Kontaktverfolgung bei CoronaSoldaten sind im Oberbergischen Kreis angekommen

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Die Soldaten unterstützen den Oberbergischen Kreis bei der Kontaktverfolgung bei Corona-Fällen.

Die Soldaten unterstützen den Oberbergischen Kreis bei der Kontaktverfolgung bei Corona-Fällen.

Gummersbach – Die Bundeswehr ist da. Am Dienstagmorgen um 8.30 Uhr mussten elf Soldaten und eine Soldatin auf dem Hof am Kreishaus in Gummersbach antreten. Doch damit endeten die militärischen Formalitäten auch schon: Die Gruppe von Offizieren, Unteroffizieren und Mannschaftsdienstgraden unter der Leitung eines Hauptmanns wurde erst einmal geschult.

„Mit einem Einsatz der Bundeswehr im Inneren hat das nichts zu tun“, erklärt Oberstleutnant Stefan Heydt, Pressesprecher beim Landeskommando Nordrhein-Westfalen, das den Einsatz steuert. Katastrophenschutz sei das Stichwort: Gemäß Artikel 35 Grundgesetz könne eine Behörde wie das Gesundheitsamt des Oberbergischen Kreises „bei einer Naturkatastrophe oder bei einem besonders schweren Unglücksfall“ die Hilfe der Streitkräfte anfordern. „Genau so einen Hilfeleistungsantrag“, sagt Heydt, „hat der Kreis gestellt – und das Kommando Territoriale Aufgaben hat zehn Soldaten für den Einsatz bewilligt.“ Zwölf seien nur am Dienstag erschienen – „damit sie alle wissen, was zu tun ist und sich vertreten können, wenn jemand ausfällt“.

„Neue Lage“

Eine „neue Lage“ – wie es im Bundeswehr-Jargon heißt – gibt es auch, was die Zusammensetzung der Truppe angeht, die in den kommenden Wochen – zunächst bis zum 9. Oktober – in Gummersbach Dienst schiebt.

Ein Grund für die „neue Lage“: Die Zahl der Hilfeleistungsanträge ist erheblich gestiegen, nicht nur Oberberg fragt nach Soldaten. „Ende August hatten wir schon 800 Anträge bundesweit, jetzt sind es schon 76 mehr. Angesichts der steigenden Zahlen in vielen Städten rechnen wir auch schon mit den nächsten Anträgen.“

Gute Nachricht von der Inzidenz

Zehn neue laborbestätigte Corona-Fälle hat die Kreisverwaltung am Dienstag bekanntgegeben. Zeitgleich galten sechs Infizierte als genesen, sodass es aktuell 106 Betroffene in Oberberg gibt. Nachdem die Sieben-Tage-Inzidenz bis Montag auf einen Wert von 33 angestiegen war, sinkt sie nun wieder – stand gestern betrug sie nur noch 26,8. Steigend ist jedoch die Zahl der Kontaktpersonen ersten Grades: 171 kamen hinzu, jetzt befinden sich 1128 in angeordneter Quarantäne. 48 weitere Menschen, die indirekten Kontakt zu einem Infizierten hatten, sind vorsorglich in häuslicher Isolation (-7).

Unterdessen gelten nach Informationen dieser Zeitung nach wie vor Reiserückkehrer als ein Grund für den aktuellen Ausbruch im Oberbergischen Kreis – und das obwohl die Ferienzeit schon länger vorbei ist. Die Leiterin des Gesundheitsamtes Kaija Elvermann hatte bereits am Freitag erklärt, dass es sich um einzelne Fälle handele, die den Behörden zunächst nicht bekannt geworden seien. Erst nachdem sich das Coronavirus im familiären Umfeld und darüber hinaus verbreitet habe, sei der Ausbruch offen sichtbar geworden – und habe auch Schulen und Kindertagesstätten erreicht. (kmm/ag)

War am Freitag in der Pressekonferenz von Landrat Jochen Hagt noch von 15 Soldaten aus Münster die Rede, die schon Erfahrung im Umgang mit der Kontaktverfolgung haben, sind es jetzt zehn aus dem Streitkräfteamt in Bonn ohne Vorerfahrung.

Deshalb wurde die Zwölfer-Gruppe, deren Mitglieder sonst laut Heydt beim Streitkräfteamt zum Beispiel in den Bereichen Logistik oder Personal eingesetzt sind, am Dienstagmorgen erst einmal geschult, was sie eigentlich machen sollen.

Keine Außeneinsätze

Und das, was sie machen sollen, sind keine Außeneinsätze. Kreissprecherin Jessica Schöler sagt: „Niemand muss die Sorge haben, dass in den nächsten Tagen die Bundeswehr vor seiner Türe steht.“ Bilder wie die aus Gütersloh, wo die Soldaten vor Ort rund um den Ausbruch im Tönnies-Werk an den Wohnungen kontrollierten, wird es im Oberbergischen Kreis also nicht geben. Vielmehr, so Schöler, werden die Soldaten im Kreishaus am Telefon sitzen und die Mitarbeiter bei der Nachverfolgung der Kontakte unterstützen.

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Es sind übrigens nicht die ersten Soldaten, die sich im Oberbergischen mit der Corona-Krise beschäftigen. Die Bundeswehr war auch vor dem Einsatz im Krisenstab vertreten. Ansprechpartner vor Ort für die Truppe ist Oberstleutnant der Reserve Marco Tessitori aus Engelskirchen. „Seit 2007 gibt es diese Kreisverbindungskommandos, die die Heimatschutzkomponente der Bundeswehr stärken sollen“, erklärt Tessitori, im Zivilberuf Lehrer am Berufskolleg in Dieringhausen.

„Je nach Lage“ – so Tessitori – nehme er an den Sitzungen des Krisenstabes teil, in Uniform selbstverständlich. So auch am Dienstag, wo er die Gelegenheit nutzte, um die Kameraden im Kreishaus zu begrüßen. Dass deren Unterstützung eher logistischer Art ist, weiß auch Tessitori: „Umso wichtiger ist sie gerade jetzt, wo wir in Oberberg so viele Fälle im Zuge der Kontaktnachverfolgung erreichen müssen, damit sie sich zurückziehen und nicht andere anstecken.“

Dass die Lage hier vor Ort gerade unübersichtlich sei, findet der Oberstleutnant der Reserve allerdings nicht. Im Gegenteil, für ihn ist ziemlich klar: „Die Menschen halten sich gerade einfach nicht mehr so genau an die Corona-Regeln.“ Deshalb gebe es jetzt mehr Fälle. Und deshalb müsse die Bundeswehr eben helfen, damit man das im Griff behalte.

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