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Prognose für das Jahr 2035Wie sich der Kreis Euskirchen im Zukunfts-Vergleich schlägt

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Zukunft Euskirchen

Symbolbild

Kreis Euskirchen – Der Kreis Euskirchen wird bis zum Jahr 2035 etwa drei Prozent an Bevölkerung verlieren. Das haben Forscher des Berlin-Instituts für Bevölkerung und Entwicklung ermittelt. Sie haben ganz Deutschland unter die Lupe genommen und Großstadt für Großstadt sowie Kreis für Kreis anhand statistischer Daten benotet.

Entstanden ist daraus die gut 97-seitige Studie „Die demografische Lage der Nation“. Der Kreis Euskirchen bekommt dabei die Gesamtnote 3,68, also eine 4+ und belegt Rang 255 unter 401 Kreisen und kreisfreien Städten. Das Benotungssystem entspricht dem in den Schulen. Auf Platz eins steht die Stadt München, Gesamtnote 2,32, auf dem letzten Rang Gelsenkirchen mit 4,71.

Der Kreis Euskirchen findet sich somit bundesweit im gesicherten Mittelfeld, in NRW (Schnitt 3,83) sogar in der oberen Hälfte wieder. Hier die Noten im einzelnen und was sie bedeuten:

Demografie:

  • Gesamtnote 3,4

Für die Zahl der Kinder erhält der Kreis Euskirchen die Note 3. Diese Note erhalten alle Kreise, wenn die Frauen im Schnitt zwischen 1,65 bis 1,75 Kinder bekommen. Um den Bevölkerungsstand zu halten, brauche es 2,1 Kinder im Schnitt, so die Autoren. Der Anteil der unter 35-Jährigen – je größer, desto besser für die Bevölkerungsentwicklung – liegt im Kreis bei 32 bis 36 Prozent, dafür gibt es die Note Vier.

Rund zehn bis zwölf Prozent im Kreis sind 74 Jahre und älter, was die Wahrscheinlichkeit der Pflegebedürftigkeit erhöht und mithin die kommunalen Haushalte sowie die Sozialkassen belaste: Note Drei.

Bei der durchschnittlichen Lebenserwartung bekommt der Kreis eine Vier. Denn Babys, die hierzulande in den Jahren 2013 bis 2015 geboren wurden, werden im Schnitt zwischen 79 und 81 Jahre alt. „Die Gesundheit und damit die Lebenserwartung“, so die Autoren, „werden durch zwei wesentliche Faktoren bestimmt: dem Sozialstatus und dem Bildungsgrad.

In Regionen, in denen die Bewohner weniger privilegiert seien, erkrankten die Menschen häufiger und sterben früher. Für die Wanderungsbewegungen geben die Forscher dem Kreis Euskirchen wiederum eine Drei. Das durchschnittliche jährliche Wanderungssaldo je 1000 Einwohner lag zwischen 2011 bis 2016 zwischen sechs und neun Prozent.

Wirtschaft

  • Gesamtnote 4,2

Diese Gesamtnote setzt sich aus folgenden Einzelnoten zusammen: Verfügbares Haushaltseinkommen: Note 4. Demnach haben die Haushalte im Kreis im Schnitt ein Jahreseinkommen von 19 000 bis 21 700 Euro pro Einwohner. Für das Bruttoinlandsprodukt gab es ebenfalls eine Vier, ebenso wie für den Anteil der Arbeitslosen und Sozialhilfeempfänger (5-6 Prozent) und die kommunalen Schulden. Schlechte Noten, nämlich jeweils eine Fünf, bekommt der Kreis im Bereich Frauenbeschäftigung und Altersbeschäftigung. Die erhalten Kreise und kreisfreie Städte, wenn zwischen 54 und 59 Prozent der Frauen im Alter zwischen 25 und 49 Jahren und 47 bis 51 Prozent der 50- bis 64-Jährigen sozialversicherungspflichtig beschäftigt sind.

„Weniger Nachwuchs führt dazu, dass die Deutschen künftig länger arbeiten müssen“, so die Autoren der Studie. Die Beschäftigungsquote der über 50-Jährigen zeige, wie gut eine Region darauf vorbereitet ist.

