Weihnachten mal andersZu Besuch bei Hinduisten, Schamanen und in der Moschee

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Im Hindutempel in Gummersbach spielt das Weihnachtsfest auch für Priester Kuruvayooran keine Rolle.

Im Hindutempel in Gummersbach spielt das Weihnachtsfest auch für Priester Kuruvayooran keine Rolle.

  • Wie feiern eigentlich Hinduisten das Weihnachtsfest? Oder Schamanen?
  • Von schuhlosen Zeremonien, Meditation und Keksen.

Oberberg – Man zieht die Schuhe aus, bevor man eintritt. In der Moschee in Bergneustadt, im Yogaraum in Gummersbach und auch im Hindutempel Sri Kurinchikumaran. Allesamt religiöse oder spirituelle Orte. Allesamt nicht christlich. Und nirgendwo steht ein Weihnachtsbaum. Ignoriert man das Fest etwa als Andersgläubiger? „Nein!“, sagen Schamane Christof Schnepp, ein Mann vom Moscheeverein Bergneustadt und auch Dhushanthan Thedsanamoorthy vom Hindutempel Gummersbach.

Schamane Schnepp sitzt wenige Tage vor dem Fest im Yogaraum in der Gummersbacher Fußgängerzone mit einem violetten Meditationskissen auf einem weichen Teppich. Er trinkt Kräutertee mit Hafermilch. In einer Nische in der Wand hinter ihm: Federn, Steine, Figuren. Nach den Himmelsrichtungen ausgerichtet – wie üblich in seiner Schamanenpraxis. Fünf Bilder hängen an der Wand dahinter. Da sind die Götter Shiva, Radha mit Krishna und mittendrin: Jesus.

„Alles hat eine Seele“

Ob sich das mit dem Schamanismus beißt? Er fragt: „Wieso sollte es?“ Dann erklärt er: „Der Schamanismus ist ja keine Religion, sondern eher eine Weltanschauung. Jesus gehört für uns als einer der erleuchteten Urahnen genauso zu Gott wie alles in der Welt. Denn alles hat eine Seele.“ Auch als Schamane feiert er also Weihnachten – mit seiner Frau und seinen Kindern. Es sei ein schönes Fest, sagt er.

Schamane Christof Schnepp feiert mit seiner Frau und seinen Kindern Weihnachten – macht aber vorher „eine schamanische Zeremonie, um Ruhe und Besinnung zu finden“.

Schamane Christof Schnepp feiert mit seiner Frau und seinen Kindern Weihnachten – macht aber vorher „eine schamanische Zeremonie, um Ruhe und Besinnung zu finden“.

Nur den Konsumzwang und den Fokus auf die Geschenke könne er nicht verstehen. Auch die Hektik werde ihm in der Vorweihnachtszeit manchmal zu viel. „Der ganze Trubel ist schrecklich und schön zugleich“, sagt er und lacht. „Deswegen mache ich jedes Jahr vor Weihnachten eine schamanische Zeremonie, um Ruhe und Besinnung zu finden“. In diesem Jahr ist es eine „Medizinradzeremonie“: „Wir wollen Jesus, das Licht, in der Welt begrüßen. Da kann jeder kommen.“ Bei der Zeremonie wird gesungen, getanzt und Schnepp spielt auf seiner Trommel. „Danach gibt es dann Nüsse und Kekse.“

Vor allem wegen der Kinder

Süßes gibt es auch bei vielen muslimischen Familien an Feiertagen. Ein Mann aus dem Vorstand des Moscheevereins aus Bergneustadt, der seinen Namen nicht in der Zeitung sehen möchte, sitzt im Vorzimmer des Gotteshauses und sagt über Weihnachten: „Manche Familien machen das schon mit. Vor allem wegen der Kinder. Aber das hat dann nichts mit der Geburt von Jesus zu tun.“ Für die Muslime gebe es andere Feste. Also keine Geschenke zum Fest der Liebe? Der Mann lacht. „Wenn ich Freunde oder Verwandte besuche, komme ich nie mit leeren Händen. In diesem Sinne schenken wir uns immer was.“

Dann wird er ernst. Nein, man feiere kein Weihnachten in der Moschee. An Neujahr trifft sich die Gemeinde, um das neue Jahr zu begrüßen. Meistens gibt es dann Linsensuppe. In den Tagen davor gebe es keine besonderen Treffen im Moscheeverein. Wie die Familien das Zuhause handhaben, sei unterschiedlich. „Es gibt traditionelle Familien, die feiern gar nicht. Die freuen sich über die freien Tage und gehen Verwandte besuchen. Andere sind da offener, haben auch einen Weihnachtsbaum und beschenken sich.“ Das müsse jeder für sich entscheiden. Eine Frau fügt hinzu: „Aber egal, was wir feiern: Es gibt auf jeden Fall Baklava, das steht außer Frage.“

Im Hinduismus hat das Fest nichts mit dem Glauben zu tun

Im Hindutempel in Gummersbach riecht es kurz vor Heiligabend nach Blütenstaub, Gewürzen und Duftöl. Kerzen brennen vor den Figuren der vielen hinduistischen Gottheiten. Und wie jeden Mittag bereitet Priester Kuruvayooran die Gebetszeremonie Puja vor. Einige Gläubige sind schon im Tempel. Einer von ihnen ist Dhushanthan Thedsanamoorthy, dessen Vater im Vorstand der hinduistischen Gemeinde tätig ist. Der junge Mann mit dem breiten Lächeln sagt: „Klar, wir feiern zu Hause Weihnachten. Das ist ein schönes Fest und meine kleine Nichte freut sich natürlich über die Geschenke.“ Dabei gehe es nicht im christlichen Sinne um Jesu Geburt. Thedsanamoorthy erklärt: „Die Weihnachtszeit ist besinnlich. Das finde ich schön und wir nehmen die Atmosphäre natürlich gerne mit. Mit unserem Glauben hat das Fest aber nichts zu tun.“ Er sagt lachend: „Also, wir feiern hier keine Weihnachtszeremonie.“

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Priester Kuruvayooran sagt etwas auf Tamil. Thedsanamoorthy übersetzt: „Wir haben so viele verschiedene Feste, bei denen wir unsere Traditionen pflegen. Es geht um das Wiedererzählen der Sagen, um der jüngeren Generation unsere Kultur näher zu bringen.“ Das christliche Fest feiern viele Familien auf ihre Art. Thedsanamoorthy sagt: „Ich wünsche meinen Kollegen natürlich Frohe Weihnachten. Wir gehen auch manchmal in die Kirche.“ Wieso das? „Die Hindus sind sehr offen. Hier im Tempel ist ebenfalls jeder willkommen.“ Dann verabschiedet sich Thedsanamoorthy: Puja fängt an.

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