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Vierte Etappe des Wildnis-TrailsKleines „Jakobsweg-Pilger-Gefühl“ in der Eifel

Lesezeit 6 Minuten
Hiltraud de Vries und Fritz Gehrke

Wanderten nicht zum ersten Mal auf dem Wildnis-Trail: Hiltraud de Vries und Fritz Gehrke aus Erftstadt.

  • Die letzte Etappe des Wildnis-Trails beginnt dieses Mal am Nationalpark-Tor in Heimbach.
  • Von dort aus geht es 17,7 Kilometer weit nach Zerkall, einem Ortsteil der Gemeinde Hürtgenwald.
  • Am Ende gibt es gar eine Urkunde.

Heimbach – Die Wanderung neigt sich dem Ende zu, und die Geschichte meiner vierten und letzten Etappe des Wildnis-Trails beginnt dieses Mal genau genommen am Zielort selbst. Zerkall, ein Ortsteil der Gemeinde Hürtgenwald, liegt am Rand des Nationalparks Eifel, nicht weit von Nideggen entfernt. Ich parke hier mein Auto und mache mich in Richtung Bahnhof auf. Von hier möchte ich die Rurtalbahn zum Startpunkt Heimbach nehmen und die 17,7 Kilometer zurück zum Wagen wandern.

Vorsitzender der Ortsgruppe Erftstadt prüft die Strecke

So habe ich keinen Zeitdruck, bin danach nicht auf öffentlichen Verkehrsmittel angewiesen (die Bahn fährt werktags nur stündlich), kann Fotos machen und die Natur noch einmal auf mich wirken lassen. Auf diese Idee komme nicht nur ich. In dem kleinen Wartehäuschen am Bahnsteig sitzen zwei Menschen, und ihre Kleidung zeigt ganz offensichtlich, was sie nun vorhaben: wandern.

„Gehen Sie auch den Wildnis-Trail?“, frage ich. „Ja, eine Etappe“, sagt sie. Sofort kommen wir ins Gespräch. Hiltraud de Vries und Fritz Gehrke aus Erftstadt wandern den Wildnis-Trail nicht zum ersten Mal, wie sie erzählen. Erst im vergangenen Jahr seien sie ihn mit einer größeren Gruppe gewandert. „Mit sieben Frauen und einem Mann“, erzählt Hiltraud de Vries. „Der Mann, der war ich“, sagt Fritz Gehrke und lacht. Wieso sie den Trail nun noch einmal laufen? Er deutet auf ein Abzeichen auf seinem Rucksack mit dem Logo des Eifelvereins. Er sei Vorsitzender der Ortsgruppe Erftstadt, berichtet der 68-Jährige. Das Wandern auf der vierten Etappe sei eine Art Testlauf. „Am Sonntag leite ich eine Wandergruppe mit zehn bis 15 Personen“, erzählt er.

Jetzt geht es darum zu schauen, ob die Strecke in Ordnung sei, und Wanderfreundin Hiltraud begleite ihn. Er engagiert sich seit zehn Jahren im Verein, leitet Touren, bringt Gruppen ins Grüne. Von Erftstadt sei man schnell in der Eifel, und hier gebe es fantastische Möglichkeiten zum Laufen, so der Vorsitzende.

Sofort ist man per du

„Der Wildnis-Trail ist schon besonders“, stimmt seine Freundin ihm zu. Auch sie engagiert sich als Kassenwartin und Wanderführerin im Verein. Man falle nicht über die Leute, sei die meiste Zeit alleine. Das gefalle ihr gut. „Ein Kompliment an die Macher. Die Strecken haben die wirklich toll zusammengestellt“, schwärmt die 65-Jährige.

Die Bahn hält in Heimbach, wir steigen aus. Hier wartet meine alte Bekannte, die Wildkatze am Nationalpark-Tor Heimbach und zeigt den Startpunkt der letzten Etappe an. Neben mir wird auf die Zeichen nicht weiter geachtet, stattdessen aber ein GPS-Gerät gezückt. Ortskundig marschieren die beiden Rentner los. Ob ich sie ein Stück begleiten dürfe, frage ich. „Davon gehen wir aus“, laden sie mich ein, und schon sind wir per du. Das gehöre sich so unter Wanderern, sagt Fritz.

Der Weg führt uns durch ein Wohngebiet aus Heimbach heraus und bringt uns schnell ins Grüne. Durch den Hetzinger Wald geht es auf schmalen Pfaden und im Schatten der Bäume bergauf. Mehr als 30 Jahre älter als ich, ist Hiltraud ziemlich auf Zack und gibt ein enormes Tempo vor.

