Abo

Konzerte im OberbergischenSyrischer Pianist spielte in den Trümmern zerbombter Häuser

Lesezeit 3 Minuten
Pianist Aeham Ahmad.

Pianist Aeham Ahmad.

Dieringhausen – Es ist eine Geschichte voller Kontraste, von erhebenden Klängen und bestialischer Gewalt, die Aeham Ahmad in seinem Buch „Und die Vögel werden singen“ erzählt. Manches Mal musste Achim Schulz aus Dieringhausen schlucken, als er die Autobiografie des syrisch-palästinensischen Musikers las, der schon vor seiner Flucht nach Deutschland international berühmt geworden ist. Ahmads Schilderungen aus seiner vom Krieg erschütterten Heimat Syrien waren für Schulz besonders aufreibend. Denn der Gummersbacher kennt Ahmad und seine Familie persönlich.

Schulz holte Ahmad in den Folgejahren mehrere Male für Konzerte ins Oberbergische

Als 2015 der Flüchtlingsstrom nach Europa einsetzte und auch viele Syrer in Deutschland Schutz suchten, meldete sich Schulz (68) als Helfer bei der Wiehler Flüchtlingshilfe. Er begleitete Menschen bei Behördenbesuchen und alltäglichen Dingen. Bis heute betreut er eine syrische Familie, die in Bielstein Obhut gefunden hat. „Zu dieser Zeit habe ich eine Anzeige gesehen, dass Aeham Ahmad ein Konzert nahe Düsseldorf gibt“ Im Jahr 2016 machte Ahmad in Deutschland schon Schlagzeilen als Pianist, der mitten in den Trümmern seiner Heimat der Gewalt Musik entgegensetzte – bis Terroristen des sogenannten Islamischen Staats sein Instrument in Brand setzten. Davon berichtete er unter anderem bei ZDF-Talker Markus Lanz.

Schulz machte sich mit Freunden auf zum Düsseldorfer Konzert und lernte den Pianisten persönlich kennen. Sie verstanden sich auf Anhieb, bald schmiedeten sie gemeinsame Pläne. Schulz holte Ahmad in den Folgejahren mehrere Male für Konzerte ins Oberbergische. Im Jahr 2017 spielte er in der Oberbantenberger Kirche, in den beiden Folgejahren in der evangelischen Kirche in Wiehl.

Er wurde als der Mann bekannt, der sein Klavier zwischen Trümmern aufstellte und spielte

Da kannte Schulz Ahmad nicht nur längst persönlich, sondern hatte vielleicht noch intimere Einblicke in sein Leben durch sein 2017 veröffentlichtes Buch. „Seine Erinnerungen hat er auf Englisch aufgenommen, zwei Autoren haben sie in deutscher Sprache niedergeschrieben“, erklärt Schulz. So erzählt Ahmad von unbeschwerten Jahren in Syrien, wie ihn der Vater zum Klavierspielen ermunterte – und er stellt dieser unbeschwerten Zeit die Katastrophe gegenüber, die der Bürgerkrieg ab 2011 über das Land brachte. Ahmad wurde als der Mann bekannt, der sein Klavier auf die Straße stellte, inmitten zerbombter Häuser und Ruinen, und für die Menschen spielte. Der Buchtitel „Und die Vögel werden singen“ greift eine bestimmte Episode auf, erklärt Schulz: „Obwohl die Vögel wegen der Bombenangriffe verschwunden waren, beginnen trotzdem einige zu zwitschern, als Aeham ein Lied spielt.“ Am Ende des Buchs beschreibt Ahmad, wie er Deutschland erreicht und in einem Wohnheim im sauerländischen Olpe ankommt. Heute lebt er mit seiner Frau und drei Kindern in der Nähe von Kassel.

„Sogar eine amerikanische Filmgesellschaft hat schon ihr Interesse bekundet, Ahmads Geschichte zu verfilmen.“

Das 360 Seiten starke Buch hat der Viel-Leser Achim Schulz mittlerweile mehrere Male durch. Auch, weil er immer mal wieder Passagen für kleine Lesungen während Ahmads Konzerte ausgewählt hat. Seit Januar hat Ruheständler Schulz nämlich quasi als Nebenjob sein Management übernommen, kümmert sich um Verträge und Rechnungen.

Er freut sich mit Ahmad, dass sein Buch ein internationaler Erfolg geworden ist. Übersetzungen liegen mittlerweile in vielen Sprachen vor. Schulz: „Sogar eine amerikanische Filmgesellschaft hat schon ihr Interesse bekundet, Ahmads Geschichte zu verfilmen.“

Rundschau abonnieren