Comedian Friedemann WeiseIm Gespräch über Corona, die „heute Show“und die neue Platte

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Skurril-komische Lieder mit drei Akkorden: Friedemann Weise bei einem Auftritt im Nümbrechter „Haus der Kunst“.

Skurril-komische Lieder mit drei Akkorden: Friedemann Weise bei einem Auftritt im Nümbrechter „Haus der Kunst“.

  • In Oberberg hat Friedemann Weise erste Gehversuche als Musiker unternommen, heute ist der 46-Jährige vor allem als Comedian und als Ensemble-Mitglied der „heute Show“ im ZDF bekannt.
  • Jetzt gibt es ein neues Musikalbum.
  • Darüber sprach der 46-Jährige mit Jens Höhner.

Wie ist Ihre Situation?

Weise: Im Juli und August nehme ich eigentlich immer meine Sommerpause und mache keine Auftritte. Es war komisch, von der Corona-Pause gleich in die Sommerpause überzugehen. Ich habe dann aber doch einige Termine angenommen, weil eben Vieles neu entstanden ist, Open-Airs zum Beispiel – und in Anbetracht der Tatsache, dass ich Monate lang gar nicht aufgetreten bin. Die Autokonzerte habe ich aber bewusst umschifft, habe kein einziges zugesagt. Das ist mir dann doch zu doof, vor Autos zu spielen. Aber natürlich verstehe ich jeden Kollegen, der so etwas macht. Ich hätte daran – glaube ich – keinen Spaß.

Wo fühlen Sie sich wohler: drinnen oder draußen?

Alles zum Thema Höhner

Was Auftritte angeht: Auf jeden Fall drinnen. Eigentlich mag ich Open-Air überhaupt nicht – wegen der Comedy. Es gibt Leute, die das können, die so groß funktionieren, wie man so schön sagt. Dazu gehöre ich aber nicht. Von mir gab es echt miese Auftritte auf Stadtfesten oder so, bei denen Leute an der Bühne vorbeilaufen. Das ist schlimm.

Der neue Langspieler

„Das Weise Album“ (Staatsakt) ist Friedemann Weises vierter Langspieler nach einer Pause von acht Jahren, in der sich Weise allein auf die Comedy und die Kleinkunstbühne konzentriert hat. Das Album erscheint am Freitag, 31. Juli, sowohl digital als auch auf CD, die dann einen Bonustrack hat.

Die zwölf übrigen Stücke sind skurrile (etwa „Kaffeemann“), komische und oftmals satirisch gemeinte Lieder (zum Beispiel „Samenstau auf der Pimmelautobahn“) mit wundervollen Pointen (so auch „Personal-Coach“). Höhepunkte sind die Synthie-Ballade „Liebeskummer im Sommer“ und „Wenn 68er 68 werden“. (höh)

Brauchen Sie den Kontakt zum Publikum?

Jaja, klar, der direkte Kontakt ist das Beste. Das Wichtigste ist, dass da etwas entsteht mit dem Publikum. Das geht besser auf engerem Raum, wenn man dicht beieinandersitzt und sich gegenseitig ansteckt mit dem Lachen – oder der Aggression gegen mich (lacht). Aber geworfen wurde bisher nichts.

Hat Corona Ihnen jemals Angst gemacht?

Ja. Ich bin Hypochonder und habe mir am Anfang große Sorgen gemacht, auch um mich. Zumal ich dachte, dass ich zur Risikogruppe gehöre, weil ich Allergisches Asthma habe. Ich habe mich schon an einem Beatmungsgerät auf dem Flur eines Krankenhauses gesehen. Und – toi, toi, toi – das ist nicht so gekommen.

Gibt es Corona-Lieder?

Ich habe tatsächlich welche gemacht, aber die will ich bei kommenden Auftritten nicht spielen. Überhaupt will ich Corona gerade so wenig wie möglich thematisieren. Als es mit der Home-Kita losging, habe ich ein Kinderlied für die Gruppe meiner vierjährigen Tochter gemacht. Dazu haben wir auch ein Video gedreht, in dem die Kinder zusammen tanzen konnten. Das war schön, alle haben sich gefreut. Und dann habe ich noch einen Song, der heißt „Best-Case-Szenario“, weil ich – auch nach Wochen und Monaten noch – den „Best Case“ vermisst habe. Bitte nicht falsch verstehen: Ich habe Corona ernst genommen und nehme es immer noch ernst. Aber ich finde, dass zu jedem Worst-Case-Szenario auch ein Best-Case-Szenario von Experten gehört. Immer ging es nur um Horrorszenarien und es war die Rede davon, dass die Krankenhäuser nach drei, nach vier, nach sechs Wochen voll sein könnten. Vielleicht sind solche Szenarien bei vielen Leuten aus pädagogischer Sicht aber auch nötig.

Haben Sie von der Home-Kita profitiert?

Ja, das war etwas, das mich sehr gut abgelenkt hat. So musste ich nicht jeden Tag darüber nachdenken, dass ich keine Auftritte habe. Ich habe jeden Tag Home-Kita gemacht, weil meine Lebensgefährtin weitergearbeitet hat – in einem systemrelevanten Beruf. Das ist auch ein großer Unterschied zu den Kollegen und Kolleginnen, die zu Hause saßen, keine Kinder haben. Die sind schneller an die Decke gegangen als ich.

