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Schleidener Bürgermeister im Interview„Wir haben Großprojekte vor der Brust“

Lesezeit 7 Minuten
In einer turbulenten Zeit nahm Ingo Pfennings 2018 seine Arbeit auf. Im Rathaus und im Stadtgebiet wurde in den vergangenen zwölf Monaten einiges bewegt.

In einer turbulenten Zeit nahm Ingo Pfennings 2018 seine Arbeit auf. Im Rathaus und im Stadtgebiet wurde in den vergangenen zwölf Monaten einiges bewegt.

  • Ingo Pfennings ist seit einem Jahr Bürgermeister in Schleiden.
  • Im Interview zieht er Bilanz über die Amtszeit.
  • Und er spricht über die künftigen Aufgaben des Orts.

Schleiden – Am 20. Dezember 2018 wurde Ingo Pfennings als Bürgermeister von Schleiden vereidigt. Wie das erste Jahr als Verwaltungschef war – sowohl beruflich als auch privat – und welche Projekte oder Erwartungen er für die kommenden Jahre hat, berichtet er hier.

Das ist Ingo Pfennings

Ingo Pfennings wurde am 11. Oktober 1984 in Euskirchen geboren. Er ist verheiratet und hat einen Sohn. Mit seiner Familie lebt er in Bad Münstereifel. Seit 17 Jahren ist Pfennings kommunalpolitisch tätig, war stellvertretender Fraktionsvorsitzender der CDU in Bad Münstereifel, sachkundiger Bürger des Kreises Euskirchen sowie Kreisvorsitzender der Jungen Union und ist seit Kurzem stellvertretender Kreisvorsitzender der CDU. Der Veranstaltungsfachwirt arbeitete bis zu seinem Amtsantritt am 20. Dezember 2018 als Projekt- und Vertriebsleiter einer Agentur. Die Ausbildung zum Veranstaltungskaufmann absolvierte er zum Teil bei der Stadtverwaltung Bad Münstereifel.

Vor einem Jahr haben Sie das Chefbüro im Rathaus übernommen. Wie liefen die ersten Wochen ab?

Pfennings: Man merkte natürlich, was für eine Zeit das war. Der Posten des Bürgermeisters war drei Wochen unbesetzt gewesen und auf dem Tisch stapelten sich die abzuarbeitenden Unterlagen. Auch war es die Startphase des Wiederaufbaus nach den Bränden im Sturmius-Gymnasium. Den Luxus, vom Beigeordneten Marcel Wolter eingearbeitet zu werden, hatte ich nicht, da er in die Arbeitsabläufe komplett eingebunden war. Ich war deshalb froh, dass ich politische Erfahrung mitbrachte und mir etwa Ratsvorlagen nicht fremd waren.

Auch privat haben Sie ein ereignisreiches Jahr hinter sich. Was noch aussteht, ist der Umzug nach Schleiden. Gibt es da Pläne?

Genau, ich bin Vater geworden. Allerdings war durch den Wahlkampf und Amtsantritt an ein normales Familienleben, geschweige denn an Elternzeit, nicht zu denken. Den Umzug haben wir momentan auch wegen der gesundheitlichen Situation meiner Frau zurückgestellt. Im ersten Jahr als Bürgermeister war ich im Schnitt 70 Stunden pro Woche im Einsatz. Da merkt niemand, ob ich hier wohne oder nicht. Im Gegenteil, ich bin hier überall sehr offen und freundlich empfangen worden. Dafür bedanke ich mich ausdrücklich!

Warum haben Sie die Verwaltungs-Strukturen geändert?

Die Schleidener Verwaltung arbeitete auch bei meinem Amtsantritt kompetent, zuverlässig und genießt einen guten Ruf. Mit Marcel Wolter habe ich eine optimale Ergänzung zu meinen Schwerpunkten in Wirtschafts- und Tourismusförderung. Deshalb wollte ich eigentlich erstmal alles so lassen, wie es war. Leider kam uns die Redelegation SGB XII, also des Bereichs Sozialhilfe, dazwischen.

