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Die Sorge bleibtErster Corona-Verdachtsfall in Oberberg nicht bestätigt

Lesezeit 5 Minuten
Coorna Symbol

Menschen schützen sich mit Mundschutz. (Symbolbild)

  • Der Coronavirus-Verdacht in Oberberg hat sich nicht bestätigt. Dennoch bleibt die Sorge weiterhin groß.
  • Hamsterkäufe und Angst vor Groß-Events - viele Menschen fragen sich, wie es jetzt weitergeht.
  • Wir haben die wichtigsten Fragen und Antworten zum Coronavirus für die Menschen im Kreis Oberberg.

Oberberg – Die Entwarnung kam am späten Mittwochabend: Da erreichte die Verantwortlichen des Oberbergischen Kreises der Laborbefund, dass sich der erste Verdachtsfall auf eine Ansteckung mit dem Coronavirus nicht bestätigt hat. Hier die wichtigsten Fragen und Antworten zum Fall und zu den Vorbereitungen auf einen Ausbruch.

Was steckt hinter dem Fall von Mittwoch?

Der Mann aus Bergneustadt war erst kürzlich aus Italien zurückgekehrt und hatte sich schon vor einigen Tagen bei den Behörden gemeldet. Diese standen laut Angaben des Kreises daraufhin in engem telefonischen Kontakt mit ihm. Als er am Mittwoch stärkere Symptome zeigte, seien er und vorsichtshalber auch seine Frau zu Hause abgeholt worden. Ihnen seien in einem abgetrennten Bereich des Gummersbacher Krankenhauses unter besonderen Sicherheitsvorkehrungen Proben entnommen worden. Danach konnten die Eheleute nach Hause zurück. Das Kreisgesundheitsamt stand weiter in Kontakt mit dem Paar. Nachdem sich der Verdacht durch die virologische Untersuchung am späten Mittwochabend nicht bestätigt hatte, konnte auf die Anordnung einer Quarantäne verzichtet werden.

Wie hat der Kreis auf den Verdachtsfall reagiert?

Wie Landrat Jochen Hagt berichtete, tagte zeitgleich der Krisenstab in der Leitstelle in Kotthausen mit allen beteiligten Behörden. Danach wurden die Bürgermeister aller Kommunen informiert. Am Abend wurde der Verdachtsfall bekanntgemacht, obwohl die Untersuchung noch andauerte. „So werden wir auch in künftigen Fällen verfahren“, erklärte der Landrat.

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Wie ist die Situation im Gummersbacher Krankenhaus, wo der Verdachtsfall behandelt wurde?

Zahlreiche besorgte Bürger, die von dem Verdachtsfall erfahren hatten, haben sich nach Informationen dieser Zeitung seit Mittwochabend im Krankenhaus erkundigt, ob dort tatsächlich Corona-Infizierte versorgt werden. Das Krankenhaus selbst darf laut Anweisung des Kreises keine Auskünfte geben. Für medizinische Fragen wurde aber mit der (02261) 17-1125 eine Telefonnummer eingerichtet.

Wie reagieren die Hausärzte?

Sie versuchen, ihre Praxen auf den Epidemiefall vorzubereiten. Patienten werden nur einzeln und nur nach telefonischer Voranmeldung eingelassen – und auch nur, wenn sie zuvor vor Betreten der Praxis auf mögliche Coronasymptome überprüft wurden. Der Schutz des Gesundheitspersonals sei eine der wichtigsten Vorgaben der Weltgesundheitsorganisation im Fall einer Epidemie, sagt der Vorsitzende des oberbergischen Hausärzteverbandes, Dr. Ralph Krolewski, und kritisiert, dass es noch keine amtliche Organisationsplanung für den Bereich der niedergelassenen Ärzte im Fall einer Epidemie gebe. Ein vom Robert-Koch-Institut gestern aktualisierter Ablaufplan zur Verdachtsabklärung einer Covid-19 Erkrankung erreichte die Praxen gestern über die Kassenärztliche Vereinigung Oberberg.

Wie sicher sind die hausärztlichen Notfallpraxen an den Krankenhäusern?

