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Pinke Herzen gegen RassismusKreissportbund Engelskirchen nimmt an Aktionswoche teil

Lesezeit 5 Minuten
Ein Schild, ein Zeichen: Rassistische Beleidigungen gibt es dennoch auf den Sportplätzen – auch im Kreis Euskirchen.

Ein Schild, ein Zeichen: Rassistische Beleidigungen gibt es dennoch auf den Sportplätzen – auch im Kreis Euskirchen.

Euskirchen – „Die Jungs gehen mittlerweile sehr entspannt damit um“, sagt Kevin Greuel, Trainer bei der JSG Erft 01. Vor knapp eineinhalb Jahren erschütterte ein Fall von Rassismus die Fußballballmannschaft mit den jungen Talenten. Sein Gegenspieler habe ihn in Bezug auf seine Hautfarbe zutiefst beleidigt, berichtete damals ein Fußballer, der zu diesem Zeitpunkt bei den D-Junioren der JSG kickte. Er habe geweint, ans Fußballspielen sei nicht mehr zu denken gewesen, so der Junge, der in Deutschland geboren ist und dessen Eltern aus dem Kongo stammen.

Rassismus sei seit der Grundschule sein Begleiter. „Zunächst vermeintlich harmlos – nach dem Motto ,Wenn ich dich anfasse, werde ich auch schwarz?’ Später wurden die Beleidigungen heftiger und ich bin sogar von Mitschülern körperlich angegriffen worden“, berichtete der Gymnasiast. Der Vorfall auf dem Sportplatz habe die Mannschaft verändert, sie noch enger zusammenrückenlassen, berichtet nun Coach Greuel: „Für mich als Trainer und Freund der Jungs ist es auf jeden Fall eine spannende Aufgabe, mit den unterschiedlichen Kulturen umzugehen.“

Online-Training schweißt zusammen

Auch während der Corona-Pause sei das Thema Diskriminierung bei den jungen Fußballern aktuell gewesen. „Ich habe das Online-Training zunächst kritisch gesehen, weil ich dachte, dass das dem einen oder anderen unangenehm sein könnte“, berichtet Greuel: „Beispielsweise, weil man sich das Zimmer mit seinen Geschwistern teilt.“ Letztlich habe aber das die Truppe noch mehr zusammengeschweißt. „Die Runde war locker und man konnte in guten Gesprächen untereinander noch mehr über die Jungs und ihre Kulturen erfahren“, so der Coach: „Der Respekt ist hier einfach da, was mich persönlich sehr stolz macht.“

An diesem Montag beginnen die Internationalen Wochen gegen Rassismus und Diskriminierung. Der Kreissportbund (KSB) beteiligt sich an den Aktionswochen, die bis zum 28. März dauern. Er setzt unter anderem mit einem pinken Herzen ein Zeichen. Beim KSB ist Charlotte Henschen die Fachkraft für Integration. „Wir möchten den Menschen, die unter Rassismus und Diskriminierung leiden, eine Stimme geben“, sagt Henschen. Als Integrationsfachkraft biete sie Vereinen auch Fortbildungen im Kampf gegen Rassismus, gerade gegen Alltagsrassismus, an.

Die Nachfrage halte sich aber in Grenzen, berichtet Henschen: „Es ist eher so, dass ich auf die Vereine zugehe.“ 246 Vereine sind dem KSB angeschlossen. Laut KSB-Geschäftsführer Markus Strauch haben sie zusammen 45 000 Mitglieder. Im Vorfeld an die „Pink gegen Rassismus“-Aktion hätten sich vier Vereine die DINA-A2-Version des Herzens beim KSB bestellt. „Immerhin“, sagt Henschen.

„Das war schon sehr respektlos“

Lisa Bergenthal wurde Opfer von Diskriminierung. Die junge Mechernicherin spielt Rollstuhlbasketball. Sie hat eine genetisch-bedingte Spastik, die die Motorik ihrer Beine einschränkt. Sie sei während der Schulzeit durchaus gehänselt worden. „Ich konnte mich aber immer gut wehren“, sagt die 21-Jährige schmunzelnd.

