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Praxis in Strombach schließtHelmut Bornhofen hängt den Arztkittel an den Nagel

Lesezeit 5 Minuten
Landarzt mit Leib und Seele: Helmut Bornhofen erfüllte sich vor 22 Jahren mit seiner Praxis in Strombach einen Traum.

Landarzt mit Leib und Seele: Helmut Bornhofen erfüllte sich vor 22 Jahren mit seiner Praxis in Strombach einen Traum.

  • Vor 22 Jahren hatte Bornhofen seine Landarztpraxis in Gummersbach-Strombach eröffnet
  • Nun geht es erst einmal für ein halbes Jahr nach Kanada
  • Helmut Bornhofen hat sich mit seiner Landarztpraxis einen Traum verwirklicht.
  • Doch einen Nachfolger hat er keinen gefunden...

Strombach – In der Praxis von Helmut Bornhofen gehen Ende März die Lichter aus. Bis vor Kurzem hatte der 68-Jährige noch Hoffnung, einen Nachfolger zu finden. „Ich habe sogar einen kleinen Film über meine Praxis gedreht“, erzählt der Gummersbacher, um Interessenten zu finden. Bei der Praxisbörse in Köln, die von der Kassenärztlichen Vereinigung veranstaltet wird, habe er sich aber gefühlt wie auf einem Klassentreffen: „Da waren fast nur Leute in meinem Alter.“

Vor 22 Jahren hatte Bornhofen seine Landarztpraxis in Gummersbach-Strombach in einem 300 Jahre alten Fachwerkhaus eröffnet. Auf seinen Ruhestand Ende März freut er sich dennoch: „Nach 35 Jahren als Arzt ist das ein guter Zeitpunkt für mich“, sagt er und hat auch schon Pläne. „Ich werde für ein halbes Jahr nach Kanada reisen, Freunde besuchen und durch das Land fahren.“ Für seine Praxis hätte er vorher trotzdem gerne einen Nachfolger gefunden. Leider hat das nicht geklappt.

Hausbesuche mit dem Fahrrad

„Die Einzelpraxis scheint aus der Zeit gefallen zu sein“, erklärt Bornhofen das Problem. Viele junge Ärzte würden lieber in der Stadt in Gemeinschaftspraxen arbeiten, vor allem wohl aus wirtschaftlichen Gründen. In Gemeinschaftspraxen könne man sich beispielsweise die Untersuchungsgeräte teilen und habe eine Vertretung, wenn man mal krank oder im Urlaub sei.

Ärztemangel

20 unbesetzte Hausarztsitze gibt es nach Angaben der Kassenärztlichen Vereinigung Oberberg aktuell im Kreis. Vor allem im Südkreis werden Allgemeinmediziner gesucht. In Reichshof hat sich die Verwaltung eingeschaltet und wirbt seit 2017 für den Raum Hunsheim um einen Arzt, der in einem noch zu bauenden Versorgungszentrum eine Praxis eröffnet.

Ein paar Kilometer weiter wird in sozialen Medien die Nachfolge einer internistischen Hausarztpraxis in Denklingen für Mitte des Jahres angeboten. Bei Übernahme wird eine Förderung durch das Land und die Gemeinde Reichshof von bis zu 100 000 Euro in Aussicht gestellt. Schließt die Praxis, müssen sich 2000 Patienten einen neuen Hausarzt suchen. (kn)

Dass Helmut Bornhofen selbst überhaupt Landarzt wird, war keineswegs selbstverständlich. Nach seinem Facharzt in der Chirurgie und Allgemeinmedizin arbeitete er bis 1990 als Chirurg im Krankenhaus in Waldbröl. Anschließend zog es ihn für weitere sieben Jahre ins Krankenhaus nach Wissen an der Sieg.

