KrankenhausversorgungOberberger Kliniken reagieren gelassen auf Bertelsmann-Studie

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Chirurg im OP. Je größer die Klinik, desto besser die Versorgung der Patienten? Das unterstellt die Bertelsmann-Studie, deren Ergebnisse als realitätsfern kritisiert werden.

Chirurg im OP. Je größer die Klinik, desto besser die Versorgung der Patienten? Das unterstellt die Bertelsmann-Studie, deren Ergebnisse als realitätsfern kritisiert werden.

Oberberg – Obwohl die am Montag veröffentlichte Bertelsmann-Studie zu einer künftigen Krankenhaus-Versorgung bundesweit gerade ein Riesenthema ist, gehen die Betroffenen damit sehr entspannt um. Mit „großer Gelassenheit“ beschreibt Magnus Kriesten, Geschäftsführer des Klinikums Oberberg, seine Stimmung nach dem Lesen der 105-seitigen Expertise. Und das, obwohl das Kreiskrankenhaus Gummersbach in einigen der Bertelsmann-Szenarien gar nicht mehr auftaucht.

Die Klinik in der Kreisstadt wäre darin mit Waldbröl fusioniert und geschlossen. Da aber auch die Entfernung, die Patienten bis zum nächsten Krankenhaus zurücklegen müssen, in der Studie eine Rolle spielt sind die Gummersbacher dann doch ebenso wieder im Spiel wie das St. Josef-Krankenhaus in Engelskirchen. Trist sieht es für den Nordkreis aus: Das Sana-Krankenhaus Radevormwald spielt in den Überlegungen ebenso wenig eine Rolle wie die Helios-Klinik in Wipperfürth.

„Alles nur Gedankenspiele von Wissenschaftlern“

„Das sind alles nur Gedankenspiele von Wissenschaftlern“, sagt Kriesten. Und wie die zu ihren Schlussfolgerungen kommen, erscheine mitunter zweifelhaft. Um Gummersbach mit Waldbröl zusammenlegen zu können, wie es die Bertelsmann-Studie beschreibt, „müssten wir die Neurologie nach Waldbröl verlagern“. Das sei nicht nur unsinnig, sondern widerspreche auch dem Planfeststellungsbeschluss für Gummersbach, wonach die Neurologie eindeutig dem Klinikum auf der Berstig zugeordnet sei.

Beispiel zwei: Innerhalb des Klinikums Oberberg hat Gummersbach sich mit seiner Stroke Unit auf die Behandlung von Schlaganfällen spezialisiert, Waldbröl auf die Herzinfarkte. 807 Schlaganfälle wurden 2017 in Gummersbach behandelt, 608 Herzinfarkte in Waldbröl. „Und die Bewertungen in der Weißen Liste über die Qualität der Behandlungen sind überdurchschnittlich“, sagt Pressesprecherin Dr. Anja Dohrmann.

Dass in der Studie Gummersbach wegen wenig Herzpatienten und Waldbröl wegen wenigen mit Schlaganfall unter die Mindestgrenzen abrutschen, die allgemein für eine qualitativ hochwertige Behandlung angesetzt werden, ist eine Ungenauigkeit in der Studie. Kriesten kann sie erklären: „Da wurden Patienten, die nach einem Schlaganfall aus Gummersbach zur Weiterbehandlung nach Waldbröl verlegt und dort entlassen wurden, dem Waldbröler Haus zugerechnet.“ Bei Herzpatienten lief es umgekehrt. Dem Klinikum Oberberg als Konzern ist das egal. Beide Häuser gehören zusammen, eine getrennte Beurteilung der einzelnen Kliniken verzerrt es das Bild.

Die Qualität der Versorgung und die Erreichbarkeit der Kliniken sind die beiden Hauptkriterien, die die Bertelsmann-Studie für eine zukunftsfähige Krankenhausversorgung heranzieht. Die Entscheidung, welchem Kriterium der Vorrang gebührt, überlassen die Wissenschaftler der Politik.

Zahlen

Die Klinik Gummersbach ist mit mehr als 500 Betten und 19 Fachabteilungen das größte Krankenhaus in Oberberg. Jährlich werden 22.000 Patienten stationär aufgenommen und 44.000 ambulant versorgt.

Im ebenfalls zum Klinikum Oberberg gehörenden Kreiskrankenhaus Waldbröl gibt es 320 Betten; in den zehn Fachabteilungen werden 10.000 Patienten stationär behandelt; die Zahl der ambulanten Patienten beläuft sich auf 25.000.

Das zur gemeinnützigen Gesellschaft Gemeinschaft der Franziskanerinnen zu Olpe (GFO) gehörende St.-Josef-Krankenhaus Engelskirchen hat 265 Betten, sechs Fachabteilungen und behandelt jährlich knapp 8.900 Patienten stationär und 23.300 ambulant. (kn)

In beiden Bereichen sieht Kriesten das Klinikum Oberberg gut aufgestellt. Den als notwendig erachteten Konzentrationsprozess habe man mit der Zusammenlegung von Fachabteilungen in Gummersbach und Waldbröl bereits vollzogen. Sollte es zu Klinikschließungen in der Region kommen, habe man an beiden Standorten auch noch Raum, um die Kapazitäten zu erweitern.

Eine Schließung des Hauses in Gummersbach liegt für dessen Geschäftsführer jenseits jeglichen Realitätssinns. Dazu sei allein schon die Lage in der oberbergischen Kreismitte viel zu wichtig für die Bevölkerung.

Statt zu viele Gedanken an die Bertelsmann-Studie zu verschwenden, richtet sich Kriestens Augenmerk auf das Jahresende, wenn NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) seinen Entwurf für den neuen Krankenhausbedarfsplan vorstellen will. Und der habe bereits mehrfach betont, den ländlichen Raum bei der Krankenhausversorgung nicht schlechter stellen zu wollen.

Christian Lüder, Geschäftsführer des St.-Josef-Krankenhauses in Engelskichen, findet, die Studie habe nur bedingt mit der Realität zu tun. Längst habe man sich mit den Kliniken der Region für Behandlungsschwerpunkte abgesprochen: „Wir machen, was wir richtig gut können und was für die Patienten notwendig ist.“ Zu glauben, Großkrankenhäuser fänden leichter Personal, wenn man kleine Kliniken schließe, sei ein Irrtum: „Man kann die Mitarbeiter ja nicht von einer Klinik in die andere verschieben.“ In einer Zeit, da es immer schwieriger ist, Nachfolger für niedergelassene Ärzte zu finden, weist Lüder auf die große Bedeutung auch seines Hauses bei der ambulanten Versorgung der Oberberger hin: „Wir werden immer mehr Anlaufstation für die Leute.“

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