„Kein Ende in Sicht“Diskotheken in Wiehl und Bergneustadt sind seit einem Jahr zu

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Sein Come In hat Inhaber Uwe Müller, genannt Harsha, derzeit ganz für sich allein. Seit gut einem Jahr herrscht Zwangspause.

Sein Come In hat Inhaber Uwe Müller, genannt Harsha, derzeit ganz für sich allein. Seit gut einem Jahr herrscht Zwangspause.

Bergneustadt – Der Geruch der letzten Party ist in der Bergneustädter Diskothek „Come In“ schon lange verflogen. Die Regler, die immer wochenends aufgedreht werden, um die kleine Disco in Bergneustadt mit Musik zu erfüllen, verstecken sich schon lange unter einer Wolldecke. Seit fast einem Jahr steckt die weitum bekannte Zappelbude in der Zwangspause. „Wir haben seit März 2020 quasi Berufsverbot und es ist noch kein Ende in Sicht“, bedauert Inhaber Uwe Müller, den eigentlich alle nur als Harsha kennen.

Der 63-jährige Wiehler ist in der Pandemie-Zeit gleich doppelt betroffen. Denn das „Midnight“, seine Wiehler Disco, ist ebenfalls dicht. „Normalerweise haben wir an guten Wochenenden im Come In einen Durchlauf von 400 bis 500 Gästen, im Midnight sind es 600.“ Doch da, wo so manche Liebesgeschichte begann und wieder eine andere ihr jähes Ende fand, wo man sich mit Kollegen und Freunden traf und mit lauter Musik über das Leben philosophierte, herrscht jetzt das Gefühl der Ungewissheit. „Party to go gibt es leider nicht“, sagt Harsha.

Viel Unterstützung aber auch viele Sorgen

Auch für Mona Aschoff, Geschäftsführerin des Come In, gibt es hier nichts mehr zu tun. Die 58-Jährige ist in Kurzarbeit. Hart aber herzlich bewacht sie seit 1992 das bunte Treiben. Hat hier schon manchen Störenfried am Schopfe hinausbefördert. Sie kennt die guten und die weniger guten Zeiten des Bergneustädter Wohnzimmers, wie es viele Fans liebevoll nennen. „Das ist alles wirklich sehr traurig für uns und unsere Gäste“. Die würden immer wieder fragen, wann es endlich wieder los geht. „Einige haben angeboten, Geld zu sammeln. Und sie sprechen uns Mut zu. Natürlich haben sie auch Angst, dass wir gar nicht mehr öffnen.“

Immerhin die lang ersehnte Novemberhilfe hat Harsha jetzt bekommen – deckt die auch nur einen Teil seiner Fixkosten, die Monat für Monat seinen Kontostand dezimieren. „Die Erzquell Brauerei hat uns von März bis August unterstützt, indem sie sich zu 50 Prozent an Pacht und Nebenkosten beteiligt hat. Das war schon wirklich eine tolle Aktion. Und die Stadt Wiehl hat uns die Miete für das Midnight ab September erlassen. Ansonsten lebe ich von meinen Rücklagen“, sagt Harsha.

Dabei sollte 2020 ein besonderes Jahr für das Come In sein. „Wir wollten im Sommer unser 30-Jähriges groß feiern – eigentlich.“ Stattdessen musste Harsha seinen Aushilfen kündigen. Allesamt junge Leute, die sich mit dem Geld ihr Studium, die eigene Wohnung oder das Auto finanzieren. Dabei ist das Come In für Harsha viel mehr als einfach nur eine Discothek, schließlich hat er dafür vor 30 Jahren alles auf eine Karte gesetzt. Im Anzeigenblatt stolperte der damalige Altenpfleger über das Inserat, in dem ein neuer Besitzer für das damalige Pink Cadillac gesucht wurde. „Als DJ habe ich schon damals nebenbei gearbeitet. Unter anderem im Bielsteiner Papa Roots. Das war immer meine Leidenschaft, also habe ich nicht lange gefackelt.“

Er kündigt seinen Job und legt 10 000 Mark fürs Inventar und weitere 30 000 für eine neue Licht- und Soundanlage auf den Tisch.“ Viel Geld, heute wie damals. Aber sein gutes Gespür gab ihm Recht. Die Gäste rannten ihm die Bude ein. „Wir hatten sechs Tage in der Woche geöffnet. Nur montags war Ruhetag. An fünf Abenden gab es Musik, immer mit einem anderen Schwerpunkt. Sonntags trafen sich hier zig Musiker zur Jam Session,“ blickt Harsha zurück.

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Mit der Zeit sank das deutschlandweite Discofieber. Seine Öffnungszeiten pegelten sich auf drei, später zwei Tage ein. Donnerstags Gothic, New Wave, Indie, freitags Rock von A bis Z. „Samstags immer ein Mix, viele Klassiker, aber auch gute Pop und Soul Sachen.“ Verschiedene DJs, immer mal wieder Motto Parties und der Heiligabend, der für jeden Fan der Kult-Disco längst ein Pflichttermin war. Wie der Weihnachtsbesuch bei der Familie gehört das auch für die, die längst weit weg wohnen einfach dazu.

Ob Ende des Jahres wieder alles so sein wird, wie es mal war? Ob die Gäste kommen, selbst wenn sie dürften? Noch ist Harsha optimistisch. „Ich freue mich einfach, wenn es irgendwann wieder soweit ist.“

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