Bergneustädter HeimatmuseumHier gibt es keine Hochzeit von der Stange

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Das Trau-Trio des Heimatvereins: Utz Walter, Walter Jordan und Martin Ahmann. Gerne hätten die drei weibliche Verstärkung.

Das Trau-Trio des Heimatvereins: Utz Walter, Walter Jordan und Martin Ahmann. Gerne hätten die drei weibliche Verstärkung.

Bergneustadt – Seit 20 Jahren kann man sich im Bergneustädter Heimatmuseum trauen lassen. Die erste Eheschließung nahm 1999 Bürgermeister Karl-Siegfried Noss höchstpersönlich vor, als er damals einem Rathausmitarbeiter in den Ehestand verhalf. Seitdem der Heimatverein selbst drei Mitglieder 2017 zu ehrenamtlichen Standesbeamten ausbilden ließ, steigt die Nachfrage nach Hochzeiten in dem pittoresken Museumsambiente kontinuierlich. Fast 70 Paare haben Jordan und seine beiden Kollegen Martin Ahmann und Vereinsvorsitzender Utz Walter allein im vergangenen Jahr dort zu Eheleuten gemacht.

Wem die Ehrenstandesbeamten dort nicht formell genug sind, kann nach wie vor einem professionellen städtischen Standesbeamten das Ja-Wort abgeben – auch im Museum, aber in der Regel nur während der Dienstzeiten der Bergneustädter Stadtverwaltung.

Ein Ständchen mit dem Dudelsack

Glücklich im Museum: Simone Lilgert und Manfred Quast.

Glücklich im Museum: Simone Lilgert und Manfred Quast.

Während zwischen Weihnachten und Neujahr die Rathäuser zu waren, konnte im Heimatmuseum selbstverständlich geheiratet werden. Das nutzten nicht nur Simone Lilgert (52) aus Neuenothe und Manfred Quast (50) aus Olpe. Weil die Kinder aus der jeweils ersten Ehe der beiden unbedingt dabei sein sollten, wurde der Termin vom Juni auf die Zeiten „zwischen den Tagen“ und ins Heimatmuseum verlegt.

Auch diesen Schritt haben die frischgebackenen Eheleute nicht bereut: „Es war toll“, sagte die Braut später beim Sektempfang – nicht zuletzt wegen des Ambientes: Die Trauungen finden im Hochzeitszimmer des Heimatmuseums statt, das mit Möbeln und Gemälden aus dem 19. Jahrhundert dekoriert ist. Bis zu 50 Gäste können hier ganz dicht dabei sein. Ist die Gesellschaft größer, hat man von der Empore aus den Überblick auf Geschehen im Stockwerk darunter.

Die größten Trauungen bislang fanden im Beisein von 200 Gästen statt. Dass die Brautleute dabei nicht mit dem Rücken zu ihren Gästen sitzen, wie in den Amtsstuben der meisten Rathäusern, ist eine weitere Besonderheit des Museums. „Und Herr Jordan ist ein toller Standesbeamter“, schwärmt die Braut. Die Zeremonie sei locker und trotzdem persönlich gewesen; gefüllt mit Geschichten aus dem Leben des Paars.

Auch die knapp 50 Gäste genossen die Hochzeit, insbesondere die Dudelsackmusik, die in schottischer Tracht zum Besten gegeben wurde – eine Überraschung der Braut für Ehemann Manfred.

Der vereinseigene Hochzeitsservice hat seinen Ursprungszweck erfüllt: Er trägt inzwischen nicht unwesentlich bei zur finanziellen Absicherung des Museumsbetriebs.

Dessen Leiter Walter Jordan hatte die Idee zufällig im Radio aufgeschnappt, als von einer Trauung in der Sternwarte Bochum berichtet wurde. Der Service der städtischen Standesbeamten dort endete jedoch mit dem Feierabend im Rathaus. So lief es auch über viele Jahre in Bergneustadt. Seit aber auch die Ehrenamtler Eheschließungen vornehmen dürfen, kann an 365 Tagen im Jahr und praktisch zu jeder Tages- und Nachtzeit geheiratet werden.

Tatsächlich hat es noch keine Nacht-Trauung gegeben, „aber morgens um halb acht hatten wir schon eine, und ein Paar wollte abends um 21 Uhr heiraten“, erzählt Jordan, einer der drei Ehrenstandesbeamten.

Im „Heirats-Museum“ läuft auch sonst vieles anders. „Wenn jemand lieber Heavy Metal statt Hochzeitsmarsch hört – kein Problem“, sagt Jordan. Eine chinesische Teezeremonie zu Ehren der Eltern und Großeltern der chinesischen Braut in die Trauung einzubauen, hat sich ebenso bereits als machbar herausgestellt wie die Live-Übertragung der Eheschließung per Skype nach Australien oder Neuseeland – inklusive herzlicher Begrüßung der Zuschauer durch den Standesbeamten.

Der Service hat sich herumgesprochen unter Brautleuten. Inzwischen kommen nicht nur Brautpaare aus ganz Oberberg zur Eheschließung in die Bergneustädter Altstadt, sondern immer mehr reisen auch aus Köln an. Entsprechend schillernd sind manche Geschichten, die Jordan erzählen kann. Wie die von der hochschwangeren Trauzeugin, die sich vor Jahren mitten in der Zeremonie zur Entbindung ins Krankenhaus fahren ließ. Die Braut – ebenfalls hochschwanger – hielt nur wenig länger durch. „Es geht los, wo muss ich unterschreiben“, habe sie plötzlich gesagt, „der Rettungswagen stand vorsorglich schon vor der Tür“.

Polizei war auch schon dabei

Auch die Polizei war schon unfreiwillig Trauzeuge: Eine Streifenwagenbesatzung chauffierte ein Brautpaar zur Trauung, dem auf dem Weg zum Museum ein anderer Wagens ins Auto gefahren war. Klar, dass die Beamten eingeladen wurden, der Zeremonie beizuwohnen.

Das Bergneustädter Standesamt unterstützt die Ehrenamtler nach Kräften, regelt im Vorfeld der Zeremonie die Regularien und trägt die Eheschließung anschließend ins Register ein. Selbst am vergangenen Silvesternachmittag sei eine Beamtin noch vorbeigekommen, um die zwei Trauungen an diesem Tag noch vor Jahreswechsel ordnungsgemäß ins Trauregister einzutragen, berichtet Jordan dankbar: „Aber wir haben eine Abmachung: Wenn’s den Kollegen im Rathaus zu viel wird, treten wir auf die Bremse.“ Doch bislang klappt die Zusammenarbeit bestens. Und sie soll ausgebaut werden. Auf dem städtischen Museumsfahrzeug soll der Hochzeitsservice künftig beworben werden. Auch einen Linienbus der Ovag kann sich Jordan als mobilen Werbeträger vorstellen.

Brautleute und Gäste sitzen sich im Trauzimmer gegenüber. Wem es im Erdgeschoss zu eng ist, der schaut von der Empore zu.

Brautleute und Gäste sitzen sich im Trauzimmer gegenüber. Wem es im Erdgeschoss zu eng ist, der schaut von der Empore zu.

Und die drei Ehrenamtler hätten gerne noch Verstärkung – am liebsten „zwei oder drei Frauen, die sich ebenfalls als Standesbeamte ausbilden lassen würden, wären prima“, sagt Walter Jordan.

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