Abo

Geschichte aus OberbergDas Leben des Adam von Schwarzenberg aus Gimborn

Lesezeit 6 Minuten
In der Gimborner Kirche kann man dem spitzbärtigen Grafen noch heute ins Gesicht blicken. Bestattet ist er aber in Berlin.

In der Gimborner Kirche kann man dem spitzbärtigen Grafen noch heute ins Gesicht blicken. Bestattet ist er aber in Berlin.

Gimborn – An seinem Lebensende war jeglicher Ruhm dahin. Adam von Schwarzenberg starb im Staatsgefängnis Spandau, von den Berlinern als Verräter verachtet. Auch deswegen ist der Gimborner Graf unvergessen, der noch heute als politisches Genie gilt. Die Wirren des Dreißigjährigen Krieges, der zwischen 1618 und 1648 auch auf bergischem Boden ausgefochten wurde, hatte er sich zunutze gemacht, um seine Stellung auszubauen.

Mit Kreuz und Köpfen

Das Wappen Adams von Schwarzenberg ist ebenfalls im Steinrelief in der Gimborner Kirche zu sehen. In der Mitte des Schildes ist das Kreuz des Johanniter-Ordens abgebildet, dessen Heermeister Adam war. Besonders interessant ist, was das Wappenschild außerdem zeigt. Dr. Alexander Rothkopf vom Bergischen Geschichtsverein: „Dort sind abgeschlagene Köpfe von Osmanen zu sehen. Ein Rabe sitzt auf dem Kopf und hackt ein Auge aus. Das ist ein bildlicher Verweis auf den großen Sieg von Adams Vater Adolf gegen die Osmanen in der Festung Raab.“ (ag)

Wer die Gimborner Schlosskirche betritt, kann Adam von Schwarzenberg noch heute ins Gesicht blicken. Auf der linken Wandseite, ungefähr in Höhe des Seitenaltars, kniet der Graf in einem Steinrelief vor der Muttergottes, die Hände ehrfürchtig zusammengelegt, eine Halskette mit dem Johanniterkreuz tragend. Von Schwarzenberg war vieles: Sohn eines berühmten Kriegsherren, einflussreicher Diplomat und Geheimer Rat sowie Heermeister des Johanniter-Ordens.

Im Burghaus von Gimborn kam Adam am 26. August 1583 zur Welt. Zwei Jahre zuvor hatten seine Eltern geheiratet, Margaretha von Wolff-Metternich und Adolf von Schwarzenberg. Der Vater verbrachte den größten Teil seines Lebens im Dienste des Herzogs Ernst von Bayern. Im Jahr 1598 errang er einen Sieg, der auch Adams Leben beeinflusste: Vater Adolf zog als Reiteroberst in den wieder ausgebrochenen Türkenkrieg. In dessen Verlauf eroberte er die gefallene Festung Raab von den osmanischen Eindringlingen zurück.

Eine Heldentat, für die Kaiser Rudolf II. ihn in den erblichen Grafenstand erhob. Damit war die Schwarzenberger Grafen-Dynastie begründet. Sohn Adam war erst 16 Jahre alt, als sein Vater 1599 bei einem Söldneraufstand in Ungarn sein Leben ließ. Der Gummersbacher Schwarzenberg-Forscher und Hobbyhistoriker Dr. Alexander Rothkopf vermutet, dass der Verlust des Vaters Adam von einer eigenen Kriegslaufbahn abgeschreckt hat. Fest steht, dass Adam von Schwarzenbergs Talent im Politischen lag.

Als im Jahr 1609 der letzte Herzog von Cleve, Johann Wilhelm, starb und der jülich-bergische und clevisch-märkische Erbfolgestreit entbrannte, spielte Adam seine Karten geschickt aus. Er stellte sich auf die Seite des Erbanwärters Brandenburg und wusste so eine Belehnung durchzusetzen: Brandenburg (wo das Haus Hohenzollern regierte) und Pfalz-Neuburg (eine Nebenlinie des Hauses Wittelsbach) vertrauten ihm Länder an, für die von Schwarzenberg sorgte – und für diese Dienste wurde er entlohnt. Adam erhielt von Brandenburg und von Pfalz-Neuburg die Belehnung mit der Herrschaft Ober- und Niedergimborn und den beiden Höfen Thal und Recklinghausen.

Damit verbunden war die Erhebung zu einer Unterherrlichkeit der Grafschaft Mark mit eigenem Gericht. Im August 1614 wurde Adam zudem mit den Bauernschaften Gummersbach, Strombach, Obergelpe, Rospe, Berrenburg, Calsbach sowie Ober- und Niedermüllenbach belehnt. Damit wurde Adam für seine Verdienste um die Regelung der jülischen Erbschaftsangelegenheiten im Sinne Brandenburgs reichlich belohnt.

Die Kirchspiele Gummersbach und Müllenbach verweigerten Adam zunächst ihre Huldigung. Erst unter dem Druck eines Kommissars und brandenburgischer Soldaten im April 1616 fand die Huldigung statt – jedoch machten die protestantischen Kirchspiele die Auflage, dass sie in der Ausübung ihrer Religion nicht vom katholischen Adam behindert werden durften.

