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Daten-PanneZülpicher Verwaltung veröffentlicht Namen von Sozialhilfe-Empfängern

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„Das hätte nicht passieren dürfen“, sagte Zülpichs Bürgermeister Ulf Hürtgen zur Datenpanne und entschuldigte sich bei den Betroffenen. Im Bild sind die Sitzungsunterlagen zu sehen.

„Das hätte nicht passieren dürfen“, sagte Zülpichs Bürgermeister Ulf Hürtgen zur Datenpanne und entschuldigte sich bei den Betroffenen. Im Bild sind die Sitzungsunterlagen zu sehen.

Zülpich – Ulf Hürtgen (CDU) suchte gar nicht erst nach Ausreden. „Das hätte nicht passieren dürfen. Wir können uns nur entschuldigen“, sagte Zülpichs Bürgermeister im Gespräch mit dieser Zeitung. Am Samstagabend hatte ein Zülpicher auf Facebook gepostet, dass die Verwaltung auf ihrer Homepage unter dem Stichpunkt „Ratsinformationsdienst“ sensible Daten von mindestens 30 Zülpicher Bürgern veröffentlicht hat.

Dabei geht es um Rückforderungen für von der Stadt geleistete Zuwendungen an Sozialhilfeempfänger. Die Unterlagen, die mittlerweile nicht mehr zugänglich sind, der Redaktion aber vorliegen, belegen, dass die Verwaltung in den vergangenen Jahren mindestens 10 000 Euro zu viel an die namentlich genannten Bürger gezahlt hat.

Fehler ist nicht rechtzeitig aufgefallen

„Das ist auf einen Fehler durch die Sachbearbeitung zurückzuführen“ heißt es in der 105 Seiten umfassenden Ausschussvorlage. In zwölf Fällen seien die Rückforderungen mittlerweile ausgesetzt worden, in fünf habe man sich auf eine monatliche Ratenzahlung geeinigt. Die Vorlage sollte eigentlich im nichtöffentlichen Teil der 17. Sitzung des Rechnungsprüfungsausschusses der Stadt Zülpich am Dienstag, 15. Januar, besprochen werden. Durch einen Fehler war der nichtöffentliche Tagesordnungspunkt „Prüfungsbericht des Kreises Euskirchen zu dem Prüfungsfeld: „Vom Kreis Euskirchen zur Durchführung übertragene Aufgaben im Bereich Sozialhilfe (einschließlich Grundsicherung im Alter und Erwerbsminderung)“ aber in den öffentlichen Teil gerutscht.

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„Es war nicht das erste Mal, dass die Politik darüber gesprochen hat. Es war nie öffentlich. Jetzt wurde der Haken an der falschen Stelle gesetzt“, bedauerte Hürtgen die Panne. Die Vorlage sei auch über seinen Schreibtisch gegangen, aufgefallen sei der Fehler auch ihm nicht. Ins Internet eingepflegt hätten die Vorlage schließlich die Mitarbeiter des Zülpicher Ratsbüros. Die könnten am wenigsten dafür. Die Mitarbeiter hätten schließlich nur die Vorlage eingestellt, die zuvor durch zahlreiche Hände gegangen sei. „Niemanden ist der Fehler aufgefallen. Und wenn da ein Haken bei ,Öffentlich’ ist, dann stellen die Mitarbeiter es auch öffentlich ein“, sagte der Verwaltungschef.

Datenschutz-Beauftragte

Die unabhängige und weisungsfreie Landesbeauftragte überwacht die Einhaltung der Datenschutzvorschriften der öffentlichen Stellen und gibt diesen Empfehlungen. Für die private Wirtschaft ist die Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit Aufsichtsbehörde. Sie ist für die Sicherstellung des Rechts auf Information zuständig und Anlaufstelle für Bürger bei Fragen zum Informationsfreiheitsrecht.

Aktuell ist Helga Block die Datenschutzbeauftragte des Landes Nordrhein-Westfalen. Sie hat ihr Amt als Nachfolgerin von Ulrich Lepper am 1. Oktober 2015 angetreten. (tom)

Als er von dem Fehler am Samstagabend erfahren habe, sei er sofort ins Rathaus gefahren. Neben dem Bürgermeister eilte auch Zülpichs Beigeordneter Ottmar Voigt ins Verwaltungsgebäude. Mithilfe der EDV-Mitarbeiter der Stadt habe man versucht, die Vorlagen aus dem Ratsinformationsdienst per Update zu löschen, so Hürtgen. Da aber an einem Samstagabend kein Mitarbeiter der Kommunalen Datenverarbeitungszentrale (kdvz) in Frechen greifbar gewesen sei, habe man kurzer Hand „Plan b“ umgesetzt.

Diskussion in sozialen Netzwerken

Hürtgen: „Wir haben uns dazu entschieden den, kompletten Sitzungsdienst vom Netz zu nehmen, bis das Update der kdvz gegriffen hat.“ Nach Informationen dieser Zeitung haben gleich mehrere Zülpicher den Vorfall beim Datenschutzbeauftragten des Landes NRW zur Anzeige gebracht. „Da gehört er hin, dort soll und muss man sich mit dem Fall beschäftigen“, heißt es aus dem Umfeld der Anzeigenerstatter. Im Sozialen Netzwerk sorgt der Vorfall für Diskussionsstoff. Einige Nutzer prangern das Verhalten der Stadt an, bezeichnen es als „krass“ oder „unglaublich“. Manch einem „fehlen auch die Worte“. Gleichzeitig wird aber auch die Tatsache, den Fehler der Verwaltung so in der Öffentlichkeit breitzutreten, kritisiert. „Entdecke ich ein Fehlverhalten eines anderen, spreche ich ihn erst darauf an, bevor ich ihn erschieße“, schreibt eine Zülpicherin.

Hürtgen geht davon aus, dass der Schaden relativ gering ist: „In der Sitzung des Ausschusses war kein Bürger. Und es hat sich bisher auch niemand beschwert. Trotzdem ist es schlichtweg ein Fehler gewesen.“

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