Unwetter im Kreis Euskirchen4500 Menschen von Evakuierung betroffen

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Anwohner Wilfried Hansen in Weilerswist beseitigt Dreck mit einem Feuerwehrschlauch.

Anwohner Wilfried Hansen in Weilerswist beseitigt Dreck mit einem Feuerwehrschlauch.

Euskirchen/Weilerswist – Mehr als 4500 Menschen mussten nach Angaben von Landrat Markus Ramers wegen der Hochwasserkatastrophe im Kreis evakuiert werden. Viele Betroffene konnten immer noch nicht in ihr Zuhause zurückkehren. Ihre Häuser und Wohnungen befinden sich entweder in einem Gefahrengebiet oder sind nicht mehr bewohnbar. Viele Menschen sind bei Freunden untergekommen. Wir berichten über die Lage der Evakuierten in Euskirchen und Weilerswist.

Euskirchen

In der Kaplan-Kellermann-Realschule sind auch überregionale Hilfskräfte im Einsatz, um die evakuierten Menschen zu betreuen und ihnen auszuhelfen. Nach Angaben des DRK sind dort am Freitagnachmittag 150 Leute versorgt worden. Sie sind in den Klassenräumen der ehemaligen Georgschule untergebracht worden. Darunter Erwachsene und Kinder aus Flamersheim, Schweinheim und Palmersheim. Die Turnhalle ist die Verpflegungsstelle.

„Die Menschen sind unheimlich dankbar. Sie sind alle platt und ausgelaugt“, so Jürgen Hadrian vom Malteser-Hilfsdienst aus Schöppingen, der in Euskirchen mit 30 Kräften unterstützt. Ein betroffener Schweinheimer berichtet, dass er wohl alles verloren habe. „Es ist zum Heulen. In dieser Situation ist es toll, dass es Hilfe gibt“, sagt er. Andere haben Angst, wieder nach Hause zu kommen und das Ausmaß der Katastrophe mit eigenen Augen zu sehen. Zahlreiche Euskirchener, die anderen Betroffenen helfen wollen, sind auch zur Schule gekommen. Sie haben Brötchen geschmiert und mit Schnitzeln belegt. „Ich habe von dem Aufruf der Stadt bei Facebook gelesen“, erzählt eine Euskirchenerin. „Ich arbeite in Rheinbach, da ist landunter. Also helfe ich hier“, fügt sie hinzu. Auch Hygieneartikel und Spielzeug war in der Schule für die Betroffenen angekommen.

Weilerswist

Ähnlich ist die Situation in Weilerswist, wo die Betroffenen in der Gesamtschule untergebracht wurden. Die Leute sind auch dort übernächtigt und verängstigt. Sie haben dort zum Teil schon zwei Nächte verbracht. Auch am Freitag kamen immer wieder neue Leute an der Notunterkunft an und registrierten sich. Durch den Flurfunk werden immer wieder Gerüchte zur Steinbachtalsperre verbreitet. Die Angst, vor einem Dammbruch ist groß.

Eine Familie aus der Klosterstraße in Euskirchen berichtet, ihre Wohnung sei zerstört worden und das Auto durch die Gegend geschwemmt worden. Mit sechs Kindern übernachte sie in der Gesamtschule und sei froh über die freundliche Unterstützung.

Kaum Empfang

Laut Rolf Klöcker, Geschäftsführer des DRK-Kreisverbands, wurden vom DRK im Kreis am Freitagnachmittag 950 Evakuierte in verschiedenen Stadtteilen von Euskirchen, Weilerswist und Mechernich betreut und mit Essen, Getränken und Schlafplätzen versorgt. Die Evakuierung laufe aber noch weiter. 500 Betten seien aufgebaut worden für die Betroffenen.

Vor die größte Herausforderung stellt das DRK gerade die eingeschränkte Kommunikation mit den Kommunen und der Kreisverwaltung. Sich einen Überblick zu verschaffen sei immer noch schwer und gerade das dringendste Ziel. Auch in der Geschäftsstelle des DRK in der Nähe des Kreishauses seien die Telefon- und Internetverbindung schlecht.

Mit 400 Menschen werden in der Weilerswister Gesamtschule die meisten Männer, Frauen und Kinder betreut. Vor Ort funktioniere die Hilfe gut. Mehr als 200 Freiwillige sind im Einsatz. Sie arbeiten nach einem Schichtsystem, das Pausen zum Essen und Schlafen ermöglicht.

Die Helfer des DRK versorgten aber nicht nur die Evakuierten und direkt Betroffenen, sondern auch die Einsatzkräfte, zum Beispiel die der Feuerwehr. Auf die Frage, ob man sich beim DRK auf solch eine Situation habe vorbereiten können, sagte Klöcker: „Auf eine Katastrophe mit solchen Ausmaß sicherlich nicht.“

In der Vergangenheit habe es Übungen gegeben, wie man sich organisiere und was zu tun sei, wenn die Steinbachtalsperre brechen sollte. Aber mit dieser Hochwasser-Katastrophe habe auch der Hilfsdienst nicht gerechnet. (smh)

Die Feuerwehr vor Ort, die die Menschen versorgt, berichtet, sowas auch „noch nie erlebt zu haben“. Noch seien sie „bester Laune“. Dass sie lange nicht geschlafen haben, vergesse man im Augenblick. Niemand an der Schule hatte am gestrigen Tag Internet.

Laut dem Ersten Beigeordneten der Gemeinde, René Strotkötter, hat sich die Lage am Freitagnachmittag entspannt. Das Wasser in der gesamten Gemeinde Weilerswist sei zurückgegangen. Die Lage in Metternich hingegen sei noch angespannt, Straßen stehen dort noch komplett unter Wasser. Auch Bewohner seien dort noch zu retten. Aus diesem Grund seien in dem Bereich auch die meisten Rettungskräfte noch im Einsatz

Auch er, so Strotkötter, habe nur wenige Stunden geschlafen und versucht, so gut es geht zu unterstützen. In einigen Ortsteilen war der Strom am Freitagnachmittag wieder vorhanden. Supermärkte versorgten die Notunterkünfte mit Lebensmitteln. Andere Anwohner könnten in der Gesamtschule auch Lebensmittel abholen, weil die Supermärkte noch geschlossen hätten.

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Die Nachbarschaftshilfe in der Gemeinde ist groß. Erste Keller werden von der Feuerwehr ausgepumpt. In der Luft liegt der Geruch von Heizöl. Die Leute sind sehr unterschiedlich betroffen. Die Gesamtschule bleibt in den nächsten Tagen noch als Anlaufstelle erhalten. Jedoch: Was passiert ist, hat noch niemand verarbeitet.

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