RückblickVor 125 Jahren fuhr die erste Bahn von Marienheide ins Ruhrgebiet

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Der Bahnhof im Wandel der Zeit: Nachdem am 2. Dezember 1892 die Strecke Marienheide-Meinerzhagen eröffnet wurde, fuhr der Dampfzug ab Juli 1893 auch nach Gummersbach.

Der Bahnhof im Wandel der Zeit: Nachdem am 2. Dezember 1892 die Strecke Marienheide-Meinerzhagen eröffnet wurde, fuhr der Dampfzug ab Juli 1893 auch nach Gummersbach.

Marienheide – Dispute, eine Schießerei und Tumulte waren vergessen, als das beschauliche Marienheide am 2. Dezember 1892 der großen Welt ein Stückchen näherkam. Heute vor 125 Jahren fuhr erstmals die Eisenbahn vom neu eröffneten Bahnhof auf gerade erst verlegten Gleisen bis nach Meinerzhagen. Von dort aus hatten die oberbergischen Reisenden mit der Volmetalbahn Anschluss nach Hagen/Westfalen – während die Gummersbacher noch auf ihren Bahnhof warten mussten.

Die Deutsche Bahn verpasst also um eine Woche den historischen Tag, wenn sie zum Fahrplanwechsel am Sonntag, 10. Dezember, die Verbindung von Meinerzhagen nach Hagen wieder in Betrieb nimmt. 125 Jahre und sieben Tage nachdem Oberberger erstmals mit der Eisenbahn ins Ruhrgebiet fahren konnten, ist der Pott ab kommender Woche endlich wieder ohne den Bahnumweg über Köln zu erreichen (s. Kasten).

Wiederbelebung

Marienheide war viele Jahre lang ein bedeutender Bahnhof. Anlässlich des 75-jährigen Streckenjubiläums im Dezember 1967 berichtete unsere Zeitung: „Täglich werden von 16 Bediensteten der Bundesbahn unter Bahnhofsvorsteher Karl Berkey 43 Personenzüge abgefertigt. Nach einer amtlichen Zählung im Frühjahr 1966 frequentierten täglich 1020 Reisende den Bahnhof.“

Doch im Mai 1986 wurde der Personenverkehr zwischen Brügge und Marienheide eingestellt. Ein Jahr später wurde das Gleis zwischen Marienheide und Gummersbach stillgelegt. Erst im April 2003 wurde dieses Teilstück reaktiviert, seit Februar 2014 fährt der Zug wieder bis Meinerzhagen.

In der nächsten Woche steht jetzt der Lückenschluss auf dem Programm: Am Samstag, 9. Dezember, wird mit einer Sonderfahrt von Meinerzhagen nach Brügge gefeiert. Dann geht es von Marienheide wieder mit dem Zug ins Ruhrgebiet. (ag)

Bestrebungen, das Oberbergische an das Eisenbahnnetz anzuschließen, gehen bis auf das Jahr 1856 zurück. Mehrere Pläne wurden geschmiedet und wieder verworfen. Bereits seit September 1874 konnten Menschen mit der von der Bergisch-Märkischen Eisenbahn-Gesellschaft betriebenen Volmetalbahn von Hagen bis ins nahe gelegene Dahl fahren. Nach der Verstaatlichung wurde die Volmetalbahn verlängert. Am 1. Juli 1892 wurde zunächst das Teilstück von Oberbrügge bis Meinerzhagen in Betrieb genommen – da wurde am Gleis nach Marienheide bereits kräftig geschuftet.

Dass der Bau zeitweise chaotisch verlief, belegen Berichte der Gummersbacher Zeitung. Die schrieb am 7. Juni 1891, dass es beim Bau des Tunnels zwischen Meinerzhagen und Börlinghausen zu einem Streit zwischen Unternehmer, Schachtmeister und drei Arbeitern wegen der Lohnzahlung kam: „Der führte dazu, dass einer der italienischen Arbeiter mit einem Dolche nach dem Unternehmer warf.

Daraufhin schoss der Schachtmeister mit einem Revolver auf die drei Italiener und verwundete alle.“ Zwei Wochen später war der Bahnbau erneut in den Schlagzeilen. Die Zeitung schrieb: „In einer zu Börlinghausen errichteten Kantine verübten etwa 30 Arbeiter schwere Tumulte. Sie zerschlugen alles, was nicht niet- und nagelfest war. Schließlich fielen sie selbst übereinander her und verbläuten sich tüchtig.“ Den Grund für die Tumulte nannte die Zeitung nicht.

Bis in den Winter schritten die Arbeiten voran. „Der starke Schneefall und die strenge Kälte der letzten Wochen waren der Weiterführung des Eisenbahnbaus zwischen Meinerzhagen und Marienheide recht hinderlich“, berichtete die Gummersbacher Zeitung am 25. Februar 1892. Immerhin war der Gleisunterbau fast fertig und mit dem Oberbau wurde begonnen. Am 8. November 1892 meldete die Zeitung: „Gestern kamen auf einem mit grünen Zweigen geschmückten Bauzuge die letzten Eisenbahnschwellen sowie die letzten Stangen der Telegraphenleitung an.“ Es stehe „außer allem Zweifel, dass die Linie wie geplant“ übergeben wird.

Ende November erreichte der Schienenstrang endlich Marienheide. Stolz weihte die Gemeinde ihren Bahnhof ein. Eine am 2. Dezember 1892 gelochte Fahrkarte mit der Nummer 0029 für eine Fahrt 2. Klasse von Marienheide nach Meinerzhagen und zurück belegt: Die kleine Reise gab es damals für 90 Pfennig.

Noch Ende des Jahres 1892 wurde das Eisenbahngleis weiter gen Westen vorangetrieben: Die Strecke zum neuen Bahnhof Gummersbach wurde am 1. Juli 1893 eingeweiht. Von dort führten die Gleise weiter bis nach Dieringhausen, wo sich die Lücke zur Bahnverbindung nach Köln schloss. Ab dem 15. Januar 1902 konnten Bahnreisende vom Bahnhof Marienheide auch nach Wipperfürth fahren.

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