Corona sorgt für steigende UmsätzeSchlange stehen beim Metzger

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Hat 50 Prozent mehr Umsatz seit Corona, aber, weil der Cateringservice wegfällt, auch vier Mitarbeiter in Kurzarbeit: Holger Kleinjung von der gleichnamigen Metzgerei in Wallefeld.

Hat 50 Prozent mehr Umsatz seit Corona, aber, weil der Cateringservice wegfällt, auch vier Mitarbeiter in Kurzarbeit: Holger Kleinjung von der gleichnamigen Metzgerei in Wallefeld.

  • Seit den massenhaften Infektionen steigen die Umsätze des oberbergischen Metzger
  • Doch die sind seit Corona ohnehin gestiegen
  • Hamsterkäufe während des Lockdowns sind nur ein Grund dafür

Oberberg – Als Mitte Juni die ersten Berichte über die massenhaften Corona-Infektionen im Schlachtbetrieb der Firma Tönnies bekannt geworden waren, lief es in den Filialen der Metzgerei Müller in Wiehl und Bielstein schon eine ganze Zeit besonders gut. Die Nachricht habe das Geschäft aber noch einmal verbessert, sagt Bernie Müller. Sie ist dort Verkaufsleiterin und arbeitet seit 40 Jahren im Metzgereibetrieb. Sie sagt aber auch: „Seit Corona haben wir generell sehr gut zu tun.“ Zur Zeit des Lockdowns hätten immer mehr Leute ihr Fleisch in der Metzgerei gekauft. „Alle Leute waren zu Hause, und weil keine Restaurants geöffnet hatten, konnten sie nirgendwo anders essen.“

Besonders gut läuft es auch für Holger Kleinjung und seine Metzgerei in Engelskirchen-Wallefeld. Seit der Corona-Pandemie mache er etwa 50 Prozent mehr Umsatz, berichtet der 54-Jährige. „Das freut uns natürlich“, aber es gebe auch Nachteile: „Unser Cateringservice steht wegen Corona quasi bei Null, sodass wir vier Mitarbeiter in Kurzarbeit schicken mussten.“

Hamsterkäufe auch bei den Metzgern

Kathrin Rehse von der Kreishandwerkerschaft Bergisches Land, zu der auch die Fleischerinnung gehört, sieht mehrere Gründe für den Umsatzanstieg: „Auch bei den Metzgereien hat es Hamsterkäufe gegeben“, weiß sie. Dass nur eine begrenzte Zahl an Kunden in Verkaufsräume durften, habe die Menschen zudem zum Metzger gelockt. „Da gab es einfach weniger Kontakt zu anderen als im Supermarkt.“

Holger Kleinjung

Mit dem Ehrenpreis des Landes NRW „Meister.Werk.NRW“ ist Holger Kleinjung nun für sein Fleischer-Handwerk ausgezeichnet worden. Der Preis wird jährlich als eine besondere Anerkennung für handwerkliches Können verliehen. 100 Prozent von Kleinjungs Fleisch stammt aus der Region. Besonderen Wert legt er auf „naturschutzorientierte Landwirtschaft, bewussten Einkauf und Qualität“. (ebu)

Als dann der Lockdown vorbei gewesen sei, habe die Wiedersehensfreude der Menschen dafür gesorgt, dass hochwertigere Produkte gekauft wurden, vermutet Rehse. „Und dadurch, dass die Leute etwa nicht in den Urlaub fahren können, gönnt man sich mal das Fleisch vom Metzger.“ Das habe den positiven Effekt, dass die Menschen feststellten, dass dort das Fleisch gar nicht so viel teurer ist. „Mittlerweile stehen die Leute samstags in Schlangen vor den Metzgereien.“ Dadurch werde die Vielfalt und die Qualität der lokalen Anbieter entdeckt.

Die Spezialitäten der Metzger entdecken

Manche der Fleischer, die von der Kreishandwerkerschaft betreut werden, haben Kathrin Rehse geschildert, sie würden im Freundeskreis „regelrecht herumgereicht“: „Denn jeder hat eine andere Spezialität: eine besonders gute Grillwurst oder ein saftiges Steak. Das wollen die Leute entdecken.“ Dabei spiele auch Vertrauen eine große Rolle. „Den Kunden ist es jetzt besonders wichtig, von dem Metzger bedient zu werden, der das Fleisch zubereitet hat.“

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Die Erfahrung hat auch Manfred Wirth in Marienheide gemacht. Bereits vor Corona sei das Geschäft in seiner Fleischerei gut gelaufen. Das liege daran, dass die Menschen sensibler für die Umstände der Fleischproduktion geworden seien, vermutet er. „Sie wollen wissen: Wo kommt das Fleisch her? Wie geht es den Tieren? Wer schlachtet die?“ Der Skandal bei Tönnies habe sich durchaus positiv ausgewirkt – wie die meisten Skandale in der Fleischindustrie. „Ein paar Wochen lang kommen dann mehr Kunden. Sobald die Berichte weniger werden, geht das wieder zurück.“ Dann werde erneut Fleisch im Supermarkt gekauft. Das sei wie mit der Schokocreme auf dem Brot, findet Wirth. Es sei bekannt, dass diese ungesund ist, trotzdem greife man immer wieder zu. „Der Mensch ist ein Gewohnheitstier“.

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