Prägender sei da schon der Moment gewesen, als sie in der weiterführenden Schule von einer Lehrerin zur Tafel gebeten worden sei. Diese habe zwar nichts von der Einschränkung der 21-Jährigen gewusst, dennoch habe sich die Frage, ob sie denn nicht vernünftig die Füße heben könne, eingebrannt. Zumal die Lehrerin es wenige Wochen später noch einmal gesagt habe, obwohl sie nach dem ersten Vorfall von der Rollstuhlbasketballerin aufgeklärt worden sei. „Das war schon sehr respektlos“, erinnert sich Bergenthal.

Zeichen in den Fenstern

Farbe bekennen gegen Rassismus und Diskriminierung im Sport: Das möchte der Kreissportbund (KSB) mit seinen Sportvereinen in diesem Jahr wörtlich nehmen. In den Internationalen Wochen gegen Rassismus (15. bis 28. März) sollen Sportvereine und deren Mitglieder sowie sportbegeisterte Personen im Kreis an der pinken Herz-Aktion des KSB teilnehmen – um anschließend über die Sozialen Netzwerke ein weithin sichtbares Signal zu senden.

Da Rassismus und Diskriminierung wichtige Themen über Landesgrenzen hinaus seien, haben sich laut Charlotte Henschen, Fachkraft für Integration beim Euskirchener KSB, Sportbünde aus ganz NRW für „Pink gegen Rassismus“ zu einem Aktionsbündnis zusammengetan.

Dazu sollen selbstgebastelte, pinke Herzen in die Fenster gehängt werden. So könne coronakonform die Sportlandschaft pink gefärbt werden. In den Sozialen Netzwerken zeigen sich Henschen zufolge schon jetzt Sportler quer durch alle Sportarten, die sich mit Aktionen in Pink gegen Rassismus sowie Diskriminierung und so für eine weltoffene Sportwelt einsetzen. (tom)

www.pinkgegenrassismus.de

Heute seien es vor allem die Blicke, die sie ernte, wenn sie als 21-Jährige mit einem Stock durch die Stadt gehe. „Ich finde es tatsächlich auch diskriminierend, wenn mir jemand schreibt, dass ich trotz des Rollstuhls und der Einschränkung das Leben so gut meistere“, erzählt sie. Es müsse gar nicht immer eine Beleidigung sein. Sie lebe schließlich mit dem Rollstuhl, habe sich mit ihrer Spastik längst arrangiert.

Alltagsrassismus an der Tagesordnung

André Knips ist Trainer bei der Spvg Ländchen/Sieberath. Migrationsrassismus habe er bisher auf den Plätzen nicht häufig wahrgenommen, Alltagsrassismus sei aber praktisch an der Tagesordnung. „Wir hatten auch schon bei uns mal Zuschauer, die einen rassistischen Spruch gebracht oder Affenlaute imitiert haben. Wir haben das intern geklärt, weil wir uns als Verein da klar positionieren“, sagt er. Beleidigungen gibt es laut Knips auf dem Spielfeld immer wieder: „Wir werden ja auch als Bauern bezeichnet. Das ist in den seltensten Fällen ein Kompliment.“

Beim kurdischen Verein FC Heval Euskirchen habe man sich an Beleidigungen gewöhnt, sagt Vereinssprecher Hasan Yazgi: „Das macht es nicht besser, aber wenn wir uns auf die Provokationen einlassen, ist das auch kontraproduktiv. Dann sind wir die Doofen, weil jeder nur noch über den Verein mit den südlichen Charakteren spricht, der mal wieder über die Stränge geschlagen hat.“

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Ein Basketballer, der namentlich nicht genannt werden möchte, sei ebenfalls schon mehrfach – vor allem während der Partien – von seinen Gegenspielern rassistisch beleidigt worden. „Ich habe gelernt, es an mir abprallen zu lassen oder eben mit Leistung zu überzeugen“, sagt er. Gerade wenn sein Team deutlich führe, nehme die „Beleidigungsorgie“, wie er es nennt, zu. „Ich frage dann meistens meinen Gegenspieler, wie es steht. Dann ist Ruhe“, berichtet der Korbjäger.

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