Prozess um EinbürgerungFrüherer IS-Mann klagt gegen Kreis Euskirchen

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Das Justizzentrum in Aachen (Symbolbild)

Bad Münstereifel/Aachen – Ein 2019 als Terrorist verurteilter Deutsch-Marokkaner aus Bad Münstereifel wehrt sich juristisch gegen den Verlust der deutschen Staatsbürgerschaft. Der Kreis Euskirchen hatte seine Einbürgerung per Verfügung vom 30. März 2017 zurückgenommen. Dagegen klagt der 30-jährige Said M. (Name geändert) am Verwaltungsgericht Aachen.

Die 9. Kammer unter dem Vorsitz von Richter Frank Dick vernahm in einer mündlichen Verhandlung jetzt eine Reihe von Zeugen. Eine Entscheidung fällte sie noch nicht.

Verfassungsschutz hatte keine Bedenken

Als M., der seit seiner Geburt im Münstereifeler Stadtgebiet lebt, seine Einbürgerung beantragt hatte, lief das übliche Verwaltungsverfahren an. Er legte ein Bekenntnis zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung ab, die Ausländerbehörde des Kreises holte Erkundungen beim Verfassungsschutz ein, der keine Bedenken äußerte. Nachdem Said M. am 2. Mai 2012 seinen Eid geleistet hatte, erhielt er seine Einbürgerungsurkunde.

Am 24. Januar 2017 spielten sich in seinem Wohnort, einem Münstereifeler Ortsteil, aufsehenerregende Szenen ab. Dutzende Polizisten waren im Einsatz, als Spezialeinheiten Said M. und seinen neun Jahre älteren Bruder festnahmen. Im Januar 2019 wurde das Duo am Oberlandesgericht Düsseldorf zu Gefängnisstrafen verurteilt.

Zu fünf Jahren und drei Monaten Haft verurteilt

Gegen Said M. verhängte das Gericht wegen Mitgliedschaft in der terroristischen Vereinigung „Islamischer Staat“ (IS) fünf Jahre und drei Monate Haft, gegen seinen Bruder dreieinhalb Jahre wegen der Vorbereitung schwerer staatsgefährdender Straftaten. Beide sind heute wieder auf freiem Fuß. Said M. wurde im Oktober 2021 aus der Haft entlassen. Der Vollzug der restlichen Strafe ist zur Bewährung ausgesetzt worden.

2013 war M. über Ägypten nach Syrien gereist, um sich der Terror-Miliz IS anzuschließen. Ermittlungen der Generalbundesanwaltschaft in diesem Zusammenhang, so die Darstellung des Kreises, hätten ergeben, dass er bereits seit Sommer 2011, also auch zum Zeitpunkt seiner Einbürgerung, Mitglied einer radikal islamischen Gruppe in Euskirchen gewesen sei.

Als terroristische Vereinigung eingestuft

Der Verfassungsschutz habe diese Gruppe als terroristische Vereinigung eingestuft, sagte eine Vertreterin des Kreises in Aachen. M. habe seine Mitgliedschaft in der Gruppierung verschwiegen, die Einbürgerung also durch eine arglistige Täuschung erwirkt. Daher sei sie rechtswidrig. Sie beruhe auf einem falschen Bekenntnis zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung. So kam es zu der Rücknahmeverfügung vom 30. März 2017, gegen die der 30-Jährige Klage erhoben hat.

„Loser Verbund von Moschee-Besuchern“

Sein Rechtsanwalt wies den Vorwurf zurück, dass es sich bei der Euskirchener Gruppe um eine terroristische Vereinigung gehandelt habe. „Das war vielmehr ein loser Verbund von Männern, die in die Moschee gingen und das Ziel verfolgten, den Islam zu verbreiten.“

Said M. erklärte, er habe als damaliger Informatik-Student für die Gruppe eine Internet-Seite erstellt, die auf seinen Namen registriert worden sei. Sie sei genutzt worden, um Termine bekanntzugeben, etwa für Vorträge über den Islam und gemeinsame Freizeitaktionen. Weitere Inhalte habe er nicht eingefügt.

V-Mann beruft sich auf Erinnerungslücken

Damit trat er der Vorhaltung entgegen, er sei verantwortlich für Verlinkungen auf Internet-Seiten mit radikalem Inhalt. Der Vorwurf, er sei schon damals radikalisiert gewesen, sei „an den Haaren herbeigezogen“. Ihm sei es darum gegangen, Vorurteile gegen den Islam abzubauen.

Drei Zeugen, darunter der Bruder von Said M., stützten dessen Aussagen. Auch ein 37-Jähriger sagte aus, der als V-Mann dem Staatsschutz über die Gruppe berichtet hatte. Ob M. „salafistische Bestrebungen verfolgt“ habe, wisse er nicht. Für konkrete Erinnerungen liege die Zeit, um die es gehe, zu weit zurück.

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