Kontakte, AusgangssperreDrastische Maßnahmen für Oberberg nach Inzidenz-Anstieg

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Eine Visualisierung des Coronavirus

Oberberg – Schon am Sonntagnachmittag hat Landrat Jochen Hagt in einer Video-Pressekonferenz die neuen Maßnahmen für den Oberbergischen Kreis nach Überschreiten des Hotspot-Grenzwertes von 200 bei der Sieben-Tage-Inzidenz verkündet. Hagt selbst nennt sie „drastisch“:

  • Das Verbot von Präsenzgottesdiensten und von sonstigen Versammlungen zur Religionsausübung, das seit kurz vor Weihnachten bisher nur für einige besonders betroffene Kommunen galt, ist auf den ganzen Kreis ausgedehnt worden.

Als Grund nennt der Landrat, dass es – zum Beispiel in Radevormwald – lediglich zu einer Verlagerung der Gottesdienstbesuche in nicht betroffene Nachbarkommunen gekommen sei – zum Beispiel nach Hückeswagen.

(Update am 11. Januar 2021: Hier finden Sie einen Überblick über die aktuellen Maßnahmen in Oberberg. Alle Entwicklungen sammeln wir auchin unserem Newsblog zur Corona-Lage im Oberbergischen).

Höchster Inzidenzwert in NRW

  • Die Kontaktbeschränkung, dass Mitglieder eines Haushaltes nur noch eine Person aus einem anderen Haushalt treffen dürfen, gilt ab Montag in Oberberg auch für private Kontakte, wie es die Coronaschutzverordnung für NRW bisher nur für den öffentlichen Raum vorsieht. Zudem wird es eine Ausgangssperre geben, die von 22 bis 5 Uhr gilt. Die neuen Regeln gelten zunächst bis zum 25. Januar. Dabei weiß der Landrat, wie wichtig Kontrollen sind: „Wir werden darüber mit den Ordnungsbehörden und der Polizei sprechen.“
  • Zudem will er mit Krankenhäusern über Besuchsregeln sowie mit Industrie- und Handelskammer und Kreishandwerkerschaft über die Lage in den Betrieben sprechen.
  • Verlängert wird die Pflicht zum Tragen von FFP2-Masken in Pflegeheimen.

„Wir konnten einfach nicht länger warten“, erklärte Hagt. Denn nachdem der Kreis am Freitag die 200er-Grenze überschritten hatte, verschärfte sich die Lage am Wochenende. Nach 100 weiteren laborbestätigten Fällen lag der Wert am Samstag schon bei 242,6.

Mehr Tests in Oberberg

Zum Sonntag meldete der Kreis an das Landeszentrum Gesundheit (LZG) 136 weitere Fälle – die Inzidenz stieg auf 292,2. Allein seit Mittwoch gibt es 626 neue laborbestätigte Fälle. Der Kreis erklärt das mit besonders vielen Tests. Vor allem würden in Oberberg nach wie vor auch Familienangehörige von Corona-Fällen getestet und deren Kontakte nachverfolgt. „Das ist längst nicht überall so“, sagte die Leiterin des Kreisgesundheitsamtes, Kaija Elvermann. Deshalb sei aber auch die Dunkelziffer in Oberberg geringer als anderswo.

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Die Inzidenz vom Sonntag ist ein deutlicher Höchstwert für NRW. Der Kreis Höxter hat jetzt den zweithöchsten Wert (258,1). Der Landkreis in Ostwestfalen hatte bereits am Freitag angekündigt, die strengeren Kontaktbeschränkungen auf private Haushalte auszuweiten.

Debatte über Beginn der Maßnahmen

In Oberberg blieben die Verantwortlichen hingegen zunächst bei der Linie, bis Montag zu warten. Das, so der Kreis noch einmal am Sonntag, sei eine Empfehlung des Ministeriums gewesen. Es galt auch für die Frage nach Beschränkung der Bewegungsfreiheit auf einen Radius um die Grenzen des Wohnortes – die sogenannte 15-Kilometer-Regel.

Etwas anders klang das am Samstag bei Ministerpräsident Armin Laschet. Gegenüber RTL sagte er: „Die Kreise, die über der 200er Inzidenz sind, sollen die 15-Kilometer-Regel einhalten.“ Jeder Kreis, so Laschet, müsse wissen: „Wo ist denn unser Problem? Und was können wir jetzt im Oberbergischen Kreis beispielsweise tun?“

Montag Beratung zur 15-Kilometer-Regel

Kreisdirektor Klaus Grootens hingegen erklärte am Samstag gegenüber RTL und auf Nachfrage gegenüber dieser Zeitung, dass es hilfreich wäre, wenn es genaue Richtlinien gebe. Bestimmte Maßnahmen seien aber schwer zu treffen, „weil sie in den grundrechtsrelevanten Bereich hineinragen“.

UPDATE: Die 15-Kilometer-Regel ist am späten Montagabend beschlossen worden.

In unserem Newsblog (hier klicken) finden Sie die aktuellen Entwicklungen.

Zumindest, was die 15-Kilometer-Regel betrifft, könnte sich die Hoffnung erfüllen. Landrat Hagt erklärte, das Land habe für Montag klarere Richtlinien angekündigt – inklusive eines möglichen Besuchsverbotes für Gäste von außen. Für die Oberberger könnte das heute die nächsten Einschränkungen bedeuten – dann nicht vom Kreis, sondern aus Düsseldorf.

Die Maßnahmen gelten zunächst bis zum 25. Januar.

SPD-Fraktion fordert Aufklärung zu Fallzahlen und zur Impfstrategie

Die steigende Inzidenz im Oberbergischen sorgt auch bei der SPD-Kreistagsfraktion für Sorgen. In einem Schreiben hat sich die Fraktion nun direkt an Landrat Jochen Hagt gewendet mit der Bitte um Aufklärung, insbesondere in Bezug auf die unterschiedlich hohen Fallzahlen in den Städten und Gemeinden des Kreises. Vor allem in Bergneustadt, Nümbrecht und Waldbröl sind die Zahl der an Corona Erkrankten besonders hoch. „Sieht der Kreis zielgerichtete Möglichkeiten, die Zahl der Erkrankungen in den besonders betroffenen Kreisgebieten zu vermindern?“, fragt die Fraktion.

Mit Verwunderung betrachte man zudem die auf das Impfzentrum Gummersbach ausgerichtete Impfstrategie. Für ältere, nicht mobile Menschen, werde das zur Herausforderung, so die Fraktion. Sie fordert unter anderem den Einsatz mobiler Impfeinheiten. „Der Hinweis, man könne bei diesem Bevölkerungsteil ja warten, bis weniger sensible Impfstoffe vorliegen, die auch eine örtliche Hausärztin oder ein örtlicher Hausarzt verabreichen kann, spricht der Tatsache Hohn, dass hier von einer Hochrisikogruppe gesprochen wird, die zuvorderst versorgt gehört“, heißt es in dem Schreiben. (lth) 

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