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„Night of Light“Oberbergische Veranstalter berichten, wie es ihnen ergangen ist

Lesezeit 3 Minuten
Gerhart Babbel

Endlich wieder Aufträge: Gerhard Babbel liefert für 70 000 Euro Tontechnik für das Internationale Olympische Komitee (IOC) in die Schweiz.

Oberberg – Unter dem Motto „Alarmstufe Rot“ ruft die deutsche Veranstaltungswirtschaft  in einer bundesweiten Aktion  erneut dazu auf, mit rotem Licht auf die dramatische Situation der Veranstaltungsbranche in Zeiten der Corona-Pandemie hinzuweisen. Alle, die noch immer im Lockdown sind oder keine ausreichende Hilfe erfahren haben, sollen heute Abend  in einer zweiten „Night of Light“ Veranstaltungsorte, Brücken oder Wahrzeichen rot erglühen lassen. Auch Oberbergische Veranstalter hatten sich vor einem Jahr an der ersten „Night of Light“ beteiligt. Doch wie geht es ihnen jetzt – ein Jahr später?

Babbel & Haeger aus Bergneustadt-Wiedenest, Großhandel und Vermieter von Tontechnik, will keine roten Lichter  mehr anzünden. Denn anders als vor einem Jahr blickt Geschäftsführer Gerhard Babbel wieder optimistisch in die Zukunft.

Schwierige Beantragung der finanziellen Unterstützung

Nach anfänglichen Schwierigkeiten bei der Beantragung von Unterstützungsleistungen habe das Unternehmen durch die Dezemberhilfe das Jahr noch mit einer schwarzen Null abschließen können.  Aber: „Ich rechne damit, dass wir in 2020 und 2021 mit rund sechs Millionen Euro etwa die Hälfte unseres Umsatzes verloren haben“, so Babbel.

Im Frühjahr dann die gute Nachricht: Er habe einen Vertrag mit dem WDR abschließen können und betreue  nun deren Big Band, berichtet Babbel. Auch habe er für 70 000 Euro Tontechnik für das Internationale Olympische Komitee (IOC) in die Schweiz nach Lausanne  liefern können. Als Folgeauftrag stellt er derzeit eine 1,5 Tonnen schwere Sendung mit Mischpulten und Netzwerktechnik zusammen, die  per Luftfracht nach Tokio geht. Lautsprecher und Verstärker sind bereits auf Containerschiffen dorthin unterwegs. Schwierigkeiten sieht Babbel weiterhin bei der Belieferung von Technikdienstleistern für Veranstaltungen: „Ich könnte zwar liefern, doch meine Kunden haben keine Aufträge.“

Weiterhin mit den Auswirkungen der  Corona-Krise zu kämpfen hat  Benjamin Noack von Audio- & Light Design (ALD) in Reichshof-Wildbergerhütte. „Wenn wir vor Corona nicht so gut gewirtschaftet hätten, hätten wir die Hilfen gar nicht beantragen können, mit denen wir es bis jetzt geschafft haben“, meint er. Der Toningenieur des Unternehmens berichtet, dass sie im letzten Sommer eine einzige Veranstaltung in Morsbach mit Bühne und Beschallungsanlage aufgebaut hätten: „Seitdem verstauben unsere Lautsprecher im Lager.“ Stattdessen hätte sich die Firma auf die Durchführung von Streamings oder Videoreportagen verlegt. „Da, wo wir früher mit einem 40-Tonner hingefahren sind, genügt heute ein Kleinbus“, so Noack.

„Das Geschäft liegt am Boden“

Problematisch sehe er  ein kurzfristiges Wiederaufleben der Veranstaltungsbranche: „Wir bekommen die dafür notwendigen Leute gar nicht mehr.“ Viele der freien Techniker seien in eine Festanstellung gewechselt. So hätten etwa „Rigger“, die die Traversen hoch über der Bühne installiert und gewartet haben, Jobs als Baum- oder Industriekletterer gefunden. Ein weiteres Problem sei die fehlende Planungssicherheit in der ständig wechselnden Situation.

Auch Gerhard Behle, Gründer und Geschäftsführer, des in Reichshof-Wehnrath ansässigen Coach Service, Europas größtem Busunternehmen für Konzerttourneen, sieht bislang keine positive Entwicklung: „Das Geschäft liegt am Boden.“ Seine rund 100 Nightliner  stehen seit einem Jahr auf dem Firmengelände, seine etwa 100 Mitarbeiter sind größtenteils in Kurzarbeit.

Nur ein paar wenige kümmern sich um die Wartung des teuren Fuhrparks. Zwar betreibe das Unternehmen mit etwa fünf Fahrzeugen mobile und  stationäre Corona-Testzentren, doch seien gerade die Testbusse ökonomisch gesehen eine „brotlose Kunst“. Immer weniger Leute würden sich  testen lassen, doch sei gerade das sehr wichtig. Das Testen sei auf Dauer die einzige Möglichkeit, wieder zu Veranstaltungen gehen zu können, weiß Behle.

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Er versuche dennoch einigermaßen optimistisch  in die Zukunft zu blicken, „Ich bin für nächstes Jahr praktisch schon ausgebucht“, berichtet Behle.  Mit einem Anflug von Humor versucht er den Pessimismus zu überdecken, dass wieder alles abgesagt werden könnte.

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