„Mit Mitte 40 stand ich plötzlich da und habe mir gedacht: Das kann noch nicht alles sein. Ich brauche noch mal was neues“, erzählt der Arzt und ergänzt: „Ich hatte schon während meiner Ausbildung das alte Fachwerkhaus in Strombach gekauft, also entschied ich mich Landarzt zu werden.“ Eine schon bestehende Praxis zu kaufen, sei für ihn nicht in Frage gekommen, schließlich bot sein Haus genug Platz. „Außerdem hatte ich so die Möglichkeit, alles genauso einzurichten wie ich es wollte“, erzählt er. Für Blickfänge an der Wand sorgen unter anderem Fotografien, die Bornhofen selbst geknipst hat.

Pro Quartal betreute er bis zu 500 Patienten – im Alter von sechs bis 96 Jahren. „Mir war es immer wichtig, dass ich Zeit für meine Patienten habe, deswegen habe ich auch nicht zu viele angenommen.“ Für ältere Patienten, die nicht mehr selbst in die Praxis kommen können, macht der Landarzt auch Hausbesuche. „90 Prozent meiner Hausbesuche mache ich tatsächlich mit meinem Fahrrad“, erzählt er. Bis nach Hülsenbusch und Windhagen sei er dann unterwegs. „Es sei denn, es handelt sich um einen Notfall – oder es regnet. Dann nehme ich natürlich das Auto.“

Abschied fällt schwer

Der Abschied von Patienten und Kollegen fällt Bornhofen dennoch schwer. „Ich war hier zwar alleine in meiner Praxis, aber ich hatte immer ein gutes Verhältnis zu den Kollegen in Gummersbach und konnte mich jederzeit mit ihnen beraten.“ Dank dieses guten Zusammenhaltes konnten auch alle Patienten in den umliegenden Praxen aufgenommen werden – „obwohl die anderen schon am Limit arbeiten, da bin ich sehr dankbar“, sagt Bornhofen. In Gummersbach sieht er trotz seines Abschieds aber noch keinen kritischen Ärztemangel wie anderswo im Oberbergischen: „Dieses Jahr soll in Hülsenbusch ja sogar das neue Ärztezentrum öffnen.“

Helmut Bornhofen hat sich mit seiner Landarztpraxis einen Traum verwirklicht. Die Zeit im Krankenhaus habe ihm die nötige Sicherheit gegeben. Diese Erfahrung solle jeder Landarzt vorher gesammelt haben. Am Ende steht für ihn fest: „Ich würde es jederzeit genauso machen.“

Junge Leute warten auf Studienplatz

Für 18 der 140 Medizin-Studienplätze ohne Spitzen-Abiturnoten, die NRW-Sozialminister Karl-Josef Laumann fürs kommende Wintersemester angekündigt hat, gibt es in Oberberg Interessenten. Wer angenommen wird, verpflichtet sich, nach dem Studium mindestens zehn Jahre lang als Landarzt in einer unterversorgten Region zu praktizieren. Mit der sogenannten Landarztquote will die Landesregierung die Versorgung in ländlichen Gebieten verbessern. Für 18 junge Oberberger könnte das die Chance auf den ersehnten Medizin-Studienplatz sein. Sie hatten sich bereits im vergangenen Sommer auf einen Aufruf der Kreisverwaltung hin gemeldet.

Im Vorfeld der Laumann-Initiative hatte der Kreis ausloten wollen, ob in der Region überhaupt Interesse an einem solchen Angebot besteht. Es besteht: Nach Auskunft der Kreisverwaltung machen neun der 18 Interessenten gerade eine medizinische Ausbildung oder hatten diese bereits abgeschlossen. Sie alle einte die bisherige lange und vergebliche Wartezeit auf einen Medizinstudienplatz, weil ihre Abi-Durchschnittsnote nicht hoch genug war.

Sechs der 18 waren Kinder von niedergelassenen Ärzten in Oberberg, die aus eigener Anschauung wissen, was es heißt, Landarzt mit eigener Praxis zu sein. Sie gaben an, den Beruf als erfüllend und befriedigend zu erleben, teilte die Pressestelle der Kreisverwaltung mit: „Landarzt ist ihr Traumberuf.“ Alle 18 Interessenten wurden vom Kreis jetzt angeschrieben und auf das Ende März beginnende Aufnahmeverfahren hingewiesen. (kn)

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