MarienheideGroße Diskussion bei Gründung eines Klimabeirats

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Was wird aus dem oberbergischen Wald? Das war eines der Themen, die die Menschen bei der Gründung des Klimabeirates in Marienheide besonders umgetrieben hat.

Was wird aus dem oberbergischen Wald? Das war eines der Themen, die die Menschen bei der Gründung des Klimabeirates in Marienheide besonders umgetrieben hat.

Marienheide – Wie groß die Sorge um die Zukunft des Klimas auch in Marienheide ist, zeigt sich am Mittwochabend bei den rund 80 Bürgern, die zur Auftaktveranstaltung zur Gründung eines Klimabeirats in die Gesamtschule gekommen sind. „Es geht ums Überleben. Jeder Gewerbebetrieb, jedes Auto, auch jedes Elektroauto ist zu viel“, ruft einer. „Ich habe schlaflose Nächte, wenn ich an die Zukunft meiner Enkel denke“, beklagt eine Frau. Und ein Schüler drängt auf radikale Schritte zur Veränderung: „Für die kleinen Schritte haben wir keine Zeit mehr!“

Die sehr emotionale Podiumsdiskussion mit Experten aus unterschiedlichen Bereichen und die zahlreichen Fragen und Beiträge aus dem Publikum machen deutlich, wie sehr die Sorge um das Klima vielen Menschen auf den Nägeln brennt. Werden wirklich alle ausgewiesenen Gewerbeflächen gebraucht? Wie steht es um den Gesundheitsschutz bei zunehmender Trockenheit und Staubbelastung? „Da sterben uns die Leute weg“, mahnt ein Arzt.

Sorge um den oberbergischen Wald

Vielen liegt vor allem das Thema Wald angesichts zahlloser von Borkenkäfern zerfressener Bäume am Herzen. „Dass die Fichte für unsere Region nicht mehr der Brotbaum sein wird, ist klar“, sagt dann auch Monika Lichtinghagen-Wirths, Geschäftsführerin des Bergischen Abfallwirtschaftsverbands, auf dem Podium. Jetzt gelte es, mit resistenten Baumarten neue Mischwälder zu schaffen und Entscheidungen für die nächsten hundert Jahre zu treffen.

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Viele Bürger beschäftigt auch das Thema Elektromobilität. Nicht eine große Zahl von Ladestationen im öffentlichen Raum sei da gefordert, meinte Aggerenergie-Geschäftsführer Frank Röttger. Da sei die Verweildauer oft zu kurz. Die Zukunft sieht Röttger auf Firmengeländen oder im privaten Raum: „Setzen sie sich eine Fotovoltaikanlage aufs Dach, kaufen sie einen Energiespeicher, dann können sie über Nacht ihr Auto auftanken und den überflüssigen Strom an die Nachbarn abgeben!“ Röttger kündigt an, dass die Aggerenergie ab April „fairen, ökologischen, regionalen Heimatstrom“ zur Verfügung stelle.

Machen Elektrobusse Sinn? Es sei schon viel gewonnen, wenn es gelänge, moderne Dieselbusse so attraktiv zu machen, dass sie voll besetzt fahren, sagt ein Mann aus dem Publikum. Ein anderer kritisiert, dass Bus und Bahn von Marienheide nach Gummersbach „nahezu gleichzeitig losfahren und beide 23 Minuten brauchen“ – weil die Fahrpläne nicht koordiniert seien.

Mehr gemeinschaftliches Denken gefordert

Zum Thema Abfall fordert Lichtinghagen-Wirths, in Zukunft bereits bei der Entwicklung eines Produkts die Endverwertung – auch der Verpackung – mit einzubeziehen. Mehr gemeinschaftliches Denken statt ausuferndem Egoismus verlangt Michael Schmitz vom Naturschutzbund Marienheide. Und Dr. Bernd Freymann, Leiter der Biologischen Station, mahnt unter Beifall, verdauliche, kleine Schritte zu machen statt die große Keule einer Ökodiktatur auszupacken: „Sonst hängen wir den Anteil der Bevölkerung ab, der heute nicht hier ist.“

Schüler des Leistungskurses Geografie der Marienheider Gesamtschule hatten als Grundlage für die zweite Diskussionsrunde mit politisch Verantwortlichen auf dem Podium eine Präsentation mit ersten konkreten Vorschlägen für Marienheide vorbereitet: die Einrichtung eines Klimazertifikationskurses an der Schule oder die Erstellung einer kommunalen Klimabilanz.

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Das blieben aber beinahe die einzigen konkreten Vorschläge. Einzelne konstruktive Beiträge gingen unter in der immer wieder aufflammenden Diskussion über den Ratsbeschluss zur Ablehnung der Ausrufung des Klimanotstands im Juli 2018. Mehrfach mahnt Bürgermeister Stefan Meisenberg, über konkrete Möglichkeiten für Marienheide zu diskutieren und verweist auf den zu gründenden Klimabeirat, dem eigentlichen Grund des Treffens – entweder in Form eines Arbeitskreises oder als dauerhafte Bürgerversammlung.

Aus dem Publikum wurde gefordert, dass die Entscheidungen des künftigen Beirates verbindlich seien und der Gemeinderat verpflichtet werde, bei jeder Entscheidung die langfristigen Folgen fürs Klima zu berücksichtigen. „Der Beirat macht Vorschläge, die vom Rat als oberstem politischen Organ verbindlich beschlossen werden“, stellt der Bürgermeister klar.

Interessenten, die sich in Formulare eintragen konnten, sollen „so schnell wie möglich“, so Meisenberg, zu einem Workshop eingeladen werden. Interessenten sind da: Am Tag danach stehen 32 Namen auf der Liste.

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