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„Menschen aktiv beteiligen“Kandidatentreffen für die Gummersbacher Kommunalwahl

Lesezeit 3 Minuten
Kennenlernen wollten zahlreiche Migranten mit Wurzeln in verschiedenen Ländern und Kulturen die Kandidatinnen und Kandidaten im Kommunalwahlkampf. Thomas Hein (4.v.l.) und Tülay Durdu (2.v.l.) stellten sich den Fragen von Moderator Aziz Kocyigit (ganz l.).

Kennenlernen wollten zahlreiche Migranten mit Wurzeln in verschiedenen Ländern und Kulturen die Kandidatinnen und Kandidaten im Kommunalwahlkampf. Thomas Hein (4.v.l.) und Tülay Durdu (2.v.l.) stellten sich den Fragen von Moderator Aziz Kocyigit (ganz l.).

Gummersbach – „Wir Migranten leben schon seit ewigen Zeiten hier. Wir wollen wissen: Was machst Du anders? Warum sollen wir Dich wählen?“ Die Frage von Moderator Aziz Kocyigit galt dem parteilosen Gummersbacher Bürgermeisterkandidaten Thomas Hein , der gemeinsamen Landratskandidatin von SPD, der Linken und der Grünen, Tülay Durdu, sowie den Spitzenkandidaten der Grünen und der Linken für den Gummersbacher Rat und den Kreistag. Zu einem „Kennenlernen in lockerer Atmosphäre“ hatte die Ortsgruppe Oberberg der Föderation Demokratischer Arbeitervereine am Samstag ins Alevitische Kulturzentrum eingeladen.

„Ich habe in den vergangenen 16 Jahren erlebt, wie der jetzige Amtsinhaber mit der Bevölkerung umgeht. Das möchte ich ändern“, erläuterte Hein vor rund 50 Zuhörern mit Wurzeln in verschiedenen Herkunftsländern seine Motivation für seine Kandidatur. Der Herausforderer schilderte seine Konzepte für bezahlbaren Wohnraum und eine veränderte Verkehrssituation.

Art der Kommunikation

Als Hauptthema nannte er aber vor allem eine andere Art der Kommunikation mit der Bevölkerung aller Altersgruppen: „Politiker und Verwaltung müssen in die Stadtteile gehen, in Zukunftswerkstätten nach der Lebenssituation, nach der Versorgung, nach den Bedürfnissen fragen.“ Mit Blick auf Frank Helmenstein kritisierte er: „Nur sieben Mal im Jahr als Verwaltungsvorstand vor Ort zu sein, der Bürgermeister erzählt etwas und die Menschen haben dann 20 Minuten Zeit, Fragen zu stellen – das reicht einfach nicht.“

Auch Kocyigit beklagte „die fehlende Kommunikation mit der Stadt und dem bisherigen Bürgermeister“ und fragte Hein – aktuell Fachbereichsleiter Jugend, Familie und Soziales bei der Stadt – nach Projekten für Migranten. Der nannte die dezentrale Unterbringung von Flüchtlingen als gelungenes Beispiel und Bildungsmaßnahmen als Schlüssel zur Integration. Integration bedeute allerdings nicht, „einmal im Jahr mit dem Türken Döner zu essen“.

Selbstverständliche Begegnung

Dazu gehöre die selbstverständliche Begegnung und gegenseitige kulturelle Bereicherung im gemeinsamen Alltag: „Integration ist, wenn der kleine Ibrahim beim kleinen Otto zu Hause aus- und eingeht und umgekehrt.“

An die Adresse der Migranten gerichtet wünschte sich Hein, dass sich mehr von ihnen zum Beispiel im Schützenverein engagieren: „Die deutsche Kultur ist eine offene.“ Der Angst vor dem Fremden könne nur durch gegenseitiges Kennenlernen begegnet werden, und dafür wolle er alles tun. Die Kriminalität in Gummersbach lag einem Mann mit afrikanischen Wurzeln besonders am Herzen. Hein verwies auf eine rückläufige Kriminalitätsrate. „Wann sind Sie selbst mit Kriminalität in Berührung gekommen? Das sollte der Gradmesser sein.“

Vorbildfunktion für viele Menschen

Für Landratskandidatin Tülay Durdu – in der türkischen und deutschen Kultur gleichermaßen aufgewachsen – war ihr Auftritt praktisch ein „Heimspiel“. Sie wisse selbst, wie schwer es sei, „zwischen zwei Stühlen zu leben“. Aber gerade als Migrantenkind und als Frau sehe sie sich in einer Vorbildfunktion. Wie hoch sie selbst da ihre Chancen als Herausforderin des Amtsinhabers einschätze, zumal sie nicht aus Oberberg komme, meldete eine Frau ihre Bedenken an. „Risikobereitschaft gehört dazu, und ich setzte auf meine Löweneigenschaften“, antwortete Durdu.

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Nach der Vorstellung der Kandidatinnen und Kandidaten für Kreistag und Stadtrat rief Moderator Kocyigit die Migrantinnen und Migranten auf, nicht länger mit der Politik zu fremdeln und darauf zu warten, dass ein Bürgermeister oder eine Landrätin ihre Probleme für sie löse: „Wahlen kann man gewinnen oder verlieren – aber dieser Wahlkampf sollte hinterlassen, dass wir uns als Teil der Gesellschaft aktiv beteiligen.“

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