Aus dem Ebbegebirge ins OberbergischeViele Wanderer sind trotz Coronakrise unterwegs

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Aus Köln-Poll sind die Kießlings gekommen, weil in der Großstadt zu viel Betrieb in den Parks herrscht.

Aus Köln-Poll sind die Kießlings gekommen, weil in der Großstadt zu viel Betrieb in den Parks herrscht.

  • Viele Oberberger zieht es momentan in die Natur hinaus.
  • Vielleicht gerade jetzt, um in diesen schweren Zeiten auf andere Gedanken zu kommen.
  • Wir haben unterwegs mit Leuten gesprochen.

Oberberg – Es fällt schwer, in der Corona-Krise die Lebensfreude zu behalten. Mittlerweile kennen viele Oberberger mindestens einen Menschen, der sich mit dem Virus angesteckt hat – einige trauern gar um einen Angehörigen, Freund oder Bekannten, der die Infektion nicht überlebt hat. Vielleicht zieht es auch gerade deswegen viele hinaus in die Natur, um bei Sonnenschein und Vogelgezwitscher auf andere Gedanken zu kommen.

Die Wanderwege im Oberbergischen sind auch an diesem Wochenende Anlaufpunkt für Hunderte aus nah und fern. Trotz des Ratschlags, im eigenen Zuhause zu bleiben. Am Samstagvormittag stellt Familie Kießling ihren Kleinbus mit Kölner Nummernschild auf dem Parkplatz vor dem Nümbrechter Schloss Homburg ab. Mutter Caroline und Vater Jens hat’s mit den drei Kindern aus ihrer Wohnung in Poll ins Bergische gezogen – wieder mal.

Vor den Toren der Großstadt

Seitdem die Familie vor gut zwei Wochen das Wandern für sich entdeckt hat, waren sie schon einige Male in der buckligen Welt vor den Toren ihrer Großstadt unterwegs. Sie sind bereits den Steinhauerpfad bei Lindlar und den Wasserweg bei Hückeswagen abgelaufen, für heute haben sie sich den Klangpfad am Schloss vorgenommen. Die neunjährige Charlotte und ihren Bruder Claas (5) juckt’s in den Füßen, sie wollen los. Schwesterchen Christine (3) ist im Kinderwagen dabei.

Daheim hätten die Kinder zwar auch Gelegenheit, ihren Bewegungsdrang auszuleben – doch das machen bei dem schönen Wetter zu viele, berichtet Mutter Caroline (43): „Die Parks in Köln sind voller Leute, da kommt man sich einfach zu nah.“ Auf den oberbergischen Wanderrouten sei es vergleichsweise einsam und deshalb sicherer. Aber: Weil viele Großstädter so denken, herrscht seit gut zwei Wochen auch hier merklich mehr Betrieb.

Extra früh unterwegs

Die Eheleute Irene Kovacs (54) und Thorsten Knauf (50) haben sich extra früh auf den Weg gemacht, um dem Ansturm zur Mittagszeit zu entkommen. Sie wohnen in Refrath und haben die Wanderwege im Oberbergischen lieber als die in Bergisch Gladbach.

Kovacs arbeitet als Arzthelferin und in der häuslichen Pflege. Tätigkeiten, die sie in diesen Wochen besonders fordern. Sich die Beine zu vertreten, sei da ein guter Ausgleich. Dass es auch im Oberbergischen keine Gelegenheit mehr gibt, sich gemütlich im Wirtshaus niederzulassen, ist dem Paar egal. Im Rucksack steckt genug Proviant.

Reichlich eingepackt haben auch Lisa Czernio (23) und Marius Reininghaus (31) aus Meinerzhagen. Obst und Brötchen wollen sie mit Blick aufs Schloss genießen, irgendwo auf dem 15-Kilometer-Weg werden sie sich ein schönes Plätzchen suchen. Im sauerländischen Ebbegebirge haben sie schon alles erwandert, was ausgeschildert ist, berichtet das Paar. Da lag der Abstecher in den Nachbarkreis nah.

Was sollte man sonst tun?

„Was außer Wandern soll man auch sonst tun, wenn alles geschlossen ist?“, sagt Lars Hoffmann (52), der mit seinem Vater Uwe (80) die Schuhe geschnürt hat. Die Lindlarer haben ihr Auto am Morgen in Marienberghausen geparkt und sich dann auf die Golddörferroute begeben.

Lars Hoffmann ist in Kurzarbeit, darf nur noch 20 Stunden pro Woche arbeiten – und das im Heimbüro. „Irgendwann fällt einem die Decke auf den Kopf.“ Vater Uwe ist eh ein Wandersmann, legt beinahe täglich mehrere Kilometer in heimischen Gefilden zurück.

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Gerade in dieser Zeit schwört er auf sein Hobby: „Bewegung tut gut, stärkt das Immunsystem.“ Und so möchte auch er dem Virus wenigstens für ein paar Stunden einfach nur davonlaufen.

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