Zwei Jahre zuvor war es Adam gelungen, das Vertrauen des Kurprinzen Georg Wilhelm von Brandenburg zu gewinnen. Obwohl von Schwarzenberg Katholik war, setzte der protestantische Kurfürst große Stücke auf ihn. „Der Prinz war eine schwächliche Figur“, sagt Dr. Rothkopf. Georg Wilhelm verließ sich auf den tatkräftigen Adam auch noch, als er 1619 zur Regierung gelangte. Der neue Kurfürst Georg Wilhelm ernannte Adam zum Direktor seines Geheimen Rates. Ab diesem Zeitpunkt bestimmte Adam die brandenburgische Politik entscheidend mit – und nutzte seine Stellung auch für eher persönliche Belange.

Adam baute seine territoriale Stellung erheblich aus: 1621 kamen die Bauernschaften Ründeroth, Lieberhausen, Wiedenest und die Stadt Neustadt hinzu, weitere Bauernschaften aus dem Amt Steinbach folgten. Seinen größten Erfolg hatte der Gimborner Graf, als ihm von seinem Freund, dem Kurfürsten, im Oktober 1630 die Umwandlung des Amtes Gimborn-Neustadt in eine reichsunmittelbare Herrschaft zugestanden wurde. Dem entsprach im Folgejahr auch Kaiser Ferdinand II., dem es sehr recht war, wenn der katholische Schwarzenberg innerhalb der brandenburgischen Politik auch den Interessen Österreichs entgegenkam.

Das weckte das Misstrauen der Menschen in Brandenburg. Dr. Rothkopf: „Sie unterstellten Adam während des Dreißigjährigen Krieges, dass er gegen ihre Interessen handelt.“ Etwa, als er sich 1630 nicht mit den in Pommern einfallenden Schweden verbündete, obwohl die auch Protestanten waren.

Während Adam sich in Brandenburg unentbehrlich machte, soll sein Land in Gimborn von seinen Beamten mit Härte und Willkür verwaltet worden sein. Es heißt, Adam habe seinen Untergebenen in erfinderischer Weise Steuern abgeknöpft, etwa für Bier.

Der Abstieg Adams begann nach dem Tod des Kurfürsten Georg Wilhelm im Dezember 1640. Der neue Kurfürst, Georg Wilhelms Sohn Friedrich Wilhelm, war auf den Gimborner gar nicht gut zu sprechen. Wohl auch, weil Adam auf ihn in den Jahren zuvor „den Daumen draufgehalten hatte“, wie Dr. Rothkopf sagt: „Er hatte ihm das Taschengeld beschnitten.“ Und: Adams Freund Kurfürst Georg Wilhelm hatte ihm den Titel des Heermeisters des Johanniter-Ordens zugesprochen – obwohl der eigentlich seinem Sohn Friedrich Wilhelm zugestanden hatte. Der neue Regent entmachtete Adam und drohte, ihn zur Rechenschaft zu ziehen. Im März 1641 starb Adam im Alter von 58 Jahren, vermutlich an einem Schlaganfall. Beerdigt wurde er in der Nikolaikirche in Spandau in einem bescheidenen Grab.

Noch viele Jahre nach Adams Tod kursierten Gerüchte, er sei ermordet worden. Es hieß, der junge Kurfürst habe ihn heimlich verurteilt und hinrichten lassen. Im Jahre 1777 ließ der Alte Fritz, König Friedrich II. von Preußen, Adams Leiche deswegen untersuchen. Ein Arzt befand alle Halswirbel für intakt. Damit war die Hinrichtungstheorie zwar widerlegt – doch die Gerüchte hielten sich.

Adam war ein politisches Naturtalent, ein cleverer Diplomat, der sich in unsicheren Zeiten am Hofe Brandenburgs unentbehrlich machte – und der wusste, Vorteile aus seinem Amt zu ziehen. Historiker sind sich einig, dass Adam großes politisches Wirken für die Territorialgeschichte des deutschen Nordwestens von ausschlaggebender Bedeutung war. Adams Nachfahren waren nicht minder erfolgreich, sagt Dr. Rothkopf: „Sein Sohn Johann Adolf ging an den Kaiserhof nach Wien und wurde dort sogar gefürstet.“

Das Steinrelief in der Gimborner Kirche erhielt 1877 eine Plakette mit der Inschrift: „In diesem Gotteshause ruhten einst vor dessen Umbaue Ahnen und Vorfahren des Fürsten zu Schwarzenberg.“ Rund 200 Jahre lang war Gimborn Sitz der von Schwarzenbergs. Im Januar 2000 kehrte mit Fürst Karl von Schwarzenberg ein Nachfahre Adams zurück. Er wurde später Außenminister der Tschechischen Republik. Für Karl von Schwarzenberg war der Besuch etwas Besonderes. Er versicherte: „Ich bin tief davon bewegt, heute in Gimborn zu sein.“

Rundschau abonnieren