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Schäden an AutosImmer mehr Marder in der Eifel

Lesezeit 5 Minuten
Sichtlich wohl fühlt sich diese Marderdame, die auf den Namen Kyra hört, in dem Motorraum.

Sichtlich wohl fühlt sich diese Marderdame, die auf den Namen Kyra hört, in dem Motorraum.

Kreis Euskirchen – Es gibt Situationen, da bekommen selbst routinierte Autofahrer einen ordentlichen Schreck: Wenn nämlich plötzlich im Armaturenbrett eine Warnlampe wild blinkt, der Wagen nur noch kriecht statt fährt und der Blick ins Handbuch sagt: „Fahren Sie sofort zur nächstgelegenen Fachwerkstatt.“

Dort weiß man oft sofort Bescheid, wenn die Symptome geschildert werden. „Das war ein Marder!“, so die Diagnose, bevor der Experte auch nur einen Blick in den Motorraum geworfen hatte. Nach der Öffnung wird seine Theorie bestätigt: Ein Schlauch ist komplett durchgebissen, etliche andere sind angeknabbert.

„Das haben wir in letzter Zeit immer häufiger“, erklärt der Serviceberater. Offenbar gebe es immer mehr Marder. Das Gewirr von Schläuchen hat er dank eingelagerter Ersatzteile binnen einer halben Stunde repariert. Von Autos hat der Mann wirklich Ahnung. Aber kennt er sich auch mit der Tierwelt aus?

Offenbar ja. „Der Bestand an kleinen Raubtieren wie Steinmardern, Füchsen und Dachsen hat stark zugenommen“, bestätigt Etienne Cousin, der Marderbeauftragte der Kreisjägerschaft Euskirchen. Diese Entwicklung habe im Wesentlichen drei Gründe. Durch den Klimawandel seien die Winter immer milder. Dadurch kämen die Tiere besser über die ehemals kalte Jahreszeit und die Reproduktionsrate steige.

Zweiter Grund für die Zunahme sei, so Cousin, dass für die Jagd immer strengere Vorschriften gelten würden, eine intensive Bejagung gebe es nicht mehr. So seien zum Beispiel bei der Marderjagd nur Lebendfallen erlaubt. Zudem reiche der normale Jagdschein dafür nicht mehr aus, spezielle Zertifikate seien erforderlich.

Die Forschung

Autohersteller versuchen, Marderschäden an ihren Produkten zu vermeiden. Doch dies ist schwer, denn der Motorraum lässt sich natürlich nicht komplett abdichten.

Filmaufnahmen mit einem Marder gab zum Beispiel die Firma Audi in Auftrag. Die dressierte Marderdame Kyra sollte den Ingenieuren zeigen, welche Wege ein Marder im auto nimmt. Nun versucht der Autohersteller, Kabel mit einer speziellen Ummantelung zu schützen. (jop)

https://blog.audi.de/qualitaetssicherung-der-marder-im-audi/

Außerdem steige das Nahrungsangebot ständig, nannte der Marderbeauftragte den dritten Grund. Die kleinen Jäger würden immer weiter in Städte vordringen, wo sie zum Beispiel in Mülltonnen genügend Nahrung finden.

„Es gibt immer mehr Leute, die Ärger mit Mardern im und am Haus sowie am Auto haben“, berichtet der 25-jährige Berufsjäger. Deshalb habe die Kreisjägerschaft ihn, so Cousin weiter, vor rund einem halben Jahr gefragt, ob er nicht Marderbeauftragter werden wolle. Seit seine Telefonnummer auf der Homepage der Kreisjägerschaft veröffentlicht wurde, erhalte er regelmäßig Anfragen.

