Forstamt stellt Vermarktung einOberbergische Waldbesitzer müssen selber verkaufen

Lesezeit 3 Minuten
Ein Harvester fällt Bäume: Um den Verkauf der Stämme müssen sich die Waldbesitzer in Oberberg ab 2019 selbst kümmern. Dem Landesbetrieb Wald und Holz ist die Vermarktung ab dann untersagt.

Ein Harvester fällt Bäume: Um den Verkauf der Stämme müssen sich die Waldbesitzer in Oberberg ab 2019 selbst kümmern. Dem Landesbetrieb Wald und Holz ist die Vermarktung ab dann untersagt.

Oberberg – Harald Keller spricht von einem „forstwirtschaftlichen Erdbeben“, das derzeit die Waldbesitzer im Oberbergischen Kreis heimsucht. Keller ist beim Regionalforstamt Bergisches Land für die Holzvermarktung zuständig, die viele der 21 Forstbetriebsgemeinschaften bereits seit 1972 dem staatlichen Betrieb anvertraut haben. Doch damit ist demnächst Schluss, hat die Landesregierung mitgeteilt: Ab dem 1. Januar 2019 darf der Landesbetrieb für die Forstbetriebsgemeinschaften das Holz nicht mehr verkaufen.

Längst wird in vielen Forstbetriebsgemeinschaften heiß diskutiert, wie man künftig das Holz möglichst profitabel an die Sägewerke bringen kann.

Kartellbehörde sieht unrechtmäßigen Wettbewerb

Der Landesbetrieb stellt die Vermarktung nicht freiwillig ein. Hintergrund ist ein Kartellverfahren, das im Jahr 2002 in Baden-Württemberg seinen Anfang nahm. Dort hatte der Sägewerksverband eine Beschwerde eingelegt, weil das Land auch Holz von Privatleuten vermarktete. Diese preiswerte Dienstleistung sei ein unrechtmäßiger Wettbewerbsvorteil, entschied 2015 das Bundeskartellamt.

Sturmschäden

Rund zwei Monate, nachdem das Sturmtief Friederike über das Oberbergische hinweggezogen ist, hat der Landesbetrieb Wald und Holz die Schäden in den oberbergischen Wäldern erfasst.

Wie viele Bäume genau die Orkanböen am 18. Januar entwurzelt, umgeknickt oder beschädigt haben, ist nicht klar – das Regionalforstamt Bergisches Land bemisst den Schaden stattdessen in Festmetern Holz. Rund 77 000 Festmeter habe Friederike zu Boden gebracht. Zum Vergleich: In den oberbergischen Wäldern wachsen pro Jahr rund 150 000 Festmeter Nadelholz und 100 000 Festmeter Laubholz nach. Harald Keller vom Forstamt sagt: „Forstmeister Sturm hat also weniger geerntet, als jedes Jahr dazukommt.“ In der Kreismitte, rund um Gummersbach, schlug der Sturm am stärksten zu. Allein dort fielen gut 30 000 Festmeter an. Durch die gemeinsame Holzvermarktung durch das Forstamt habe man einen Preisverfall verhindern können.

Nun beginnt die Wiederaufforstung. Zwischen 80 und 100 Hektar müssten neu bepflanzt werden, so Keller. Wie schon nach dem Orkan Kyrill empfiehlt das Forstamt den Waldbesitzern, keine reinen Nadelwälder anzulegen, sondern Mischwälder. Dabei sollen Baumarten angepflanzt werden, die dem wärmer werdenden Klima trotzen können, wie Douglasien. (ag)

Als Reaktion darauf erhöhten die Forstämter die Gebühren für ihre Holzvermarktung drastisch. Das machten einige oberbergische Forstbetriebsgemeinschaften, wie die in Bielstein, nicht mit, stiegen aus und verkaufen ihr Holz seitdem selbst. Andere Betriebsgemeinschaften zogen nach.

Dem abzusehenden Vermarktungsverbot in Nordrhein-Westfalen kam die Landesregierung nun zuvor. Dabei habe sich die jahrzehntelange Praxis auch für die Privatwaldbesitzer in Oberberg ausgezahlt, erklärte Harald Keller nun den Mitgliedern des Kreisumweltausschusses. Weil Keller über große Mengen Holz von vielen Betriebsgemeinschaften verhandeln konnte, habe er bei den Abnehmern gute Preise erzielen können. „Das lief auf Augenhöhe“, sagt er. Die finanziell rosigen Zeiten wären passé, wenn die Sägewerke sich aus vielen Holzangeboten der einzelnen Forstbetriebsgemeinschaften die günstigsten heraussuchen.

Damit es nicht so weit kommt, wird derzeit eine neue privatwirtschaftliche Dachorganisation aufgebaut. Dem Kreisumweltausschuss wurde mitgeteilt, dass eine „Forstwirtschaftliche Vereinigung Bergisches Land“ ab dem kommenden Jahr den Verkauf auch des oberbergischen Holzes übernehmen soll – und damit die Dienstleistung des Landesbetriebs Wald und Holz. Die Forstbetriebsgemeinschaften in Oberberg können sich der Vereinigung anschließen.

Der Kreisumweltausschuss hat nun einstimmig veranlasst, dass sich der Landrat über die Landesregierung beim NRW-Umweltministerium für eine angemessene Unterstützung der privaten und kommunalen Waldbesitzer im Oberbergischen Kreis beim Aufbau einer neuen kartellrechtskonformen Vermarktungsstruktur einsetzen soll. Die Hilfe solle durch eine Abordnung von Fachpersonal aus der Forstverwaltung und einer auskömmlichen Anschubfinanzierung erfolgen.

Rundschau abonnieren