Was bedeutete das?

Der Kreis hat Aufgaben wieder übernommen, die sonst bei der Stadt lagen und die wir für die Gemeinden Kall, Hellenthal, Dahlem, Nettersheim und Blankenheim mit übernommen hatten. Die fünf betroffenen Mitarbeiter wollten trotz Angeboten vom Kreis bei der Stadt bleiben. Deshalb mussten wir nach Rücksprache mit dem Rat das Organigramm anpacken, um diese unterzubringen. Das haben wir geschafft. Die meisten der knapp 100 Verwaltungsmitarbeiter sind inzwischen mit der Neustrukturierung zufrieden.

Nachhaltigkeit, genauer der Ausbau von regenerativen Energien war Thema in Ihrem Wahlkampf. Da ist aber noch Luft nach oben...

Es sind noch zwei Windkraftanlagen am Ende des Schöneseiffener Parks in Richtung Höfen in Planung. Dann ist für das Stadtgebiet aber die Grenze der Zumutbarkeit für die Bevölkerung erreicht. Solaranlagen wollen wir auf allen Gebäuden in städtischer Hand, wo es die Traglast erlaubt, installieren. Das sind etwa 80 Prozent der Gebäude. Außerdem ist die Planung eines kleinen Wasserkraftwerks in Gemünd am Wehr durch einen privaten Investor fast abgeschlossen.

Die leidige Problematik des Nahversorgers in Gemünd ist ein Dauerthema. Wie geht es nach der Entscheidung für den Eifel-Ardennen-Platz weiter?

Den neuen Ansatz gehen wir jetzt an. Darüber bin ich sehr froh. Bisher hatte ich den Eindruck, dass diese Fläche nicht angepackt werden sollte. Aber der Druck, eine Lösung zu schaffen, scheint höher geworden zu sein. Die Pläne der Projektentwicklungs-GmbH 7x7 und von Rewe sind deshalb nicht abgelehnt. Wir werden es nur nicht mehr so proaktiv begleiten wie bisher. Jetzt, wo der Ratsbeschluss für den Eifel-Ardennenplatz durch ist, kommen auch die Anfragen zum Beispiel von Handelsketten. Bevölkerung und Rat bevorzugen einen Vollsortimenter und keinen Discounter. Ein Supermarkt braucht natürlich eine Menge Parkplätze. Eine Tiefgarage mit einem Halbgeschoss wäre da eine Überlegung.

Zugpferd der selbst ernannten Nationalparkhauptstadt ist der Tourismus. Dennoch fehlt es an Unterkünften. Gibt es da ein Konzept, das zu ändern?

Es wird ein Hotel-Konzept für das Stadtgebiet erstellt. Damit soll ermittelt werden, wo ein sinnvoller Standort für eine Ansiedlung sein könnte. Mit dem Bau der Jugendherberge in Gemünd wird sich die Lage schon etwas verbessern. Trotzdem haben wir laut der Nordeifel-Tourismus GmbH einen Bettenmangel. Insgesamt wollen wir den Bereich Tourismus und die Marke Nationalparkhauptstadt stärken.

Durch Steuern und Gebühren sind die Bürger und die Gewerbetreibenden hoch belastet. Ist eine Besserung in Aussicht?

Wir haben ein Haushaltsvolumen von 33 Millionen Euro. Die Kreisumlage ist innerhalb von zehn Jahren von 7,7 Millionen auf 11,3 Millionen Euro gestiegen. Der Kreis kann sich das Geld nur über uns holen. Weil das also kein hausgemachtes Problem ist, können wir an vielen Punkten nichts ändern. Einsparungen sind daher schwierig. Trotzdem haben wir bei allen Kosten zwei Prozent gespart. Außer bei der Feuerwehr und im Bildungsbereich – das packen wir nicht an. Auch zu Einsparungen im Bereich Vereine, Schwimmbäder oder Ehrenamt bin ich nicht bereit. Die Bürger in Schleiden wird die Erhöhung der Kreisumlage dennoch nicht mehr kosten, da gleichzeitig parallel die Gebühren sinken.

