Gummersbach-VollmerhausenWaldorfschule Oberberg zeigt Drama „Die Verbrecher“

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Ist Gesetz immer Gesetz oder beeinflusst der Zeitenwandel Recht und Moral? Nachdenklich stimmt die Gerichtsszene von Malou, Pella, Jonathan, Cécile, Lukas, Anna (v. l.) mit Nils und Lara.

Ist Gesetz immer Gesetz oder beeinflusst der Zeitenwandel Recht und Moral? Nachdenklich stimmt die Gerichtsszene von Malou, Pella, Jonathan, Cécile, Lukas, Anna (v. l.) mit Nils und Lara.

Vollmerhausen – Vor Gericht flüstert eine Zeugin: „Wir sind alle Verbrecher“. Es ist ein zentraler Satz in dem Drama „Die Verbrecher“.

1928 veröffentlichte der Theaterleiter Theodor Tagger unter dem Künstlernamen Ferdinand Bruckner die sozialkritische Milieustudie. Die Abschlussklasse der Freien Waldorfschule Oberberg führt sie vom 10. bis 12. November auf.

Der Berliner Schauspieler und Regisseur Marcus Lachmann (56) arbeitet seit zehn Jahren theaterpädagogisch mit der Waldorfschule zusammen. Er schnitt das Stück auf die 34 Zwölftklässler zu: „Jeder hat eine Rolle.“ Das stärke das Selbstbewusstsein und passe – als Sich-selbst-bewusst-Sein – zur Waldorfpädagogik.

In der Probe für die Gerichtsszene geht Pella (18) über Tische und Bänke: „Ich spiele Mimi, ein Dienstmädchen. Sie flirtet mit bessergestellten Männern, sogar mit den Richtern. Nur um endlich aus ihrer niedrigen gesellschaftlichen Rolle rauszukommen.“

Ehe die männlichen Richter, gespielt von Malou (18) und Jonathan (17), den Reizen erliegen, lassen die Richterinnen (Cécile und Anna) und die Staatsanwältin (Mara) die Zeugin abführen. Strengsein und Rumbrüllen sei nicht leicht, sagen die Mädchen. „Mit jeder Probe wird es allerdings besser, und langsam kommt so eine gewisse Routine“, sind sie sich einig.

Alle machen bei allem mit

Die 17- und 18-jährigen Schüler sind von der Stückauswahl an über die Bearbeitung, Besetzung und Gestaltung einbezogen. Proben fanden auch mitten in den Herbstferien statt.

„Völlig normal“, sagt Melanie Monyer (31) dazu. Die Schauspielerin aus Köln kehrt für „Die Verbrecher“ als freiberufliche Theaterpädagogin zur Waldorfschule in Vollmerhausen zurück: „Hier habe ich 2005 Abi gemacht. Klassenspiele an meiner alten Schule zu begleiten und vorzubereiten, ist toll!“

Die sogenannten Klassenspiele werden in mehrwöchigen Projekten intensiv vorbereitet. „Das ist in der Pädagogik der Waldorfschule verankert“, sagt Monyer. Ferien oder Schulfächer wie Englisch und Mathe spielen derzeit keine Rolle für die Zwölftklässler. Sie proben, schneidern Kostüme, tüfteln am Bühnenbild.

Letzteres ist eine Herausforderung: Marcus Lachmann inszeniert „Die Verbrecher“ in sieben Zimmern an der Längsseite der Mehrzweckhalle. Die eigentliche Bühne wird nur für Gerichtsszenen genutzt. Um allen Zuschauern gute Sicht zu ermöglichen, werden etwa 250 Sitzplätze in aufsteigenden Reihen auf Podesten bestuhlt.

Lukas (18) hat nur eine Zeile Text. Dennoch muss er in der Gerichtsszene als Wachtmeister ständig präsent sein und aufs Stichwort agieren. Ob in ihren Rollen als Richter, bettelarme Eltern, abtreibungswillige Schwangere oder verzweifelter Homosexueller – die Schüler holen die Milieustudie der alles andere als goldenen 20er Jahre ins Jahr 2017. Nils (18) spielt einen Frauenhelden. „Ohne Knutschen, aber es geht echt zur Sache“, sagt er. Welches Verhältnis er zur Verteidigerin (Sabine) hat und ob er ein Verbrecher ist, erfährt man in der Aufführung.

Die Verbrecher: Am Freitag, 10. , und am Samstag, 11. November, jeweils um 20 Uhr, am Sonntag, 11. November, um 18 Uhr, Waldorfschule Gummersbach-Vollmerhausen, Kirchhellstraße 32. Der Eintritt ist frei.

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