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Nach Brand in SchleidenGroßaktion bringt 20 neue Hinweise

Lesezeit 4 Minuten
Jede Beobachtung kann wichtig sein: Eva Winkel (2.v.r.) spricht am Sturmius-Gymnasium mit Schülern.

Jede Beobachtung kann wichtig sein: Eva Winkel (2.v.r.) spricht am Sturmius-Gymnasium mit Schülern.

Schleiden – „Schaut euch die Jacke noch mal genau an, die Knöpfe.“ Immer wieder spricht Eva Winkel bei den Schülern am Johannes-Sturmius-Gymnasium dieses Detail an. Sie reicht ihnen die Fahndungszettel, auf denen auch die Bilder der Person abgedruckt sind, die möglicherweise die Brände im Gymnasium gelegt hat. Bei der Euskirchener Kripo hat Winkel in der Regel mit Jugendkriminalität zu tun. Es ist deutlich zu spüren, dass sie die Sprache der Jugendlichen spricht, schnell kommen Gespräche zustande.

Dutzende, Hunderte Male sprechen Polizisten an diesem Montag in Schleiden die Leute an. Mit den Schülern kommen sie am und im Sturmius-Gymnasium, an der Clara-Fey- und an der Realschule ins Gespräch. Auf dem Markt und dem Rewe-Parkplatz in Oberhausen haben sie Stationen eingerichtet. Die übrigen der 40 Polizisten, die an diesem Tag in Schleiden sind, erledigen das klassische „Klinkenputzen“: Sie gehen von Tür zu Tür, zeigen die Fahndungsfotos und bitten um Hinweise.

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Während zahlreiche Schüler mittags ihren Bus erwischen müssen, kommen mit denen, die auch nachmittags Unterricht haben, viele Gespräche zustande. In den Schulen war über die Aktion informiert worden – etwa durch Lautsprecherdurchsagen an der Clara-Fey-Schule, wie Polizist Reiner Vasters erklärt.

Suche nach kleinen Details

Die Aktion ist willkommen. „Schön, dass Sie hier sind“, begrüßt etwa der stellvertretende Schulleiter des Sturmius-Gymnasiums, Stefan Marenbach, die Polizisten in der Schule.

Die Bilder der oder des Verdächtigen sind den Schülern bestens bekannt. Auch wenn sie die zigmal auf ihren Smartphones studiert haben, schauen sie gemeinsam mit Winkel und ihrer Kollegin Eva Osten noch mal ganz genau hin. Häufig schütteln sie den Kopf. Nein, etwas Neues haben sie nicht entdeckt.

Doch um den ganz großen Durchbruch geht es den Polizisten gar nicht mal – auch wenn der natürlich schön wäre. Es sind die kleinen, die vermeintlich unwichtigen Dinge, die ein Teil des Puzzles werden können, dessen Zusammensetzen die Ermittler zum Täter führt. Wieder wird nach der Jacke gefragt: Ob vielleicht jemand eine solche hat? Ob die vielleicht jemand nicht mehr trägt und nun eine neue Jacke hat? Auch wer die Bilder und Videos schon oft gesehen hat, habe zuweilen noch einen Geistesblitz, wenn man sich noch mal darüber unterhalte, ermutigt Winkel die Schüler.

„Ich hab’ gehört...“, dies ist bei manch einem Gespräch mit den Schülern zu vernehmen. Auch hier ermutigt Eva Winkel sie zu erzählen: „Wenn ihr alles für euch behaltet, erfahren wir nichts.“ Die Gerüchteküche brodelt zwar mächtig in Schleiden, doch auch darin können sich für die Polizei wertvolle Informationen verstecken. Oder die Gefahr einer falschen Verdächtigung bergen, wie eine Schülerin berichtet. Von ihren Gedanken, dass sie „jemanden im Kopf hat“, habe sie daheim erzählt. Und ihr Vater habe sie eindringlich gefragt, ob sie denn sicher sei – sie solle bitte vorsichtig sein, haltlose Verdächtigungen in den Raum zu stellen. Auch hier beruhigt Winkel: Eine Info an die Polizei ist nun wahrlich kein Aushang am Schwarzen Brett.

Ein mulmiges Gefühl

Insgesamt beschäftigt die Schüler das Thema immer noch enorm. Dass sie ein mulmiges Gefühl haben und „immer wieder einen leichten Schauer kriegen“, berichten zwei Mädchen aus der Oberstufe. Dass der Brandstifter aus der Schule kommt, können sie sich nicht mehr vorstellen. „Wir haben doch so um unsere Schule gekämpft, haben so eine enge Gemeinschaft hier“, sagen sie: So sehr würde keiner der Schule schaden wollen.

Dass das Thema nicht nur in den Schulen, sondern überall in Schleiden enorm präsent ist, spüren die Polizisten. „Jeder weiß Bescheid“, sagt Polizei-Sprecher Lothar Willems: „Es besteht ein sehr hohes Interesse, dass der- oder diejenige gefasst wird.“ Ob der nächtlichen Tatzeit sei es nicht leicht, dazu konkrete Hinweise zu erhalten, sagt Willems. Genauso wichtig sei auch die Zeit vor und nach dem Brand. Und eben die Jacke, nach der immer wieder gefragt wird.

Mehr als 30 Hinweise hat die Polizei bis Montag erhalten. 20 weitere kommen im Rahmen dieser Aktion hinzu – das sind mehr, als die Polizei laut Willems erwartet hat. Teilweise seien den Polizisten auch Namen genannt worden – und keiner, der der Polizei einen Tipp gegeben hat, habe anonym bleiben wollen. „Es war ein guter, ein wertvoller Tag“, sagt Willems: „Aber wertvoll wäre er schon gewesen, wenn wir nur einen Hinweis bekommen hätten.“

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