Schleiden ist eine Auspendlerkommune. Wie gehen Sie damit um?

Schleiden wird wohl immer eine Auspendelkommune bleiben. Da machen wir uns nichts vor. Den Autobahn-Anschluss wird es nicht geben und große Areale zur Entwicklung von Gewerbeflächen sind nicht vorhanden. Es gibt noch die Möglichkeit durch das Interkommunale Gewerbegebiet mit der Gemeinde Kall rechts von der Wallenthaler Höhe. Da sind wir aktuell im Gespräch.

Welche Maßnahmen gibt es, trotzdem Gewerbetreibende anzuziehen und vorhandene zu halten, um Leerstand zu vermeiden?

Wir unterstützen ansiedlungswillige Gewerbetreibende, bieten Hilfe an, wenn Leerstand droht und führen in regelmäßigen Abständen die Ladengespräche mit den Geschäftsleuten, über relevante Themen wie Öffentlichkeitsarbeit oder Möglichkeiten für den digitalen Markt. Diese werden sehr gut angenommen.

Und bei den Privatleuten? Wie wollen Sie junge Leute in der Region halten?

Dafür wurde in nunserer Stadt das aktive Ansiedlungs- und Wohnmanagement entwickelt. Ich bin sehr glücklich drüber, dass wir das so schnell verabschieden konnten. Die Ortschaften sollen angemessen wachsen und Baulücken geschlossen werden. Wir haben rund 600 freie Wohnbaugrundstücke im Stadtgebiet, aber nur wenige stehen zum Verkauf. Deshalb touren wir ab 2020 durch die Orte und bieten den Eigentümern an, ihre Grundstücke an die Stadt zu verkaufen. Die sollen mit einer Bauverpflichtungserklärung vorzugsweise an junge Menschen oder Familien veräußert werden. Parallel sollen die Baugebiete „Im Pützauel“ in Oberhausen und „Olef Sittard“ entwickelt werden.

Gibt es auch Pläne für den demografischen Wandel?

Auch an das Thema müssen wir ran. Dazu gibt es für Gemünd und Schleiden Überlegungen für Mehrfamilienhäuser, die Wohnansprüche von Senioren oder Ein-Eltern-Familien berücksichtigen, die keine 200-Quadratmeter-Häuser brauchen.

Wie ist der Stand der Umsetzung Ihrer anderen Wahlkampfthemen?

Die Einrichtung eines Behindertenbeirats war mir wichtig. Er wird nach der Kommunalwahl die Arbeit aufnehmen. Ein Ehrenamtskoordinator wird ab dem Frühjahr in der Verwaltung Ansprechpartner für die Vereine sein. Auch will ich eine „Offensive Ehrenamt“ ab Frühling starten, bei der wir beispielsweise beraten, wie Vereine an Fördergelder kommen können. Die Kommunikation zu den Bürgern haben wir transparenter gestaltet mit dem Auftritt in den sozialen Medien und den Bürgersprechstunden. Beim ÖPNV haben wir mit der Taktverdichtung der Linie 829 eine Verbesserung für die Pendler geschaffen. Ich bin insgesamt sehr zufrieden!

Und der Ausblick auf das kommende Jahr?

2020 und danach haben wir einige Großprojekte vor der Brust. Die Sanierung des Platzes am Nepomuk sowie das Thema Nahversorgung in Gemünd werden uns weiter auf Trab halten und natürlich der Wiederaufbau des

Sturmius-Gymnasiums. Zielsetzung ist es , dass die kommenden Fünftklässler im Sommer in die neuen Klassenräume einziehen.

Was wollen Sie bis zum Ende der Amtszeit 2025 erreichen?

Bis 2025 möchte ich die Marke

„Schleiden - Hauptstadt des Nationalparks Eifel“ überregional verankern, neue Angebote für Naturerlebnisse im Stadtgebiet generieren, Neubürger ansiedeln und den Herausforderungen des demografischen Wandels begegnen. Außerdem sollen die Bürger stärker einbezogen und alle 18 Ortschaften gestärkt werden.

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