Nach neuen VermessungenWindloch ist jetzt die längste Höhle in NRW

Lesezeit 3 Minuten
Am frühen Samstagnachmittag sind die Männer um den Höhlenforscher Stefan Voigt erneut ins Windloch hinabgestiegen, um sich auf unbekanntes Terrain vorzuwagen.

Am frühen Samstagnachmittag sind die Männer um den Höhlenforscher Stefan Voigt erneut ins Windloch hinabgestiegen, um sich auf unbekanntes Terrain vorzuwagen.

Ründeroth – Die Atta-Höhle im Sauerland ist mit ihren 6670 Metern seit dem späten Samstagabend nicht mehr die längste in Nordrhein-Westfalen: Zu diesem Schluss kommt der Höhlenforscher Stefan Voigt vom Arbeitskreis Kluterthöhle, der mit seinem Team erneut ins Windloch am Ründerother Mühlenberg hinabgestiegen ist. „6769 Meter – bisher“, jubelt Voigt und kann sich kaum zügeln, denkt er an die jüngsten Entdeckungen in Engelskirchens Unterwelt.

Diese tragen bereits den Namen „Wunderland“. Mehr verraten will der 57-Jährige indes nicht. Nur so viel gibt er preis: Die Schneebläser-Höhle in Bayern könne sich warm anziehen. Will sagen: „Das Windloch könnte bald zu den längsten Höhlen in Deutschland zählen“, sagt Voigt. Und auf Platz 10 in der deutschen Höhlen-Top-Ten liegt eben die Schneebläser-Höhle mit einer Länge von 7185 Metern. Voigt: „Wir gehen davon aus, dass wir beim Windloch noch lange nicht am Ende angekommen sind.“ Spätestens im Juni wollen Voigt und seine Mitstreiter weitere Ergebnisse ihrer Arbeit unter Tage vorstellen, dann allerdings wohl beim Geologischen Dienst NRW in Krefeld. „Und die werden zünden wie eine Bombe“, kündigt der Mann aus Ennepetal an.

Offenbar auch seltene Mineralien entdeckt

In vier Gruppen, immer nur zu zweit und stets mit Corona-Abstand, sind die Höhlenkundler diesmal aufgebrochen, um an verschiedenen Stellen das Gewirr aus Gängen und Hallen weiter zu vermessen – und das in alle Richtungen, etwa in die des Ründerother Walbachs: Nachdem das Team im vergangenen Jahr bereits einen toten Frosch – heute heißt der Ort übrigens „Froschkönigs Grab“ – gefunden hat, steht fest: Irgendwo ist Wasser. „Kann ja nicht sein, dass wir einen Bach suchen und nicht finden“, überlegt Voigt. „Jetzt aber sind wir ganz nah dran.“

Die nun entdeckten Gänge und Hallen machen die Ründerother Höhle mit 6769 Metern zur längsten in Nordrhein-Westfalen.

Die nun entdeckten Gänge und Hallen machen die Ründerother Höhle mit 6769 Metern zur längsten in Nordrhein-Westfalen.

Zum Duo auf Wassersuche gehört der Forscher und Fotograf Andreas Kolarik. Und während seine Kollegen über die Länge der Höhle frohlocken, schwärmt der 39-Jährige aus Menden von der Schönheit der jetzt gesichteten Tropfsteine: „Sie scheinen jeglicher Schwerkraft zu trotzen.“ Am Samstag habe die Gruppe den bisher wohl schönsten Teil des Windlochs entdeckt.

Beeindruckend ist die Schönheit der Tropfsteine und der versteinerten Fossilien.

Beeindruckend ist die Schönheit der Tropfsteine und der versteinerten Fossilien.

Echte Entdecker wie Kolarik tragen in Tiefen bis zu 80 Meter unter dem Gipfel des Mühlenbergs gerne mal Schäfchen-Muster. Doch hat sich der Mendener nicht etwa einen Pyjama übergestreift: Es ist ein spezieller Jumpsuit, der Feuchtigkeit von innen nach außen abführt. Denn die Temperatur liegt unter der Erde konstant bei neun Grad Celsius – und das bei einer Luftfeuchtigkeit von 100 Prozent. „Da kommt man erst mal ganz schön ins Schwitzen“, erklärt Stefan Voigt. Gute zwei Stunden dauert es inzwischen, bis die Forscher den Ort erreicht haben, an dem sie zuletzt gewesen sind.

Am frühen Samstagnachmittag sind die Männer um den Höhlenforscher Stefan Voigt erneut ins Windloch hinabgestiegen, um sich auf unbekanntes Terrain vorzuwagen.

Am frühen Samstagnachmittag sind die Männer um den Höhlenforscher Stefan Voigt erneut ins Windloch hinabgestiegen, um sich auf unbekanntes Terrain vorzuwagen.

„Und wenn man sich später hinsetzt, um zu vermessen, dann wird einem sehr schnell sehr kalt“, führt der Vorsitzende des Arbeitskreises Kluterthöhle aus. Die ersten Glückwünsche hat er – noch in der Nacht zu Sonntag – von Engelskirchens Bürgermeister Dr. Gero Karthaus erhalten. „Wir arbeiten – gemeinsam mit dem Arbeitskreis und dem Deutschen Bergbaumuseum in Bochum – unter Hochdruck an einem Konzept für unser Erlebniszentrum“, berichtet Karthaus. Er habe mit einem schönen Glas Wein auf die unterirdischen Nachrichten angestoßen. So seien die Forscher offenbar zudem auf besondere Mineralien getroffen, weshalb die kommenden Ergebnisse eben in Krefeld präsentiert werden sollen.

Das könnte Sie auch interessieren:

„Man kann nur staunen, was die Natur da geschaffen hat“, sagt Stefan Voigt. „Und die Dimensionen sind gigantisch.“ Am kommenden Samstag gehe es weiter im Windloch.

Rundschau abonnieren