„Verlorenes Vertrauen“Keine Unterstützung für Bergneustadts Bürgermeister

Lesezeit 3 Minuten
Einen schweren Stand hatte Bergneustadts Bürgermeister Wilfried Holberg (3.v.r.) bei der Ratssitzung am Mittwoch.

Einen schweren Stand hatte Bergneustadts Bürgermeister Wilfried Holberg (3.v.r.) bei der Ratssitzung am Mittwoch.

Bergneustadt – Noch hat Bürgermeister Wilfried Holberg seine Entscheidung, ob er sich im September 2020 erneut für das Amt des Bürgermeisters bewerben will, nicht bekanntgegeben. Seit der Ratssitzung am Mittwochabend weiß er aber, dass er bei einer Kandidatur kaum mit Unterstützung der Politik rechnen kann. CDU und FDP lehnen es ab, weitere fünf Jahre mit Holberg zusammenzuarbeiten. Die UWG forderte den Rücktritt des Bürgermeisters und kündigte für den Fall, dass Holberg wieder kandidiert, die Einleitung eines Abwahlverfahrens an. SPD und Grüne erklärten sich so deutlich nicht, hatten aber bereits im Vorfeld geäußert, dass sie anders als 2014 eine Bewerbung Holbergs wohl nicht unterstützen.

Fristversäumnisse bezüglich Wiedenestraße

Wie schon im Haupt- und Finanzausschuss wurde Holberg auch vom Rat wegen des Fristversäumnisses bei der Abrechnung der Wiedeneststraße für das Haushaltsjahr 2018 nicht vorbehaltlos, sondern nur eingeschränkt entlastet. Die endgültigen Stellungnahmen der Fraktionen zum Fall Wiedeneststraße sollen Anfang kommenden Jahres erfolgen. Man will sich erst noch gründlicher mit der Stellungnahme von Landrat Jochen Hagt und den Einlassungen Holbergs dazu befassen.

Zahlt die Versicherung?

Bis dahin wird der Rechnungsprüfungsausschuss erneut getagt haben und wohl auch die Frage beantwortet sein, ob die Versicherung der Stadt wenigstens einen Teil des entstandenen Schadens von 750 000 Euro übernimmt. Damit ist der Fall Wiedeneststraße wider Erwarten noch nicht abgeschlossen, sondern reicht bis weit ins Wahljahr hinein: Die nächste Ratssitzung findet erst am 4. März statt.

Holberg schilderte, dass Organisation, Informationsaustausch innerhalb der Verwaltung, Vertretungsregelungen und Mittel für Fortbildungen bereits vorhanden und in Ordnung seien. Das bislang fehlende elektronische Fristenkataster werde Anfang des Jahres in Betrieb gehen. In erster Linie habe die vorherrschende, aber falsche Rechtsauffassung im Fachbereich 4 zum „Schadensfall Wiedeneststraße“ geführt. Die Auskunft des Fachbereichsleiters sei eine „Schlechtleistung“ gewesen, aber kein disziplinarrechtliches Dienstvergehen.

Kritik angenommen

Die deutlich vorgetragene Kritik habe er angenommen, gegen die Angriffe gegen seine persönliche Integrität verwahre er sich, so der Bürgermeister. Gerne wolle er die begonnene Arbeit an wichtigen Projekten wie Innenstadt, Altstadt oder Schlöten II fortsetzen: Es sei Zeit, „nunmehr innezuhalten und zu einem unverkrampften Umgang miteinander zurückzukehren“.

Dazu kam es nicht: CDU-Fraktionsvorsitzender Reinhard Schulte kritisierte, Holberg reagiere auf die Forderungen der Politik lediglich mit: „Machen wir doch schon alles.“ Die CDU sehe kein Konzept, um die Fehlerquellen einzudämmen, sondern ein Weitermachen wie bisher. Holberg habe das Vertrauens des Rates verloren, weitere fünf Jahre wolle man mit ihm nicht zusammenarbeiten.

Kritische Stimmen auch von der SPD

Für die SPD sagte Thomas Stamm, Holbergs Politik des Aussitzens habe das Vertrauen deutlich belastet. Gute Ratschläge von Ratsmitgliedern seien ausgeschlagen oder erst verspätet angenommen worden. Holbergs Angebot zur Klimaverbesserung könne aber ein Signal sein, das Jahr bis zur Kommunalwahl noch hinzubekommen. Für die FDP ist eine weitere Ratsperiode mit Holberg nicht denkbar. „Sie wäre auch nicht zum Wohle der Stadt“, sagte Christian Hoene für die FDP. Er forderte: „Kommen Sie bitte dem Schaden angemessen Ihrer Verantwortung nach!“ Das heiße, „nicht mehr für eine weitere Amtsperiode zur Verfügung zu stehen“.

Während Grünen-Sprecher Axel Krieger fand, über den Fehler in der Verwaltung sei genug diskutiert worden, ging Jens-Holger Pütz am ausführlichsten und schärfsten mit Holberg ins Gericht: Er warf ihm eine ganze Latte vermeintlicher Fehlleistungen, teilweise absichtlich falsche Informationen und mangelnde Kommunikation vor. Die UWG entziehe Holberg das Vertrauen, er solle zurücktreten.

Das könnte Sie auch interessieren:

Daran denkt der so Gescholtene aber nicht: Er werde nicht zurücktreten, sondern weiterarbeiten im Interesse der Stadt und ihrer Bürger, erklärte Holberg gestern gegenüber dieser Zeitung. Es stünden wichtige Aufgaben für die Stadt an, die er weiter begleiten wolle – professionell und notfalls auch mit schlechter Stimmung im Rat. Zu einer erneuten Kandidatur wolle er sich wie angekündigt erst später äußern.

Rundschau abonnieren