Frisch aus dem AutomatenOberbergs Landwirte bieten jederzeit Fleisch und Eier an

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Für Spontangriller.

Für Spontangriller.

Happach/Hanfgarten – Es ist Wochenende, die Sonne scheint, und ein Auto nach dem anderen steuert das Gut Happach der Familie Overhoff an. Zielstrebig eilt Alexander Rabek aus Waldbröl in das neu gebaute Fachwerkhäuschen neben dem luftigen Kuhstall, zupft einen Schein aus der Geldbörse.

„Zu Hause brennt schon der Grill, die Kinder warten ungeduldig.“ Kurz entschlossen hat sich die Familie mit Blick zum blauen Himmel zu gebrutzelten Steaks entschlossen. Ein Blick auf das Angebot im Automaten, ein Druck auf die Wahltaste – und Rabek ist schon wieder auf dem Heimweg.

Seit August 2020 können Spontangriller wie er rund um die Uhr ganz unkompliziert Fleisch und Würste ziehen, vorausgesetzt, es sind noch welche da. „Wenn zum Wochenende schönes Wetter angesagt ist, lege ich mir einen Vorrat hin, und falls was übrig bleibt, friere ich es für meine Familie ein“, sagt Landwirtin Jeanette Overhoff. Sie ist da ganz pragmatisch.

Grillfleisch aus dem Automaten lockt Roland Kasb mit Phil und Nela nach Happach.

Grillfleisch aus dem Automaten lockt Roland Kasb mit Phil und Nela nach Happach.

20 bis 30 vakuumierte Pakete wechseln an heißen Sonntagen die Besitzer. Mehr, wenn das schöne Wetter nicht vorhergesagt war, weniger, falls es dann doch regnet. „Das Grillfleisch ist das große Zugpferd unseres Automaten“, freut sie sich. Und für den Notfall hat sie auch noch Holzkohle parat.

Dabei gibt es bei Overhoffs keineswegs nur Fleisch und Würste to go: Marmeladen und Mischungen für selbst gemachte Kräuterbutter vom Waldbröler Kräutercafé, Käse aus Jules Käsekiste, Backmischungen, Mehl, Nudeln. Alles handwerklich hergestellt und aus der Region, betont die 36-Jährige. Das ist ihr ganz wichtig. „Wir haben hier so gute Produkte bei uns in der Nähe“, sagt sie überzeugt. Das habe sich inzwischen herumgesprochen, meint Roland Kasb, der seine Kinder mitgebracht hat.

Jaenette Overhoff.

Jaenette Overhoff.

„Am letzten Wochenende war ich leider zu spät, da war der Automat schon leer. Deshalb nehme ich etwas mehr mit, als Vorrat.“ Der fünfjährige Phil und die dreijährige Nela wollen noch die Kälbchen angucken . Kein Problem für Jeanette Overhoff. Sie liebt die Gespräche mit Kunden. „Sie können sich angucken, so ist Landwirtschaft heute. Wir sind nicht immer die Bösen. Und wenn ich erkläre, warum wir etwas so machen, gehen doch manche Leute überzeugter, als sie gekommen sind.“

Sie hatte die Idee, dem Milchautomaten, der 2018 aufgestellt wurde, einen Lebensmittelautomaten an die Seite zu stellen. Und zwar nicht nur für Fleisch. „Ich grille selbst nicht gern“, gesteht sie. „Deshalb soll auch anderes im Angebot sein.“ Aber zuerst waren ihnen das Risiko und die Kosten zu hoch. 15 000 Euro kostet allein der Automat, die Landwirtin musste dafür ein zusätzliches Gewerbe anmelden. Von Anfang an mit von der Partie war der Denklinger Metzger Gregor Rosenbauer.

In Hanfgarten bieten Melanie und Holger Merten wiederum zum Beispiel Eier oder auch Nudeln aus dem Automaten an.

In Hanfgarten bieten Melanie und Holger Merten wiederum zum Beispiel Eier oder auch Nudeln aus dem Automaten an.

Er sei gleich Feuer und Flamme gewesen, habe auch neben seiner berühmten Fleischwurst, den Krakauern und dem Fleisch auch Ideen beigesteuert. „Inzwischen ist das neu gebaute Häuschen fast schon wieder zu klein“, seufzt Overhoff. „Ich habe noch jede Menge Ideen.“ Der neuste Plan: Eine Ladestation für E-Bikes für all jene, die auf zwei Rädern auf der Suche nach dem Kotelett in Happach Halt machen.

Was für die Overhoffs die Grillwürste, sind für Melanie und Holger Merten in Hanfgarten die Eier. „Wir standen vor der Wahl, direkt zu vermarkten oder aufzugeben“, sagt der 37-Jährige, in dritter Generation auf dem Hof. Sie entschieden sich für die Milchtankstelle und den Automaten, der seit November 2020 in Betrieb ist. „Ein Hofladen wäre zu viel Zeitaufwand. Wir müssen ja beide auf dem Hof arbeiten“, erläutert Melanie Merten. „So kann jeder zwischen 6.30 und 21 Uhr kommen, wann es gerade passt.“

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Morgens packt sie 400 Eier in den Automaten, zwei Stunden später sind sie alle weg. „Immer komme ich zu spät“, klagt eine Kundin. Ein Mann, der ebenfalls leer ausgeht, fragt sich, ob er in Zukunft um 6 Uhr aufstehen muss, um Eier abzubekommen. Gerade haben Mertens ein neues Hühnermobil aufgestellt, mit weiteren 400 freilaufenden Hennen, insgesamt sind es dann 900. Sollten doch mal Eier übrig bleiben, lassen sie Nudeln herstellen, außerdem Bolognesesoße aus eigenem Rindfleisch sowie Honig. Ganz neu im Angebot ist auch ein wechselndes Käseangebot.

„Nur den Eierlikör dürfen wir nicht im Automaten verkaufen“, schmunzelt die Landwirtin. Demnächst soll es auch Pulled Beef und Chili con Carne aus dem Automaten geben. Sehr gern würden sie und ihr Mann auch Grillfleisch und -würste anbieten, den Automaten könnten sie um zusätzliche Module erweitern. „Leider haben wir bisher noch keinen Metzger gefunden, der mit uns zusammenarbeitet“, bedauern sie.

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