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Seit 195 JahrenWallfahrer kamen anlässlich „Mariä Heimsuchung“ nach Marienheide

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In der Montfortkirche zünden die Pilger nach teils stundenlangem Fußmarsch eine Kerze an.

In der Montfortkirche zünden die Pilger nach teils stundenlangem Fußmarsch eine Kerze an.

Marienheide – Mit strammen Schritt kommen die Wallfahrer die Klosterstraße in Marienheide herauf. Wie jedes Jahr in der „Oktav“, den Tagen nach dem Fest „Mariä Heimsuchung“ – und das seit 195 Jahren. Diese Gruppe hat 26 Kilometer von Drolshagen zu Fuß zurückgelegt. Über Hützemert, Wegeringhausen, Bleche und Meinerzhagen. Sechseinhalb Stunden waren sie dann singend und betend unterwegs zum Gnadenbild in der Montfortkirche. Es ist der vorletzte Tag der Oktav, und sie sind die vorletzte Pilgergruppe.

Sie sind pünktlich – die Wochenenden sind liturgisch durchgetaktet. Rüdiger Clemens hat als Pilgervater alles organisiert, einschließlich „Bagagewagen“, der Rucksäcke, Wasser und Säfte transportiert. In Meinerzhagen war Mittagsrast, mit Selbstverpflegung. Alle sind froh über das Wetter. „Wir haben schon fast alles erlebt, sogar Hagel.“, sagt Ralf Bone, seit seinem achten Lebensjahr dabei. Heute ist er 50 Jahre alt.

Früher schliefen die Pilger im Stroh

Hiltrud Müller-Bieker ist mit dem Auto gekommen, wie rund 30 andere, die nicht mehr so gut zu Fuß sind. Keiner will es sich nehmen lassen, dabei zu sein. Und wer gerade fernab im Urlaub ist, lässt sich Handy-Videos schicken, etwa von Marion Bone, die mit Kathrin und Julia gekommen ist, um ihren Mann Ralf abzuholen.

„Früher haben die Pilger bei uns übernachtet.“ Wilfried und Maria Bieker hatten dafür auf dem Speicher ihres früheren Bauernhauses ein Strohlager bereitet, „für die Jungs“. Auch heute noch bleiben einige bei Freunden, denn am nächsten Morgen ist Pilgermesse, um 7 Uhr.

Alle Spannung löst sich in Jubel

Singend zieht die Gruppe mit der Wallfahrerfahne von 1984 in die Kirche ein, wo Andacht und Segen auf sie warten. Ralf Zeppenfeld trägt seit 18 Jahren die schwere Fahne durch Berg und Tal. „Einstellungssache“, sagt er dazu nur.

Die Marienstatue und die Monstranz strahlen. Und die Gruppe, die nur eine Bankreihe der großen Kirche füllt, lässt einen triumphalen Gesang erklingen. Alle Spannung, alle Sehnsucht löst sich mit Jubel aus voller Brust. Viele haben zerschlissene Lied- und Gebetsheftchen in den Händen, doch die braucht jetzt keiner.

Spenden gehen an ein Waisenhaus in Indien

Im Pfarrheim wird inzwischen eingedeckt, zum dritten Mal heute. Eva Höttgen und Monika Eck gehören zum großen Helferteam und wirken entspannt, trotz der Geschirrmenge und nach heftigem Back-Einsatz. Jede ist zwei Stunden im Dienst – das sei auszuhalten, sagt Eva Höttgen. Die Spülmaschine braucht nur drei Minuten, aber alles muss nachgetrocknet werden.

Die Pilger geben ihre Spenden für ein Waisenhaus in Indien, das von den Patres betreut wird. Der Einsatz lohne sich, sagt Monika Eck und schleppt lächelnd ein Tablett in den Nebenraum. Pater Jesu Manickam: „Ohne den großen Helferkreis könnten wir das hier nicht schaffen. Aber so läuft es gut – wie jedes Jahr.“ Er freut sich über die Drolshagener: „So singen sonst nur die Gimborner.“

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„Es geht um Dankbarkeit“

Fragt man nach den Motiven der Wallfahrer, antworten die meisten wie Carmen Clemens: „Es geht um Dankbarkeit. Und um Kraft fürs nächste Jahr!“ Schon ihr Opa hat die Wallfahrt geleitet, schon als Kind war sie dabei. „Ich habe sogar meinen Mann dabei kennengelernt. Wir alle sind seit Jahrzehnten verbunden.“

Melvin Ackerschott ist seit drei Jahren dabei, heute ist er mit 14 Jahren der Junior. Gerhard Reuber weiß nicht, wie oft er mitging – er ist mit 82 Jahren der Senior und „natürlich“ zu Fuß gekommen. Er war der Älteste von sieben Kindern, und als die Mutter wegen der Kinderschar nicht mehr wallfahren konnte, versprach ihr der Junge: „Ich gehe für dich.“

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