Café RacerBäckermeister aus Derschlag sammelt Kult-Motorräder

Lesezeit 3 Minuten
Niemals ohne Kappe und (natürlich) nie ohne Helm ist der Bäckermeister Jochen Müller aus Gummersbach-Derschlag unterwegs, wenn er auf seine blaue Honda, einen sogenannten „Café Racer“, steigt.

Niemals ohne Kappe und (natürlich) nie ohne Helm ist der Bäckermeister Jochen Müller aus Gummersbach-Derschlag unterwegs, wenn er auf seine blaue Honda, einen sogenannten „Café Racer“, steigt.

Derschlag – „Damals, mit 18, war es Rebellion, als ich mein erstes Motorrad umbaute“, erinnert sich Jochen Müller, seit 45 Jahren Bäcker in Derschlag, und tätschelt liebevoll die Höcker-Sitzbank seiner alten blauen 750er Honda.

Unwichtige Teile wurden abgebaut, das Rahmendreieck freigelegt, die Fußrasten nach hinten verlegt, dann kam ein großer Alu-Tank dran, ein Stummellenker, kleine Schutzbleche, bis das Motorrad wie eine Rennmaschine aussah. Das kam einst aus der englischen Rockerszene, und wir fühlten uns als was ganz Besonderes, wenn wir so im Oberbergischen herumfuhren – ich und noch ein paar Jungs aus Allenbach, Eckenhagen und Bergneustadt.“

Vorbild Isle of Man-Rennen

Was damals für Müller ein Stück Subkultur war, nennt der 61-jährige heute seine Leidenschaft: Er sammelt alte Motorräder, die zu sogenannten Café Racern umgestaltet wurden. Nein, das habe ursprünglich nichts mit dem Café und der Bäckerei zu tun, das seit 100 Jahren im Familienbesitz ist, sagt Müller und lacht, obwohl auch da eine alte DKW im Fenster und allerhand Schilder und Poster auf sein Hobby hindeuten.

„In den 60er Jahren trafen sich die englischen Rocker in den Cafés der Lastwagenfahrer und starteten von da aus ihre Rennen. In der Jukebox wurde eine Single aufgelegt, und bevor sie zu Ende war, mussten alle zurück sein.“

Müller auf der britischen Isle of Man im Jahr 1977.

Müller auf der britischen Isle of Man im Jahr 1977.

Am berühmtesten sei das Ace-Café in London gewesen. Vorbild für Müller und die anderen Jungs war das legendäre Rennen auf der Isle of Man. 1977 war er mit seiner Maschine dort. Ein Traum, der in den Jahren danach durch Berge von Brot, Brötchen und Kuchen fast verschüttet wurde, aber nie aufhörte. „Als bei einem Nachbarn ein altes schwarz-rotes Motorrad im Hof verrostete, habe ich es für kleines Geld gekauft und nach und nach zum Café Racer umbauen lassen“, erzählt er. Selbst sei er nicht der große Schrauber, gesteht der Bäckermeister. Auch an den anderen Schätzchen, die im Laufe der Jahre dazukamen und alle fahrbereit sind, habe er sich mehr um die „Kosmetik“ gekümmert.

Mehr als 10.000 Café Racer aus aller Welt

Aber das soll sich ändern, wenn Ende Juni das Café Müller in andere Hände übergeht. „Dann will ich das alles lernen“, freut sich Müller und hofft, das er dann Gleichgesinnte in der Region findet. Bisher trifft er die bei Großveranstaltungen wie dem „Gentlemen’s Ride“ in Köln oder bei „Wheels and Waves“ in Biarritz. „Da kommen mehr als 10.000 Café Racer aus aller Welt zusammen. Heute ist das Lifestyle“, sagt der Bäcker. Unbedingt gehört das richtige oldschool-mäßige Outfit dazu: Kappe oder Jet-Helm, kariertes Hemd, Wildlederhandschuhe.

Inzwischen bietet auch die Motorradindustrie speziell gebaute Maschinen mit den typischen Merkmalen an. Vor allem junge Leute fahren auf die Nostalgiemodelle ab. Innerhalb weniger Jahre wurde daraus ein richtiger Hype. „Aber ich fühle mich auch in meinem Alter dazugehörig“, betont der angehende Ruheständler. Dreimal war er mit seiner Frau Andrea schon beim großen Festival in Biarritz, allerdings mit dem Auto. „Demnächst habe ich ja viel Zeit, da möchte ich einmal mit einer meiner Maschinen zu Wheels and Waves fahren. Davon träume ich.“

Rundschau abonnieren