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Ja, das ist schön! Und so hatte ich in der Corona-Pause viel zu tun, wobei die Aufnahmen fast fertig waren. Einmal, das weiß ich noch gut, bin ich zu Produzent Nicolas Epe nach Hause gefahren mit reichlich Desinfektionsmitteln an Bord, weil ich etwas neu einsingen musste. Auch habe ich die Videos für die bisherigen Singles „Kaffeemann“ und „Liebeskummer im Sommer“ gemacht sowie für die dritte, „Die Kunst“. Die ist gerade, zeitgleich mit dem Album, erschienen. Es gab also viel zu tun, was mich abgelenkt, was Spaß gemacht hat.

Friedemann Weise

Groß geworden ist Friedemann Weise in der Reichshofer Ortschaft Wildbergerhütte, geboren wurde er im Gummersbacher Kreisklinikum. In Waldbröl hat der heute 46-Jährige das Hollenberg-Gymnasium besucht und mit dem Abitur verlassen. Mit 18 ist Weise dann nach Köln umgezogen, dort ist seit zehn Jahren der Stadtteil Ehrenfeld seine Heimat. Sein Studium, unter anderem in den Fächern Soziologie, Ethnologie und Englisch, hat er abgebrochen – „erfolgreich“, wie Friedemann Weise heute sagt.

Weise ist Vater einer vierjährigen Tochter. Seit 2018 gehört er zum Ensemble der „heute Show“ im ZDF, die sich derzeit in der Sommerpause befindet. „Im Herbst gibt es neue Drehtermine“, verrät der Comedian. Zu seinen Auszeichnungen bisher gehören das Passauer Scharfrichterbeil, der Jurypreis Tegtmeiers Erben und der Hölzerne Stuttgarter Besen. Gewonnen er zudem den Stuttgarter Comedy-Clash und den Trierer Comedy-Slam, beim Bonner „Prix Pantheon“ stand er im Finale. (höh)

Wie singt man einen Songtitel wie „Samenstau auf der Pimmelparade“ ein, ohne dabei ins Stottern zu geraten?

Man denkt dabei an Junggesellenabschiede in der Kölner Fußgängerzone! Und schon hat man genug Ernsthaftigkeit, um das einzusingen.

Und was inspiriert Sie?

Zum Beispiel Junggesellenabschiede. Nein, wirklich, alles was mich umgibt, inspiriert mich, auch wenn das jetzt klischeehaft klingt. Aber es ist tatsächlich so, dass ich mit offenen Augen und Ohren durch die Stadt gehe. Es müssen jedoch nicht immer Einflüsse von außen sein. Manchmal kann es auch das berühmte Ding sein – unter der Dusche, auf dem Fahrrad. Wenn man mal an gar nichts denkt, dann kommt auf einmal eine Idee.

Wie hat die „heute Show“ Ihr Leben verändert?

Nicht so, wie ich gehofft habe. An Bekanntheit hat sie schon etwas gebracht. Was bisher ausgeblieben ist, ist, dass die Auftritte wesentlich voller geworden sind. Meine Hoffnung war, dass die „heute Show“ einen richtig großen Schub geben würde, aber das geht bei mir wohl langsamer weiter. Ich träume nicht von der Lanxess-Arena und 20 000 Leuten, aber doch wenigstens von ausverkauften Häusern. Und das sind sie jetzt noch nicht immer.

Haben Sie auch bei diesem Album alles selbst gemacht?

Fast, denn diesmal habe ich mir Gäste ins Studio dazugeholt, zum Beispiel mein „musikalisches schlechtes Gewissen“, Albrecht Schrader. Den kennen einige als Leiter des Rundfunktanzorchesters Ehrenfeld und aus den Sendungen von Jan Böhmermann. Er ist ein Freund von mir und mit ihm schreibe ich auch Songs für die Serie „Kroymann“ in der ARD. Albrecht hat mir viel geholfen und auch mal im Studio das Klavier eingespielt. Mit dem Duo Simon und Jan war ich im vergangenen Jahr auf Tour, das hat sehr gut funktioniert. Eines meiner Stücke, den „Twitter-Song“, wollte ich ganz anders machen. Das haben die beiden dann übernommen.

Wann erleben wir das Comeback der am Hollenberg-Gymnasium in Waldbröl gegründeten Karl-Bein-Band?

Oh, die Karl-Bein-Band. Ich hoffe, dass die noch jemand kennt in Oberberg. Aber noch viel mehr warten die Leute wohl auf das Comeback von Tagestrip, das war die Nachfolgeband – eine Funk-Band, und ich habe das Schlagzeug gespielt. Da hat übrigens Aydo Abay aus Waldbröl gesungen, den man vor allem von seiner späteren Band Blackmail, einer Alternative-Rock-Gruppe, kennt. Auf dieses Comeback warten die Leute in Oberberg immer noch, aber wir lassen sie zappeln. Ansonsten treffe ich Leute wie den Nümbrechter Martin Bechler von Fortuna Ehrenfeld und eben Aydo Abay heute eher in Köln als in Oberberg.

Wie hat Ihre musikalische Ausbildung begonnen?

Natürlich mit der Blockflöte, mit vier oder fünf. Da gab es einen berühmten Auftritt in der Barockkirche von Odenspiel, da habe ich mit Windel gespielt. Ich hatte Durchfall. Ich war viel zu alt für Windeln, wollte den Auftritt aber auf keinen Fall absagen. Da haben mir meine Eltern die Windeln besorgt. In der Kirche hatte ich auch meinen ersten Auftritt als Schlagzeuger, da habe ich „Swing Low, Sweet Chariot“ gespielt und den Swingbeat viel zu laut auf meinem Schlagzeug getrommelt. Aber das waren eben meine Anfänge.

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