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Auch die Beschäftigung im Allgemeinen bekam eine Fünf – unter den 20- bis 64-Jährigen liegt der Anteil der Beschäftigen demnach bei 53 bis 58 Prozent. Für den Fremdenverkehr erhielt der Kreis eine Drei, weil im Mittelwert der Jahre 2012 bis 2016 die Zahl der Übernachtungen bei 3,66 bis 6,81 lag. Die Chancen von Migranten auf dem Arbeitsmarkt im Kreis wurde mit einer Vier bewertet, das Bruttoinlandsprodukt und die kommunalen Schulden ebenfalls.

Bildung

  • Gesamtnote: 3,3

Zwischen vier und sechs Prozent liegt laut Studie der Anteil der Schulabgänger ohne Abschluss im Kreis. Dafür gibt es eine Drei, denn bundesweit liegt er bei sechs Prozent. Der Bereich Jugendarbeitslosigkeit wurde mit Drei benotet (zwei bis drei Prozent der 15- bis 24-Jährigen im Kreis) und die Anzahl der Hochqualifizierten mit Vier: Zwischen 8 und 11 Prozent der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten 2017 haben einen akademischen Abschluss.

Familienfreundlichkeit

  • Gesamtnote 3,7

In der Kategorie Elterngeldbezieher erreicht der Kreis eine Vier. Diese Note bekommen alle Kreise, in denen auf jeden Vater, der Elterngeld bezieht, 6 bis 8 Mütter kommen, die diese Leistung erhalten.

„Je mehr Väter Elterngeld beziehen, desto gleichwertiger beteiligen sie sich vermutlich an der Familienarbeit“, begründen die Autoren den Zusammenhang: „Der Indikator steht für das Maß der Gleichberechtigung in einer Region.“

Auch für die Kinderbetreuung bekommt der Kreis eine Vier, denn nur 17 bis 24 Prozent der unter Sechsjährigen wurden laut Studie 2016 ganztägig in einer Kindertagesstätte betreut, sodass die Eltern leichter Beruf und Familie verbinden konnten. Auch das ist nach Ansicht der Autoren ein Indikator für demografische Zukunftsfähigkeit .

In Sachen Wohnraum geben die Fachleute dem Kreis eine Drei, weil 90 bis 94 Prozent der Wohnungen 2016 drei oder mehr Räume hatten. „Ein hoher Anteil von großen Räumen spricht für Familienfreundlichkeit“, heißt es in der Studie.

So reagiert die Kreisverwaltung auf die Studie

Statistische Werte und Vergleiche seien ein Instrument der wissenschaftlichen Analyse, heißt es in der Stellungnahme der Kreisverwaltung zur Studie „Die demografische Lage der Nation“ .

„Ob und inwiefern ein Kreis zukunftsfähig ist, ergeben sich sicherlich nicht ausschließlich aus den in der Studie zugrunde gelegten Indikatoren“, heißt es weiter: „Vielmehr spielen weitere, weichere Faktoren eine wichtige Rolle, zum Beispiel die Lebensqualität und die Politik.“

Es stelle sich auch die Frage, für wen der Kreis zukunftsfähig sein soll: „Das sind in erster Linie die Bürgerinnen und Bürger vor Ort, die lokalen Wirtschaftsunternehmen und die schützenswerte Landschaft.“

Zu der Note Fünf für die Beschäftigung von Frauen im Kreis heißt es: „Im NRW-Vergleich wird deutlich, dass von der Note 5 und schlechter die meisten Kreise und kreisfreien Städte betroffen sind.“ Die Bestnote 3 beim Indikator Beschäftigung sei am wenigsten vergeben, das relativiere das Ergebnis für den Kreis.

Die Defizite seien bereits vor Jahren erkannt worden: „Der Kreis Euskirchen ist mit der Arbeitsagentur Brühl und dem Jobcenter EU-aktiv Partner des Kompetenzzentrums Frau und Beruf der Region Aachen. Die Steigerung der Erwerbsbeteiligung von Frauen sei ein zentrales Handlungsfeld.

„Im Wirtschaftsraum Region Aachen schneidet der Kreis Euskirchen insgesamt und im Bereich Wirtschaft am besten ab“, so die Kreispressestelle. Sie weist daraufhin, dass die Daten in der Studie zum Teil aus dem Jahr 2015 stammen. 

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