Dabei schwärmt sie vom Wald und vom Wandern – fast ohne zu schnaufen. „Ich liebe Mischwälder. Und ich liebe das Hohe Venn“, sagt sie. Dafür könne man sie nachts wecken, fürs Hohe Venn. Dort leite sie auch ab und an Wandertouren, berichtet sie. „Wir sprechen uns dann in unserer WhatsApp-Gruppe ab“, so die 65-Jährige.

Technologie trifft Natur

Ich merke schnell: Das Wandern hält nicht nur körperlich fit, auch für allerlei Apps und digitale Inhalte sind die beiden recht offen. Fritz denkt über einen Senioren-Wanderblog nach und erkundigt sich bei mir nach geeigneten Anbietern. Er sei gelernter Schriftsetzer, habe jahrelang für große Grafik- und Werbeagenturen gearbeitet, erzählt er. Gerne in der Natur aufgehalten habe er sich schon immer, das sei ein toller Ausgleich zum zuweilen sehr stressigen Job. „Wandern tut einfach gut“, meint er: „Es ist wie Urlaub. Und als Rentner ist es fantastisch, auch unter der Woche wandern zu können.“

Die Strecke wird nach einigen Kilometern flacher, und wir machen an einer Bank Rast. Hier erstreckt sich ein weiter Blick über die Wälder. Den Platz würden sie auch am Sonntag für die Pause nehmen, beschließt Fritz.

An schulterhohen Brombeerhecken entlang klaubt er sich hier und da ein paar Beeren zusammen. Er solle aufpassen, wegen des Fuchsbandwurms, erinnert ihn Hiltraud. Bloß keine Beeren von weiter unten pflücken. Na ja, die sollte man besser am Strauch lassen. Nicht wegen der Füchse, sondern auch wegen der Hunde, denke ich. Die haben dort vielleicht keinen Wurm hinterlassen, dafür aber etwas anderes.

Die Wildkatze leitet uns weiter über schlängelnde Pfade durch den Nationalpark Eifel. Ein Schild empfiehlt, Vorsicht walten zu lassen. Es handele sich um einen besonders gefährlichen Abschnitt. „Trockenheit, Wind und Borkenkäfer haben hier die Fichten zum Absterben gebracht“, heißt es da. Man solle aufpassen, hier nicht rasten und den Abschnitt möglichst zügig durchwandern. Bei den geführten Ranger-Touren, erzählt Hiltraud, würde man sicher einiges über das Absterben erfahren: „Das ist ein tolles Angebot, und man lernt sehr viel über die Natur und die Wälder.“

Barrierefreie Ranger-Tour

Die Touren mit den Rangern finden fast täglich statt und sind ein kostenfreies Angebot des Nationalparks Eifel. Auch körperlich Beeinträchtigte wie Blinde oder Hörgeschädigte können daran teilnehmen und die Natur mit den Sinnen erfahren und dabei Wissenswertes über das Waldleben erfahren.

Immer wieder bleiben wir stehen, fotografieren, lassen die Stille auf uns wirken, sprechen über das Wandern und passendes Schuhwerk, über Arbeit und Ausgleich. Wandern und Fotografie, das lasse sich gut verbinden und die Natur hier in der Eifel biete da sehr viel Abwechslung, sagt Fritz. Da hat er Recht. Apropos Eifel: Falls ich noch einmal eine Langstrecke wandern und darüber berichten würde, dann könne er mir den Karolingerweg nur ans Herz legen, sagt er. Über 83 Kilometer führe die Wanderung von Cochem nach Prüm. Und die erste Etappe nach Ulmen sei etwas ganz Besonderes: „Diese Tour wurde vom Wandermagazin offiziell zum schönsten Wanderweg Deutschlands 2019 gekürt.“ Nun bin ich wirklich neugierig.

Ob der Wildnis-Trail bei der Abstimmung zum schönsten Wanderweg Deutschlands auch zur Wahl stand, weiß ich nicht. Sicher ist aber, dass der Nationalpark Eifel sich vor allem durch seine landschaftliche Vielfalt auszeichnet. Die absolute Ruhe während des Laufens, die größtenteils naturbelassenen Pfade und die kleinen Orte der Pause und Achtsamkeit machen diese Wanderung für mich zu einer besonderen Wandererfahrung.

Immer der Wildkatze nach bin ich durch den Nationalpark Eifel auf dem Schöpfungspfad inspiriert worden und dort mit einem guten Gedanken durch das Labyrinth zur Mitte gelangt, ich habe Schutz in einer Kapelle gefunden und Menschen kennengelernt, denen ich sonst wohl nicht begegnet wäre.

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Am Zielort gibt es eine Urkunde – mit Glückwünschen zum Bezwingen des Wildnis-Trails. Das sei ein kleines „Jakobsweg-Pilger-Gefühl“, das er den Wildnis-Trail-Wanderern abschließend mitgeben wolle, hatte Lammertz erzählt.

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