Neue Pilzart entdecktAuf Trüffelsuche im Nationalpark Eifel

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Dr. Lothar Krieglsteiner hat zur Pilzinventur Verstärkung mitgebracht: Sabine Hörnicke und die Trüffelhunde Jule (l.) und Millie.

Dr. Lothar Krieglsteiner hat zur Pilzinventur Verstärkung mitgebracht: Sabine Hörnicke und die Trüffelhunde Jule (l.) und Millie.

Gemünd – Seit 2004 besteht der Nationalpark Eifel. Seitdem reist auch Dr. Lothar Krieglsteiner, Biologe aus Spraitbach bei Schwäbisch-Gmünd, immer wieder in die Eifel, um für die Nationalparkverwaltung auf wissenschaftliche Pilzsuche zu gehen.

Nun hatte er zum ersten Mal Verstärkung mitgebracht, um auch die im Boden verborgen lebenden Trüffelpilze finden zu können. Sabine Hörnicke, geprüfte Trüffelberaterin aus Niederkassel, war zwei Tage lang mit der von ihr ausgebildeten, elfjährigen Hündin Jule und deren junger Partnerin Mille auf der Suche nach den sonst so schwer auffindbaren Pilzen

„Das Ergebnis ist klasse“, berichtet Hörnicke erfreut: „Die diesjährige Suche war mehr als erfolgreich. Wir haben in zwei Tagen mindestens 15 Trüffelarten gefunden. Ein solches Ergebnis in einer solch kurzen zeit und an ganz unterschiedlichen Standorten – von Auwäldern über Buchen- und Mischwälder – ist erstaunlich.“ Die genaue Anzahl könne sie noch nicht nennen, da noch einige Bestimmungen ausstehen. Weltweit gibt es etwa 240 Trüffel-Arten.

Krieglsteiner hat während seiner einwöchigen Suche insgesamt 70 Pilzarten gefunden, von denen bislang nicht bekannt war, dass sie auch im Nationalpark vorkommen. Dazu machte Krieglsteiner eine besondere Entdeckung. „Ein Fund im Nationalpark wurde sogar erstmals als neue Art beschrieben, der Becherling Micropeziza zottoi“, so der Pilzexperte.

Manche Pilze schieben ihre Fruchtkörper aus dem Waldboden, manche leben wie die Trüffel im Verborgenen unter der Erdoberfläche. Ihnen konnte die Nationalparkverwaltung nun erstmals mit Hilfe von Hörnicke und ihren Hunden auf die Spur kommen.

Unter den Pilzen sind vielen Naturfreunden nur schmackhafte Hutpilze wie Marone, Steinpilz oder Pfifferling bekannt. Gourmets schätzen Schwarze oder Weiße Trüffel. Bei den im Nationalpark vorkommenden Trüffeln handelt es sich jedoch nicht um die bei Feinschmeckern beliebten, essbaren Arten.

Es sind stattdessen die Gemeine Balsamtrüffel, Punktierte Hirschtrüffel oder Stinkende Trüffel. „Sie sind allesamt für den Menschen ungenießbar, jedoch umso wichtiger für die Ökologie ihres Lebensraums“, erklärt Annette Simantke vom Fachgebiet Kommunikation und Naturerleben bei der Nationalparkverwaltung.

„Für uns steht bei der Suche nach heimischen Trüffeln wie auch nach anderen Pilzen das Ziel im Vordergrund, den Artenbestand im Nationalpark möglichst vollständig zu erfassen“, sagt Dr. Andreas Pardey, kommissarischer Fachgebietsleiter Forschung und Dokumentation. Schließlich müssten die nachfolgenden Wissenschaftler-Generationen für ihre Untersuchungen zur Entwicklung der Nationalparkwälder Ausgangsdaten zur Verfügung haben.

„Wir haben an den zwei Tagen natürlich nur einen kurzen Einblick in die Trüffelvorkommen im Nationalpark Eifel gewinnen können“, so Hörnicke. Doch der habe sich bereits gelohnt: „Wir haben schon viele Erkenntnisse gewinnen können.“ Die wichtigste davon sei, dass das Schutzgebiet ein toller Lebensraum sei, auf und in dem viele unterschiedliche Arten existierten. Ein Lob spricht sie der Nationalparkverwaltung aus, die durch den Einsatz der Trüffelsuchhunde in ihrem Schutzgebiet auch ein wenig Pionierarbeit geleistet habe. Hörnicke: „Der Einsatz der Tiere ist hier in Deutschland nicht so üblich.“

Stolz ist Hörnicke auf Hündin Jule: „Sie ist eine richtige Forschungshündin. Die Arbeit fordert den Tieren sehr viel ab.“ Ähnlich wie etwa Leichenspürhunde müssten auch Trüffelsuchhunde nach etwa 40 Minuten eine Pause einlegen.

An den beiden Tagen sei Jule aber von vormittags bis nachmittags mit den kleinen Auszeiten unterwegs gewesen: „Sie verfügt über eine wahnsinnige Kondition. Sie hat sich das selbst angeeignet.“ Ob Jule in der Eifel wieder zum Einsatz kommt, steht noch nicht fest.

Die Pilze und das Ökosystem Wald

„Pilze sind wichtige Bestandteile des Ökosystems Wald“, erläutert Dr. Andreas Pardey von der Nationalparkverwaltung. „Sie zersetzen verwelkende Pflanzen und Totholz und entwickeln auf diese Weise zusammen mit anderen Bodenorganismen die Humusschicht.“ In dieser Humusschicht stehen die Nährstoffe aus dem abgestorbenen Pflanzenmaterial wieder als natürlicher Dünger für Bäume, Sträucher und Kräuter zur Verfügung.

Mit vielen Pilzarten gehen Bäume und andere Pflanzen enge symbiotische Lebensgemeinschaften ein, von denen beide profitieren. Während die Pilze die Wasser- und Mineralstoffversorgung der Pflanzen verbessern, versorgen diese die Pilze mit zuckerhaltigen Nährstoffen. Auch die Trüffel leben in enger Verbindung mit den Wurzeln ihrer Wirtspflanzen, bei denen es sich meist um Laubbäume handelt.

Im Nationalpark Eifel ist das Sammeln von Pilzen verboten. Dort stehen – wie die Pflanzen und Tiere – auch alle Pilze wegen ihrer wichtigen Rolle im Ökosystem Wald unter strengem Schutz. Nur Wissenschaftler dürfen dort mit Ausnahmegenehmigungen auf Pilzsuche gehen, um den Artenbestand zu erfassen.

Inzwischen sind über 1880 Pilzarten im Nationalpark Eifel kartiert worden. Davon stehen 401 als bestandsgefährdet auf den Roten Listen oder gelten als Neufunde für Nordrhein-Westfalen, manche gar deutschlandweit. „Damit kann sich der Nationalpark Eifel unter den Großschutzgebieten Deutschlands sehen lassen“, so Dr. Pardey. (bk)

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