Darüber sind die Kassenärztliche Vereinigung Oberberg als Betreiber der drei Notfallpraxen an den Krankenhäusern und der Hausärzteverband völlig unterschiedlicher Meinung. Der Hausärzteverband kritisiert den ungeregelten Zugang aller Patienten zur Praxis und den zu engen Wartebereich dort. Das berge erhebliche Risiken für Patienten und die Ärzte. Mögliche Infektionen müssten aber unter allen Umständen aus den Krankenhäusern herausgehalten werden. Der Bergneustädter Hausarzt Claus Bockhacker fordert sogar die Schließung der Gummersbacher Notfallpraxis für die Dauer der Coronaproblematik. Stattdessen sollte vor der Klinik ein Zelt oder ein Container für den Notdienst aufgestellt werden. Das hält Dr. Udo Steiniger, Vize-Vorsitzender der KV Oberberg, für völlig überzogen. Die Praxis entspreche den Vorschriften und sei sicher. Zu den Dienstzeiten der Praxis gebe es am Eingang der Klinikebene 2 eine erste medizinische Kontrolle und Einschätzung (Triage) durch einen Mitarbeiter der KV.

Wie reagieren die Bürger auf den Verdachtsfall?

Viele sind besorgt. Das zeigt auch die Resonanz auf das neu eingerichtete Bürgertelefon des Kreises. Dort gingen allein am Donnerstagmorgen, als die Nummer freigeschaltet wurde, mehr als 40 Anrufe ein: zum Beispiel von Menschen, die erste Erkältungsanzeichen zeigen, aber auch von Ehrenamtlern, die wissen wollten, ob sie nun wirklich keine Besuche mehr im Krankenhaus machen sollen. Beantwortet werden die Fragen laut Hagt von Mitarbeitern des Kreisjugendamtes, die am Mittwoch kurzfristig dafür geschult wurden, erklärt Hagt: „Entweder antworten sie selbst anhand einer Liste von häufig gestellten Fragen oder sie reichen die Anrufer weiter an Experten vom Gesundheitsamt.“ Das Bürgertelefon ist nicht nur heute von 8 bis 18 Uhr unter (02261) 88-38 88, sondern auch am Wochenende erreichbar – am Samstag und Sonntag jeweils von 12 bis 18 Uhr. Zudem verweist der Kreis auf die Nummer des NRW-Gesundheitsministeriums: (02 11) 8 55 47 74.

Gibt es in Oberberg Hamsterkäufe wegen Corona?

„Alles ausverkauft“: Wer gestern im Waldbröler dm-Markt Desinfektionsmittel oder Seife kaufen wollte, stieß auf leere Regale. Filialleiterin Ramona Pohl spricht bereits von Hamsterkäufen. Doch nicht nur Hygieneartikel seien gefragt: „Die Leute kaufen immer mehr Lebensmittel.“ In der Waldbröler Wald-Apotheke von Reiner Stegemann ist kein einziger Mundschutz mehr zu haben: „Und wir können auch keine mehr liefern“. Innerhalb von zwei Tagen habe er 200 Flaschen Desinfektionsmittel verkauft. „Erstaunlich ist, dass kaum Medikamente auf Vorrat gekauft werden.“ Einige Desinfektionsartikel seien noch auf Lager, schildert zudem eine Mitarbeiterin der Waldbröler Rossmann-Filiale und berichtet von deutlich mehr Käufen schon seit mehreren Tagen.

Wer geht noch raus, zum Beispiel auf den Markt?

Mit nur 21 von sonst mehr als 150 Händlern fiel der Waldbröler Vieh- und Krammarkt am Donnerstag weit kleiner aus als sonst im Februar. „Schuld ist aber wohl eher das schlechte Wetter“, sagt Marktmeister Günter Härting. Die Händler fürchteten aber, „dass der Markt wegen Corona bald abgesagt wird“.

Könnten schon bald Großveranstaltungen – zum Beispiel Spiele des VfL Gummersbach wie am Freitagabend – abgesagt werden?

„Wir nehmen das Coronavirus sehr ernst – gerade wegen der Gefahr für Risikopatienten“, sagt Landrat Jochen Hagt. Bei allen Maßnahmen nach dem Infektionsschutzgesetz müsse allerdings auch der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt bleiben. Und das heißt für Hagt: „Solange es keinen bestätigten Fall gibt, werden wir VfL-Spiele genauso wenig absagen wie die Kölner und die Düsseldorfer den Karneval.“

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