„Raubwild ist sehr schlau“

„Oft werden diese Tiere als doof dargestellt, doch das stimmt nicht: Raubwild ist sehr schlau“, erklärt er. Einen Marder mit einer Falle zu fangen, sei ein äußerst langwieriges Unterfangen. Man müsse das Tier zunächst über mehrere Wochen mit Futter anlocken, bevor es in eine Falle gehe. Und wenn man den gefangenen Marder woanders ausgesetzt habe, dauere es meist nicht lange, bis ein Artgenosse auftauche. Cousin: „Wenn ein Revier frei wird, ist es nur eine Frage der Zeit, bis der nächste Marder das entdeckt.“

Besonders schlimm könne es Hausbesitzer treffen, deren Dächer gut isoliert sind. Denn gerade die Isolierung gefalle den Mardern bestens. „Ich hatte einmal einen Hausbesitzer, dem ein Marder die Dachisolierung stark beschädigt hatte“, so Cousin. In einem solchen Fall helfe nur, das Tier zu vergrämen, in dem man zum Beispiel etwas Hundefell auf dem Dachboden verstreue. Denn die Jagd sei in bebauten Bereichen verboten. „Wenn der Marder vertrieben ist, muss man sofort jedes kleine Loch am Haus abdichten“, sagt Cousin. Denn Marder benötigten nur eine kleine Öffnung, um hindurchzuschlüpfen. Für Autofahrer hat der Berufsjäger zwei Empfehlungen: „Entweder sollte man ein Ultraschallgerät in den Motorraum einbauen lassen, oder auf seinem Parkplatz Kaninchendraht auslegen.“ Ganz sicher vor Marderschäden sei man aber auch dann nicht.

In der Landwirtschaft sind eher Mäuse ein Problem

Der Obermeister der Kfz-Innung im Kreis Euskirchen, Willi Fetten, hat folgende Erklärung für die Vorliebe der Marder für Autos: „Im Winter sind die Motorräume schön warm. Wenn man den Wagen abgestellt hat, kriechen die Marder dort hinein, um es gemütlich zu haben.“

Besonders betroffen seien Autofahrer, die auf dem Land, speziell an Ortsrändern, wohnen. Doch auch in der Stadt sei man vor entsprechenden Schäden nicht sicher. Fetten: „Ich wohne in Euskirchen, auch in unserer Straße gab es schon einen Marder.“

Wer großes Pech habe, müsse enorme Schäden reparieren lassen. „Die Bandbreite der Reparaturkosten reicht meist von 50 bis zu 1000 Euro“, so der Obermeister. Das absolute Schreckensszenario sehe folgendermaßen aus: Der Marder ritze mit seinen spitzen Zähnen den Kühlschlauch an. Aus dem winzigen Loch, trete nach und nach Wasser aus. Infolgedessen überhitze der Motor. Falls man das nicht bemerke, könne ein kapitaler Motorschaden auftreten.

In der Landwirtschaft sind die Schäden, die Marder verursachen, hingegen gering. Für Hühner seien Marder eher keine Bedrohung, so Bernhard Rüb, Pressesprecher der Landwirtschaftskammer NRW. „Zur Landwirtschaftskammer gehören nur Betriebe ab 3000 Hühner“, erklärt er weiter. Diese Betriebe seien entsprechend gesichert. Denn Füchse und Raubvögel hätten es auf Hühner abgesehen.

Mäuse hingegen würden in der Landwirtschaft weit mehr Schäden verursachen als Marder oder Fuchs . „Es gibt kaum noch Mittel, die gegen Mäuse eingesetzt werden dürfen“, sagt der Pressesprecher.

Beschleunigt das derzeit herrschende milde Winterwetter die Vermehrung der Mäuse? Nein, antwortet Rüb. „Es ist ein weit verbreiteter Irrtum, dass harte Winter Schädlinge ausrotten“, sagt. Da zur Zeit kein Schnee liege, könnten Greifvögel die Mäuse viel besser erkennen. „In kälteren Wintern können sie sich gut unter der Schneedecke verstecken“, so Rüb.

Erkältungen und Atemwegserkrankungen machten zur Zeit vielen Mäusen zu schaffen. Und bei dem starken Regen können sie auch in ihren Löchern ertrinken. (jop)

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