

Zudem, so Crespin, solle in einem räumlich abgeteilten Bereich ein Covid-19-Behandlungszentrum entstehen, das all diejenigen aufnehmen solle, die bei sich das Vorliegen einer Covid-19-Erkrankung befürchten. Diese könne man bei einem plötzlich erhöhten Patientenaufkommen nicht mehr in Arztpraxen versorgen.

Der Gebäudekomplex ist sehr groß

Manfred Poth erklärte, die Kreisverwaltung wolle mit ihrer Abteilung Gefahrenabwehr und Katastrophenschutz versuchen, binnen gut drei Wochen auch ein belastbares Betriebssystem für das ehemalige Klinikgebäude zu erstellen. Der Gebäudekomplex sei so groß, dass man ausreichend Reserveflächen habe, falls sich eine Katastrophenlage drastisch zuspitze.

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Der Kreistag soll in einer seiner nächsten Sitzungen über das Konzept befinden. Poth wies Kritik aus den Sozialen Netzwerken zurück, die nach seiner Einschätzung in die falsche Richtung ziele. Denn das, was von dem Konzept bisher in der Öffentlichkeit bekannt sei, habe nichts damit zu tun, Corona-Patienten in einer eigens dafür eingerichteten Klinik zusammenzuführen: „Es geht lediglich darum, Druck aus dem Kessel zu nehmen, wenn alles andere bis zum Anschlag ausgereizt ist.“

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